Bei dem islamistischen Selbstmordattentat in Ansbach ist das Schaufenster eines benachbarten Fotostudios zu Bruch gegangen. (Foto: Wolfram Göll)
Kampf gegen Terror

CSU kündigt hartes Durchgreifen an

Nach der Welle an Terroranschlägen in Bayern fordert Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), das komplette Sicherheitskonzept Deutschlands müsse auf den Prüfstand. Mehr Polizei und bessere Ausstattung ebenso wie eine nachträgliche Überprüfung aller Flüchtlinge. Abschiebungen müssten konsequent durchgeführt werden. Auch das Sicherheitskonzept fürs Münchner Oktoberfest wird verschärft.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hat nach dem Bombenattentat in Ansbach und der Würzburger Attacke ein entschlossenes Handeln der Staatsregierung angekündigt. „Wir werden alles Menschenmögliche tun, um den Bürgerschutz zu verbessern“, sagte Seehofer am Dienstag zum Auftakt einer Klausur des bayerischen Kabinetts in Gmund am Tegernsee. „Besonnenheit ist wichtig, aber den Schutz durch den Staat ersetzt sie nicht.“ Der CSU-Chef weiter: „Die letzte Woche hat Bayern ins Mark getroffen.“

In den jüngsten mutmaßlich islamistischen Anschlägen sieht Seehofer „ganz neue Dimension des Terrors“. Der islamistische Terror sei in „Deutschland angekommen“. Damit müsse man sich nun intensiv auseinandersetzen – in der Prävention, aber auch in der Repression, betonte der CSU-Vorsitzende. „Jeder Terroranschlag ist einer zu viel.“ Der Ministerpräsident versprach: „Alles, was notwendig ist, wird finanziert.“ Bayern setzt künftig auf mehr Polizei und eine strengere Kontrollen von Flüchtlingen. „Wir brauchen in Deutschland mehr Bürgerschutz“, und das werde „sehr, sehr entschlossen“ umgesetzt.

Bayerisches Kabinett berät über Konsequenzen aus der Terrorwelle

Bei der fünftägigen Klausur am Tegernsee stehen die Sicherheitspolitik und die Konsequenzen aus den islamistischen Attentaten in Ansbach und Würzburg sowie dem Amoklauf in München im Mittelpunkt.

Sicherheit ist ein Grundbedürfnis in diesem Land. Und wir müssen alles tun, dieses Recht zu gewährleisten.

Joachim Herrmann

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kündigte an, die personelle wie auch technische Ausstattung der Polizei nochmals deutlich zu verstärken. Obwohl die bayerische Polizei mit 42.000 Mann bereits jetzt die höchste Personalstärke aller Zeiten aufweist, werde hier nochmals nachgelegt. „Sicherheit braucht Stärke und Sichtbarkeit der Polizei“, sagte der Innenminister. Die Polizei solle unter anderem so genannte ballistische Helme für jeden Streifenwagen und eine stärkere Schutzausrüstung für Spezialeinheiten erhalten.

Herrmann für Abschiebung in Krisengebiete

Herrmann erklärte zu Beginn der Klausur, auch eine Abschiebung in ein Krisengebiet dürfe kein Tabu mehr sein. Als Beispielland nannte er Afghanistan. Mit Blick etwa auf das Land seien sich viele Experten einig, dass es dort Gebiete gebe, in denen ein Aufenthalt unmöglich sei, sagte Herrmann. Daneben gebe es in Afghanistan aber auch Gebiete, „wo ein Aufenthalt zumutbar ist“. Eine Abschiebung solle auch nicht an medizinischen Gründen scheitern. Es sei den Steuerzahlern nicht zuzumuten, so Herrmann, für den Schutz derjenigen zu zahlen, die die Ordnung des Rechtsstaats missachteten.

Straffällige Flüchtlinge sollen leichter abgeschoben werden können. „Wir müssen die Hürden einer Abschiebung nach entsprechenden Straftaten deutlich absenken“, forderte der Minister. Dafür müssten unter Umständen sogar europarechtliche Rahmenbedingungen verändert werden. „Wir werden darüber in den nächsten Tagen zu reden haben.“

„Sicherheit ist ein Grundbedürfnis in diesem Land. Und wir müssen alles tun, dieses Recht zu gewährleisten“, sagte Herrmann weiter. Dazu solle die Bundeswehr im Falle einer terroristischen Bedrohung im Inland eingesetzt werden können.

Bausback will elektronische Fußfessel für Gefährder

Bayerns Justizminister Winfried Bausback forderte mehr Möglichkeiten für Polizei und Strafverfolgungsbehörden, um gegen Terrorismus vorzugehen. So verlangte er eine längere Speicherung von Verbindungsdaten. Bausback forderte außerdem die elektronische Fußfessel, um „extremistische Gefährder“ besser überwachen zu können.

Wir müssen alles auf den Prüfstand stellen.

Horst Seehofer

Bereits vor Beginn der Klausur hatte auch Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer die konsequente Abschiebung gewalttätiger Flüchtlinge und abgelehnter Asylbewerber gefordert. Im Münchner Merkur hatte er eine nochmalige „signifikante“ Personalaufstockung und bessere technische Ausstattung der Polizei angekündigt.

„Wir müssen alles auf den Prüfstand stellen: die personelle Stärke der Polizei, die technische Ausstattung, die Waffengesetze, auch die Frage: Sind wir genügend gegen den Missbrauch des Internets gewappnet?“, sagte Seehofer.

Feldjäger standen schon bereit

Auch Seehofer brachte den Einsatz der Bundeswehr im Inland ins Gespräch. „Wenn es am Freitag tatsächlich an mehreren Stellen Anschläge in München gegeben hätte, dann hätten wir eventuell die Unterstützung der Bundeswehr gebraucht. Die Feldjäger standen schon in Bereitschaft“, so Seehofer im Münchner Merkur.

