Bayerns Finanz- und Heimatminister Markus Söder (CSU) im Burggarten der Kaiserburg in Nürnberg. (Foto: Wolfram Göll)
Regionen

Chancen für Stadt und Land

Vor drei Jahren wurde das Heimatministerium in Nürnberg gegründet: Erst verspottet und belächelt, entwickelt sich die bayerische Heimatstrategie zum Erfolgsmodell und sogar zum Exportschlager.

„Er fördert und sichert gleichwertige Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern, in Stadt und Land“, legt Artikel 3 Absatz 2 der Bayerischen Verfassung seit 2014 als zentrales politisches Ziel des Freistaats fest. Analog fordert Artikel 72 des Grundgesetzes die „Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet“ und begründet darauf eine der Handlungslegitimationen des Bundesgesetzgebers über die Köpfe der Länder hinweg.

Doch nur die CSU-geführte Staatsregierung in Bayern nimmt das Ziel der „gleichwertigen Lebensverhältnisse“ im ganzen Land so ernst, dass sie eine eigene Heimatstrategie entwickelt und ein eigenes Ministerium gegründet hat, das sich ausschließlich diesem Zweck widmet: Das Heimatministerium in Nürnberg, das dieser Tage seinen dritten Gründungsjahrestag feiert. Erst von der Opposition als „Heimatmuseum“ verspottet und als typisch bayerisch-rückständig belächelt, haben sich Strategie und Ministerium längst zum Erfolgsmodell entwickelt und mutieren gerade zum Exportschlager – erst einmal nach Österreich, danach vielleicht auch auf die Bundesebene.

Heimat und Finanzen eng verknüpft

Einer der Gründe für den Erfolg ist die Organisation des Ministeriums, ein anderer gewiss auch die Person des Ministers. Das Ministerium, das auch die Landesentwicklung verantwortet, ist sozusagen in Personal- und Realunion mit dem Finanzministerium vereint. Der praktische Nutzen dieser Konstruktion zeigt sich in vielen Bereichen: etwa beim Ausbau des schnellen Internets in ganz Bayern, bei der Behördenverlagerungen, der Gründung von dezentralen Universitäten und Fachhochschulen sowie dem Erhalt der Strukturen der Daseinsvorsorge auf dem Land.

Attraktive Arbeitsplätze sind ein entscheidender Faktor, damit insbesondere junge Menschen in ihrer Heimat wohnen und arbeiten können.

Markus Söder (CSU), Bayerns Finanz- und Heimatminister

Dadurch – und wegen der hervorragenden Finanzlage Bayerns – tut sich Minister Markus Söder (CSU) relativ leicht, Milliarden in den Ausbau des Breitband-Internets zu investieren, in den Umzug von Behörden, in Ämtergebäude-Neubauten und -Renovierungen sowie in die Förderung von Forschungseinrichtungen. Hunderte lokale Förderbescheide hat er in den vergangenen drei Jahren übergeben, und so dürfte die Anbindung ans schnelle Internet bald die letzten Weiler und Einödhöfe erreicht haben.

Mehr als 50 Behörden und staatliche Einrichtungen mit 3155 Beschäftigten werden aus Ballungszentren in ländliche Regionen Bayerns verlagert. Gleichzeitig versteht es Söder mit umfassender Pressearbeit, seine Aktivitäten intensiv in den lokalen und regionalen Medien zu platzieren und damit die Vordringlichkeit der Anliegen zu unterstreichen.

Gute Idee auch für den Bund

„Unser Heimatministerium steht für gleichwertige Lebensverhältnissen und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern. Attraktive Arbeitsplätze sind ein entscheidender Faktor, damit insbesondere junge Menschen in ihrer Heimat wohnen und arbeiten können. Bayerns erfolgreiche Heimatstrategie und Behördenverlagerungen sind zu einem Exportschlager geworden. Ein Heimatministerium nach bayerischen Vorbild wäre auch ein guter Ansatz für den Bund“, sagt Söder selbstbewusst.

Mit dem Masterplan „Heimat.Land.Lebenswert“ und der darin enthaltenen Dezentralisierungsforderung – angelehnt an die Heimatstrategie – möchten wir in den nächsten zehn Jahren zehn Prozent der Verwaltungsjobs in den ländlichen Raum verlegen.

Andrä Rupprechter (ÖVP), österreichischer Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

„Bayern kümmert sich vorbildlich um die ländlichen Regionen und setzt auf Dezentralität statt Megacitys. Es gibt in Deutschland genügend ländliche Regionen, die abgehängt werden“, betont der Minister. Mit einer bundesweiten Heimatstrategie könne auch in anderen Teilen Deutschlands eine Revitalisierung strukturschwacher Räume erreicht werden. „Dazu gehören digitale Infrastruktur, Finanzhilfen für notleidende Kommunen, Behördenverlagerungen und der Ausbau universitärer Strukturen im flachen Land“, sagt Söder.

Österreicher sind schneller als die Preußen

Das Nachbarland Österreich ist da allerdings etwas fixer als die Preußen: Es hat bereits Interesse an der Heimatstrategie geäußert. Bei einem Besuch in Söders Ministerium betonte unlängst der österreichische Agrarminister Andrä Rupprechter (ÖVP), dass die bayerische Regionalisierungsstrategie Vorbild sei für die österreichische Initiative namens „Heimat.Land.Lebenswert“. „Ähnlich wie in Bayern hat auch in Österreich der Ballungsraum rund um die Bundeshauptstadt – aufgrund der besseren Job- und Ausbildungschancen und flächendeckender Betreuungsangebote – eine sehr große Attraktivität für junge Menschen und Familien“, so Rupprechter.

Dem fatalen Trend „Karriere ist nur im Zentralraum möglich“ müsse die Regierung Einhalt gebieten. Der Minister weiter: „Aktuell verlieren Österreichs Bundesländer jährlich über 5000 gut ausgebildete Personen an den Großraum Wien. Mit dem Masterplan „Heimat.Land.Lebenswert“ und der darin enthaltenen Dezentralisierungsforderung – angelehnt an die Heimatstrategie – möchten wir in den nächsten zehn Jahren zehn Prozent der Verwaltungsjobs in den ländlichen Raum verlegen“.