Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat die Pkw-Maut durchgesetzt. (Foto: Imago/Metodi Popow)
Erfolg

Bundestag beschließt Pkw-Maut

Bald werden auch ausländische Pkw-Fahrer an der Finanzierung der deutschen Autobahnen beteiligt: Der Bundestag hat im zweiten Anlauf die Einführung der Pkw-Maut beschlossen. Ein großer Tag für Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und die CSU, die die Einführung der Maut gegen alle Zweifel versprochen hatte.

Die Einführung der Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen und Bundesstraßen rückt ein großes Stück näher. Der Bundestag hat in einem zweiten Anlauf das umstrittene Gesetz beschlossen. Die meisten SPD-Abgeordneten stimmten trotz Bedenken dem von der CSU seit Jahren vorangetriebenen Vorhaben zu. Die SPD wollte damit die Koalitionsdisziplin wahren.

Drei Viertel der Deutschen für Maut

Die Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen soll zwar zunächst von allen Fahrzeughaltern bezahlt werden. Autobesitzer aus Deutschland sollen allerdings in mindestens gleicher Höhe über die Kfz-Steuer entlastet werden. Unterm Strich sollen Ausländer dann jährlich etwa 500 Millionen Euro für die Nutzung der deutschen Infrastruktur zahlen. Eine Idee, die die Mehrheit der Deutschen befürwortet: Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts dimap für den BAYERNKURIER von Mitte 2015 halten drei Viertel der Deutschen die Einführung der Infrastrukturabgabe für richtig – darunter auch 72 Prozent der SPD-Wähler. Sogar Linke (54:40) und Grüne (50:48) befürworten mehrheitlich die Idee.

Die Pkw-Maut erfüllt den Koalitionsvertrag, deutsche Autofahrer werden nicht zusätzlich belastet, sie ist europarechtskonform, sie bringt erhebliche Mehreinnahmen und die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung steht eindeutig dahinter.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU)

Der neue Beschluss des Bundestags beinhaltet geringfügige Änderungen an der bereits seit 2015 bestehenden Maut-Gesetze. Sie setzen einen von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) mit der EU-Kommission gefundenen Kompromiss um. Mit Nachbesserungen bei den Kurzzeittarifen für Fahrer aus dem Ausland und einer größeren Entlastung für Inländer bei der Kfz-Steuer will Brüssel grünes Licht für die Maut geben. Diese Zusage erreichte Dobrindt nach längeren Verhandlungen mit der Kommission. Ein erster Anlauf zur Maut war noch am Widerstand der EU gescheitert.

Eine Hürde könnte noch der Bundesrat sein, obwohl das Gesetz dort nicht zustimmungspflichtig ist. Mehrere Länder haben angekündigt, den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anzurufen. Dies könnte das Projekt so verzögern, dass es in dieser Wahlperiode nicht mehr im Gesetzblatt stehen und damit nicht in Kraft treten kann. Beobachter der Berliner Szene hatten in den vergangenen Wochen teils scharfe Kritik und Häme von Seiten der Bundestags-SPD gegenüber der Pkw-Maut registriert, so dass bis zuletzt nicht völlig klar war, ob die SPD die Koalitionstreue einhält oder schon in den Wahlkampfmodus schaltet und unter Bruch des Koalitionsvertrages gegen die Maut stimmt.

Systemwechsel hin zur Benutzerfinanzierung

In einem Interview in der neuen Ausgabe des BAYERNKURIER-Magazins betont Dobrindt, dass Deutschland mit der Pkw-Maut genau den von der EU gewünschten Systemwechsel von der Steuer- hin zur Nutzerfinanzierung bei der Infrastruktur schaffe. „Inzwischen haben wir mit der EU-Kommission eine gute Lösung gefunden und ich will, dass diese Lösung jetzt im Bund schnellstmöglich umgesetzt wird. Die Pkw-Maut erfüllt den Koalitionsvertrag, deutsche Autofahrer werden nicht zusätzlich belastet, sie ist europarechtskonform, sie bringt erhebliche Mehreinnahmen und die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung steht eindeutig dahinter“, sagt der Verkehrsminister.

Ohne Mobilität keine Prosperität. Wohlstand entsteht dort, wo Infrastruktur funktioniert.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU)

Er warnte gleichzeitig die rot-grünen und rot-rot-grünen Landesregierungen vor dem Versuch einer Blockadetaktik: „Ein Versuch, das im Bundesrat hinauszuzögern, wäre nicht akzeptabel.“ Dies würde einen großen Schaden für die Infrastruktur bedeuten, denn bisher lande die Kfz-Steuer im allgemeinen Steuertopf und sei „den Begehrlichkeiten der jeweiligen Politik unterworfen“. Die Maut sei ganz anders strukturiert, so Dobrindt: „Mit der Maut setzen wir in Zukunft auf Zweckbindung. Das heißt: Jeder Euro, der über die Maut reinkommt, fließt direkt in die Finanzierung unserer Infrastruktur.“

Vier Milliarden fließen direkt in Infrastruktur

Wie Dobrindt vorrechnet, werden durch die Maut künftig jährlich rund vier Milliarden Euro – 3,5 Milliarden von deutschen Autofahrern anstelle der bisherigen KfZ-Steuer plus zusätzlich 500 Millionen von ausländischen Fahrern – zweckgebunden in die Sanierung und den Neubau investiert. „Kein anderes Land in Europa nimmt mit seinem Pkw-Mautsystem mehr Mittel im Verkehrshaushalt ein als wir. Damit stellen wir die Finanzierung unserer Straßen langfristig und verlässlich auf ein neues Fundament. Das ist der große Mehrwert der Maut“, so der Verkehrsminister im BAYERNKURIER-Magazin.

