Das Bundesratsgebäude in Berlin. (Foto EPD/imago)
Rot-Rot-Grün

Übler Vorgeschmack auf den Wahlkampf

SPD, Grüne und Linkspartei haben einen Vorgeschmack auf einen scharfen Wahlkampf gegeben: Im Bundesrat blockierten die rot-rot-grünen Länder eine moderate Kürzung der Leistungen für Asylbewerber, die in staatlichen Heimen rundumversorgt werden. Im Bundestag rückten Redner von SPD, Grünen und Linken die CDU wegen des Beschlusses zum Doppelpass in die Nähe von Rassisten. Eine Analyse.

In Bundestag und Bundesrat haben SPD, Grüne und Linkspartei einen Vorgeschmack auf die Art gegeben, wie sie den Bundestagswahlkampf zu führen gedenken: Im Bundesrat blockierten die rot-grünen und rot-rot-grünen Länder die Staffelung der Leistungen für Asylbewerber nach dem tatsächlichen Aufwand. Bundesregierung und Bundestag können noch den Vermittlungsausschuss anrufen. Im Bundestag empörten sich Redner von SPD, Grünen und Linkspartei künstlich über den Parteitagsbeschluss der CDU, die frühere Options-Regelung bei der Staatsbürgerschaft wieder einzuführen. Dabei rückten die linken Redner die Union, wie leider mittlerweile schon üblich, in die Nähe von Rassisten. Auch in der Debatte über die Sammelabschiebung von 34 rechtskräftig abgelehnten Afghanen übten sich Redner von Grünen und Linkspartei in radikaler Rhetorik.

Die Blockade des Bundesrates ist unverständlich.

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt

Der Bundesrat stoppte wegen Ablehnung oder Enthaltung der Länder mit Regierungsbeteiligung von Grünen und/oder Linkspartei vorerst die Neuregelung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Dies sah vor, dass Asylbewerber, die ohnehin in Sammelunterkünften wohnen und damit eine staatliche Rundumversorgung genießen, ab Januar 2017 minimal weniger Leistungen bekommen sollten. Nun bleibt es vorerst bei der alten Rechtslage. Der Bundestag hatte dies am 1. Dezember mit den Stimmen von Union und der SPD verabschiedet. Bundesregierung und Bundestag können nun den Vermittlungsausschuss anrufen.

Asylbewerber erhalten Zuschüsse für Leistungen, die der Steuerzahler zahlt

Die Neuregelung sah vor, die monatlichen Bedarfssätze zu staffeln. So sollten alleinstehende Asylsuchende in staatlichen Sammelunterkünften statt 354 Euro nur noch 332 Euro monatlich erhalten. Die Ausgaben für Haushaltsenergie und Wohnungsinstandhaltung wurden aus dem Leistungssatz herausgerechnet, weil diese in Sammelunterkünften sowieso vom Staat, also dem Steuerzahler, als Sachleistung erbracht werden. Außerdem sah die Neuregelung vor, dass die zuständigen Verwaltungen mithilfe eines Kontenabrufverfahrens die Bedürftigkeit des Leistungsempfängers prüfen dürfen. In diesen Punkten wurden Asylbewerber bislang besser behandelt deutsche Hartz-IV-Empfänger. Grüne und Linkspartei im Bundesrat fordern aber im Gegenteil sogar die Ausweitung des Kreises der Asylbewerber, die Leistungen beziehen dürfen. Wie sie dies ihren deutschen Wählern aus dem Hartz IV-Bereich erklären wollen, dürfte eine spannende Frage werden.

Damit wollten wir Fehlanreize beseitigen.

