Die Frauenrechtsorganisation „Terre des Femmes“ protestiert in Berlin gegen Eheschließungen mit Kindern. (Symbolfoto: Imago/Christian Ditsch)
Kinder-Ehen

CSU will Komplett-Verbot

Die CSU besteht darauf, Ehen mit Kindern bundesweit zu verbieten. Dass die SPD dies blockiert, führt bei den Christsozialen zu Verärgerung: Generalsekretär Scheuer und Bayerns Familienministerin Müller kritisieren die Bundes-Integrationsbeauftragte Özoguz und Justizminister Maas.

Die CSU besteht auf einem generellen Verbot von Kinderehen in Deutschland. „Junge Mädchen gehören in die Schule – nicht vor den Traualtar“, betont CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Die CSU fordere dies auch in ihrem Antrag zum politischen Islam, der auf dem Parteitag in München beschlossen werden soll. Gleichzeitig äußert Scheuer massive Kritik an der Bundes-„Integrationsbeauftragten“ und stellvertretenden SPD-Parteichefin  Aydan Özoguz und Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD).

SPD verhält sich „beschämend“

Özoguz hatte in einem Interview behauptet: „Ein pauschales Verbot von Ehen von Minderjährigen ist zwar vielleicht gut gemeint, kann aber im Einzelfall junge Frauen ins soziale Abseits drängen.“ Würden die Ehen aberkannt, verlören die Frauen unter anderem Unterhalts- und Erbansprüche, ihre Kinder wären unehelich, für viele würde sogar eine Rückkehr in ihre Heimatländer unmöglich, so Özoguz.

Das Verhalten von Frau Özoguz ist beschämend und absolut unwürdig für eine Integrationsbeauftragte der Bundesregierung.

Andreas Scheuer, CSU-Generalsekretär

Andreas Scheuer kritisierte, mit ihrer Äußerung verhindere die „sogenannte Integrationsbeauftragte“ Özoguz „aktiv die Integration in unsere Werteordnung“, betonte Scheuer. „Das Verhalten von Frau Özoguz ist beschämend und absolut unwürdig für eine Integrationsbeauftragte der Bundesregierung.“ Kinderehen, wie es sie im muslimischen Kulturkreis gibt, akzeptiere die CSU nicht. „Wir müssen ein klares Stoppschild gegen die kulturelle Dominanz des politischen Islams aufstellen. Alles andere wäre eine Selbstrelativierung unserer Werte.“ Justizminister Heiko Maas (SPD) müsse den bayerischen Gesetzentwurf gegen Kinderehen sofort umsetzen.

Zuerst heranwachsen, dann heiraten

Auch von Bayerns Sozial- und Familienministerin Emilia Müller (CSU) kam heftige Kritik an Özoguz und Maas. „Ein Kind sein zu können, heranzuwachsen, ein eigenständiger junger Mensch zu werden, der selbst entscheidet – auch und gerade bei der Wahl seines Partners – das ist eines der wichtigsten Privilegien unserer Gesellschaft“, betonte die Ministerin. „Gedankenspielen, Kinderehen in Deutschland in Teilen oder ganz zu erlauben“, erteilte sie eine klare Absage.

Zwangsverheiratung von Kindern ist nicht vereinbar mit den Grundwerten unserer Gesellschaft.

Bayerns Sozial- und Familienministerin Emilia Müller (CSU)

Weiter sagte Müller: „In unserem Kulturkreis muss kein Mädchen und kein Bub verheiratet werden, um seine wirtschaftliche Situation abzusichern.“ Genauso wenig werde die Staatsregierung zulassen, dass Familien das Leben ihrer Kinder in einer Weise beeinflussen, dass sie „nicht selbst über den Menschen entscheiden können, mit dem sie ihr Leben verbringen wollen“. Wörtlich sagte die Ministerin: „Diese Form von Zwangsverheiratung lehne ich in jeder Form ab.“ Kinderehen seien nicht vereinbar mit „den Grundwerten unserer Gesellschaft“.

„Wer hier bei uns eine neue Heimat finden will, muss akzeptieren, dass wir unsere Kinder nicht bevormunden, dass wir ihnen nicht vorschreiben, wen sie zu heiraten haben und vor allem nicht, wann. Kinder sollen Kinder sein dürfen. Deshalb gilt in Bayern: zuerst heranwachsen, dann heiraten“, so Müller.

Schutz der Kinder hat Vorrang

Unterstützung erhält die CSU bei ihrer Forderung vom Leitartikler der FAZ. Er fordert, Deutschland müsse sich „gerade in diesen Zeiten“ darüber im Klaren sein, was zur eigenen „ordre public“ gehöre, und betont: „Der Schutz der Kinder und die Gleichberechtigung von Mann und Frau sind keine Verfügungsmasse. Sie haben Vorrang vor fremden Traditionen und, jawohl, auch vor (quasi)religiösen Vorgaben.“ Es gelte, eine Lanze für die Werte zu brechen, die alle akzeptieren müssen, die in Deutschland leben wollen. Wörtlich heißt es: „Wer die eigene Ordnung aufgibt, dem ist nicht zu helfen – und der kann auch niemandem mehr helfen.“

Laut Ausländerzentralregister waren Ende Juli 2016 insgesamt 1475 in Deutschland lebende ausländische minderjährige Personen verheiratet. In Deutschland dürfen Ehen derzeit grundsätzlich erst mit der Volljährigkeit geschlossen werden – in Ausnahmefällen aber schon mit 16 Jahren. Nach der unkontrollierten Einreise von hunderttausenden Flüchtlingen im vergangenen Jahr haben die Behörden auch die Einwanderung von mehreren hundert verheirateten Minderjährigen registriert. Unterdessen ging in Deutschland selbst die Zahl der Eheschließungen mit Minderjährigen deutlich zurück: Wie die Funke-Mediengruppe unter Berufung auf das Statistische Bundesamt meldet, wurden 2015 genau 92 Hochzeiten von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren registriert. Im Jahr 2000 waren es noch 1073 Eheschließungen.

(dpa/PM/wog)