Wir haben Geld für mehr Projekte, als die Länder planen können. Das gab es noch nie.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU)

„Ohne Mobilität keine Prosperität. Wohlstand entsteht dort, wo Infrastruktur funktioniert“, verweist Dobrindt auf ein ökonomisches Grundprinzip. Wer Wohlstand erhalten wolle, müsse dafür sorgen, dass die Infrastruktur in Schuss ist und bleibe. „Da haben wir derzeit großen Nachholbedarf. In den vergangenen Jahrzehnten wurde der Fehler gemacht, unsere Infrastruktur nicht ausreichend zu finanzieren. Das Ergebnis: schlechte Straßen, marode Brücken“, kritisierte Dobrindt vor allem seine SPD-Amtsvorgänger. Wie Kenner berichten, sind etwa die USA ist ein gutes Beispiel, was passiert, wenn man jahrzehntelang zu wenig in die Infrastruktur investiert: Die völlig veraltete und schwache Infrastruktur hemmt das Wachstum der USA erheblich. Auch deshalb hat Präsident Trump angekündigt, eine Billion Euro in diesem Bereich zu investieren, um diese Wachstumsbremse zu bekämpfen.

Durch seine Investitionsoffensive sei es in dieser Wahlperiode gelungen, diese Finanzierungslücke zu schließen. „Als ich das Verkehrsministerium 2013 übernommen habe, lagen die Investitionen in die Infrastruktur bei gut 10 Milliarden Euro, Ende dieser Wahlperiode liegen sie bei rund 14 Milliarden“, rechnet Dobrindt vor. Mit diesen Rekordmitteln sind erstmals in der jüngeren Geschichte der Bundesrepublik beim Straßenbau nicht mehr die Finanzen das Nadelöhr, sondern die Planungskapazitäten der Länder, die für den Bau der Straßen zuständig sind. „Wir haben Geld für mehr Projekte, als die Länder planen können. Das gab es noch nie“, so der Minister im BAYERNKURIER.

Pkw-Maut ist vor allem Dobrindt zu verdanken

Die Vorsitzende der CSU-Verkehrskommission, die Rosenheimer Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig, lobt die Hartnäckigkeit Dobrindts gegenüber dem Koalitionspartner SPD sowie gegenüber der EU-Kommission: „Es ist dem Verhandlungsgeschick unseres Bundesverkehrsministers Alexander Dobrindt gegenüber der EU-Kommission zu verdanken, dass nun auch ausländische Pkw an der Finanzierung der deutschen Infrastruktur beteiligt werden“, so Ludwig. Den Bedenken von einzelnen Länderregierungen und Grenzregionen, deren Nachbarland keine Maut erhebt, sei bereits im Ursprungsgesetz Rechnung getragen worden. „Denn Bundesstraßen bleiben von der Bemautung für ausländische Fahrzeuge ausgenommen“, sagt Ludwig.

Die Einführung der Maut ist ein großer Erfolg und sorgt für mehr Finanzierungsgerechtigkeit auf der Straße.

Daniela Ludwig, Vorsitzende der CSU-Verkehrskommission

Die Neuerung des jetzt verabschiedeten Gesetzes umreißt die Chefin der CSU-Verkehrskommission so: „Der ursprüngliche Gesetzesentwurf wurde nach Kritik der Europäischen Kommission dahingehend angepasst, dass schadstoffärmere Fahrzeuge stärker entlastet werden und eine günstigere Staffelung bei den Kurzzeitvignetten für ausländische Autofahrer geschaffen wird. Deutsche Autofahrer erhalten einen finanziellen Ausgleich über die Kfz-Steuer.“ Daniela Ludwig lobt: „Heute gehen wir einen weiteren Schritt hin zu mehr Nutzerfinanzierung auf deutschen Straßen. Die Einführung der Maut ist ein großer Erfolg und sorgt für mehr Finanzierungsgerechtigkeit auf der Straße.“

Österreich könnte vor EuGH klagen

Unterdessen erklärte die österreichische Regierung erneut, man behalte sich eine Klage vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) vor. „Aus unserer Sicht ist die deutsche Maut rechtswidrig. Wir halten uns alle rechtlichen Optionen offen“, sagte der österreichische Verkehrsminister Jörg Leichtfried. Dass Österreich selbst von allen Autofahrern eine relativ teure Maut in Form des pauschalen „Pickerl“ erhebt, erwähnte er dabei allerdings zum wiederholten Male nicht. Leichtfried forderte den Bundesrat in Berlin auf, das Projekt zu stoppen: Die Länderkammer müsse „die Reißleine ziehen und die diskriminierende Ausländer-Maut zu Fall bringen“. Österreich und andere Nachbarländer Deutschlands fürchten einseitige Belastungen durch die Pkw-Maut, da unter dem Strich nur EU-Ausländer in die Infrastrukturabgabe einzahlten, während deutsche Pkw-Fahrer über die Kfz-Steuer entlastet würden.