Gerda Hasselfeldt

Auf massive Kritik stieß diese rot-rot-grüne Blockadetaktik bei der Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Gerda Hasselfeldt. „Die Blockade des Bundesrates ist unverständlich. Eigentlich sollten Asylbewerber in Gemeinschaftsunterkünften ab Januar weniger Leistungen bekommen. Damit wollten wir Fehlanreize beseitigen. Außerdem ist die Absenkung darüber hinaus gerecht, weil in Sammelunterkünften bestimmte Kosten schon gedeckt sind, die bei der Einzelunterbringung anfallen. Sollte die Ablehnung der rot-grünen Bundesländer eine Reaktion auf die gestrige Abschiebung abgelehnter Asylbewerber nach Afghanistan sein, wäre dies unverantwortlich. Mit der Abschiebung wurde geltendes Recht vollzogen, was in einem Rechtsstaat selbstverständlich und kein Anlass für Protest sein sollte.“

Bundestagsdebatte: Scherbengericht über CDU-Beschluss

Ausgesprochen schrill verlief die Bundestagsdebatte über den Beschluss des CDU-Parteitags, im Staatsbürgerschaftsrecht zur alten Regelung zurückzukehren und die Optionspflicht bis zum 23. Geburtstag von in Deutschland geborenen Kindern mit doppelter Staatsangehörigkeit wieder einzuführen. Hier gab Ulla Jelpke von der Linkspartei den Ton für die linken Abgeordneten vor: Sie kritisierte die CDU für eine „rassistische Rhetorik“ in mehreren Parteitagsbeschlüssen – neben der Ablehnung des Doppelpasses auch das Burkaverbot und das EU-Türkei-Abkommen. Was daran rassistisch sein soll, verstehen wohl nur Menschen, die im tief linken Milieu aufwachsen und leben. Die Linkspartei-Abgeordnete Sevim Dagdelen, selbst aus der Türkei stammend, behauptete, der Beschluss der CDU richte sich „vor allem gegen Türken hier im Land“. Angesichts der Zustimmungswerte der in Deutschland lebenden, aber in der Heimat noch wahlberechtigten Türken für die AKP-Partei des Diktators Erdogan (rund 60 Prozent) fragt sich allerdings nicht nur die CSU, wie verbunden die Türken überhaupt mit Deutschland sind.

Ein verständiger, neutraler Beobachter dieser Debatte muss den Eindruck erhalten, dass SPD, Linke und Grüne vollkommen an der Realität in unserem Land vorbeidiskutieren.

Stephan Mayer (CSU), innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion

Josip Juratovic von der SPD warf der CDU vor, sie trage ihren internen Protest gegen Kanzlerin Merkel „auf dem Rücken der Ausländer aus“. SPD-Generalsekretärin Katarina Barley, die neben der deutschen auch die britische Staatsbürgerschaft besitzt, fragte rhetorisch: „Was bringt es Ihnen, wenn Menschen wie ich unseren zweiten Pass abgeben müssen?“ – bewusst ignorierend, dass es bei der Neuregelung überhaupt nicht um EU-Bürger geht. Özcan Mutlu von den Grünen behauptete wider die oben genannten Wahlergebnisse, die Union treibe mit der Rückkehr zur Optionspflicht die jungen Türken „erst Recht in die Arme Ankaras“ und warf der Union „Türkenfeindlichkeit“ vor. Sebastian Hartmann von der SPD warf den CDU-Abgeordneten vor, mit einem „Schlingerkurs“ in der Integrationspolitik nur die „rechten Wähler“ zurückgewinnen zu wollen.

Unions-Redner rückten Maßstäbe wieder zurecht

Es war an CSU-Innenpolitiker Stephen Mayer, die Maßstäbe wieder zurechtzurücken. Ein verständiger, neutraler Beobachter dieser Debatte müsse den Eindruck haben, dass SPD, Linke und Grüne „vollkommen an der Realität in unserem Land vorbeidiskutieren“, kritisierte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion. Mayer warf Grünen und Linken vor, mit ihrer „aggressiven Rhetorik“ und Populismus-Vorwürfen selbst „zur Spaltung im Land beizutragen“.

Innen-Staatssekretär Günter Krings (CDU), betonte, dass eine Spaltung der Gesellschaft drohe, wenn eine bestimmte Gruppe von Menschen weiterhin mehrere Staatsangehörigkeiten haben als andere. Schließlich bringe ein zusätzlicher Pass Vorteile mit sich, den andere dann nicht haben, so seine Argumentation. „Die Union schließt daher eine generelle Mehrfach-Staatsbürgerschaft aus“, sagt Krings. Stephan Harbarth von der CDU zeigte das ganze Ausmaß der lächerlichen Vorwürfe auf: Er wies den Populismus-Vorwurf der drei linken Parteien scharf zurück. Was SPD, Grüne und Linke als „Populismus und Rechtsruck“ bezeichneten, sei bis vor zwei Jahren geltendes Recht gewesen – übrigens 1999 von Rot-Grün eingeführt.

Grüne und Linke wüten gegen rechtmäßige Abschiebungen

In einer weiteren Debatte schieden die SPD-Redner als Ankläger aus: Die Grünen hatten eine Aktuelle Stunde beantragt zur Sammelabschiebung von 34 rechtskräftig ausreisepflichtigen Afghanen – laut Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sind ein Drittel davon auch noch rechtskräftig verurteilte Straftäter. Auch hier übten sich Grüne und Linke in aggressiver, geradezu radikaler Rhetorik. Wiederum gab Linken-Politikerin Ulla Jelpke den Ton vor, die die absolut rechtmäßigen Abschiebungen „brutal und menschenfeindlich“ nannte. Wen wohl die Opfer der afghanischen Straftäter als „brutal und menschenfeindlich“ bezeichnen würde, spielte keine Rolle. Die Grünen-Politikerin Luise Amtsberg warf sich ebenfalls in die Pose künstlicher Empörung. Die Regierung wolle „ein Exempel statuieren, gleich zu welchem menschenrechtlichen Preis“. Es gehe um Symbolpolitik, ohne Rücksicht auf Verluste.

Es wäre ein Alptraum für den Rechtsstaat, wenn Sie regieren würden.

Armin Schuster (CDU), an die Adresse von Grünen und Linkspartei

Auch hier musste der CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer ans Pult, um die Maßstäbe zurecht zu rücken. „Kein Land außer Schweden hat sich in den letzten 15 Monaten so humanitär gezeigt wie Deutschland. Aber die Abschiebung ist ein wesentlicher Bestandteils des Asylrechts.“ Wer kein Bleiberecht habe, „muss gehen“, so Mayer. Nur so könne man denen helfen, die wirklich Hilfe benötigten. Es gebe in Afghanistan auch „Gegenden und Städte, in denen man sicher leben kann“. Der CDU-Abgeordnete Armin Schuster kritisierte die Opposition scharf: „Wer Ihrem Antrag zustimmt, der stärkt das Geschäftsmodell der Schleuser“ und warf ihr vor, „die Gesetze mal anzuwenden und mal nicht, je nach ideologischer Befindlichkeit“. „Es wäre ein Alptraum für den Rechtsstaat, wenn Sie regieren würden“, kritisierte er Grüne und Linkspartei. Diese würden dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) am liebsten von morgens bis abends „Gesinnungsbefehle“ geben.

Ganz ähnlich sieht das der Leitartikler der FAZ: „Wenn abgelehnte und sogar straffällig gewordene Asylbewerber nicht abgeschoben werden (können), dann ist das nichts anderes als eine Einladung an die Welt. Die Sicherheitslage in Afghanistan und in den anderen Kriegsgebieten ist zweifellos ‚problematisch‘. Wenn das aber als Grund dafür ausreicht, niemanden mehr zurückzuschicken – wie will man dann den dort ausharrenden Millionen erklären, dass sie gefälligst an Ort und Stelle zu bleiben hätten? Vom deutschen Asylsystem müssen in der Tat klare Signale ausgehen: dass nach einer schnellen Prüfung Asyl gewährt wird, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen – und dass konsequent und zügig abgeschoben wird, wenn nicht.“