Unter den Flüchtlingen seien zwar viele, die ein schweres Schicksal hätten und die Hilfe verdienten, sagte der Ministerpräsident. „Aber unter ihnen gibt es leider Menschen mit einem erschreckenden Gewaltpotenzial. Das ist kein Generalverdacht, sondern Fakt.“ Auch Flüchtlinge selbst seien aufgerufen, „verdächtiges Verhalten den Behörden zu melden“. Wörtlich sagte der Ministerpräsident: „Lieber nehmen wir 100 falsche Hinweise in Kauf, als auf einen wichtigen zu verzichten.“

Oktoberfest: Mobile Zäune könnten nun doch noch kommen

Unter dem Eindruck der jüngsten Anschläge kommt auch das Sicherheitskonzept für das diesjährige Oktoberfest in München nochmals auf den Prüfstand. Dies hat der Ältestenrat des Münchner Stadtrates einstimmig in einer Sondersitzung entschieden. „Ich bin froh, dass heute einstimmig beschlossen wurde, die Weiterentwicklung des Sicherheitskonzepts in die Hände der Fachleute zu legen“, so der Zweite Bürgermeister Josef Schmid (CSU). „Meine Überzeugung als Wiesn-Chef war schon immer: Sicherheitsfragen müssen von Fachleuten beurteilt werden. Es werden jetzt mit Hochdruck Gespräche mit den Sicherheitsbehörden und der Polizei geführt. Ich werde diese Gespräche persönlich leiten. Ziel des neuen Konzepts muss es sein, die Zugänge zur Wiesn besser zu kontrollieren. Die Sicherheit der Wiesn-Besucher hat oberste Priorität.“ Auch ein Mitnahmeverbot von Rucksäcken auf die Wiesn wird diskutiert.

Sicherheitsfragen müssen von Fachleuten beurteilt werden.

Josef Schmid

Das Sicherheitskonzept für das größte Volksfest der Welt, das heuer am 17. September beginnt und bis zum 3. Oktober dauert, soll nun in enger Abstimmung mit den Sicherheitsbehörden und der Polizei überprüft werden. Das dann erarbeitete Konzept soll umgesetzt werden, ohne dass sich damit der Stadtrat der bayerischen Landeshauptstadt nochmals befassen muss.

Interessant am Rande: Es ist nun sehr wahrscheinlich, dass die mobilen Sperrzäune, die der Zweite Bürgermeister und Wiesn-Chef Josef Schmid (CSU) sowie Sicherheitsexperten und die Polizei von vornherein gefordert hatten, nun doch noch eingeführt werden. Die Rathaus-SPD und OB Reiter hatten Anfang Juli gegen den ausdrücklichen Rat der Experten gegen diese Zäune gestimmt. Nun sollen sie aber nicht gegen Überfüllung eingesetzt werden, sondern um Rucksackkontrollen zu ermöglichen.

Wiesn-Wirte würden Rucksack-Verbot begrüßen

Die Wirte auf dem Oktoberfest begrüßen Überlegungen zu einem Rucksackverbot auf dem Volksfest. Man brauche dort Hunger, Durst und gute Laune, aber keinen Rucksack, sagte Wirte-Sprecher Toni Roiderer. „So teuer ist die Wiesn nicht, dass man mit einem Rucksack voll Geld hin muss.“ Sicherheit habe höchste Priorität. Man dürfe aber die Angst nicht herbeireden. Man habe auf dem größten Volksfest der Welt problemlos das Rauchverbot durchgesetzt, sagte Ludwig Hagn vom Löwenbräu-Festzelt. „Da sehe ich bei den Rucksäcken kein großes Problem.“

Toni Winklhofer vom Festzelt Tradition sagte, ein Rucksack störe am Ende nur. Im Bierzelt sei er im Weg und außerdem müsse man auf ihn aufpassen. Grundsätzlich machen sich die Wirte um die Sicherheit keine Sorgen. Die Münchner Polizei habe mehrfach bewiesen, dass sie bestens aufgestellt sei, sagte Roiderer. Die Wiesn sei bereits geschützt wie ein Hochsicherheitstrakt, sagte Wirt Christian Schottenhamel vom Spaten-Zelt. „Ich habe größtes Vertrauen in die Polizei.“

Nürnberg, Kulmbach und Wunsiedel verschärfen Sicherheitsvorkehrungen

In Nürnberg wird das Bardentreffen am kommenden Wochenende trotz der Terrorakte stattfinden, aber unter größeren Sicherheitsvorkehrungen. Oberbürgermeister Ulrich Maly erklärte: „Unser freiheitliches, öffentliches Leben dürfen wir uns nicht durch Amokläufer und terroristische Attentäter zerstören lassen.“ Stadt und Polizei wollen aber die ohnehin bestehenden Sicherheitskonzepte bei den bevorstehenden Großveranstaltungen erweitern, wie die Nürnberger Nachrichten berichten. So wird die Stadt beispielsweise den privaten Ordnungsdienst verstärken. Die Polizei wird ihre Präsenz sowohl an uniformierten als auch an zivilen Kräften deutlich erhöhen. Zudem wird es sporadisch Taschenkontrollen geben.

Auch Kulmbach hat im Zeichen der Terrorgefahr das Sicherheitskonzept für die Bierwoche deutlich nachgebessert. Das ist das Ergebnis einer Lagebesprechung im Rathaus mit Oberbürgermeister Henry Schramm (CSU), Vertretern der Polizei, der Brauerei, der Rettungsorganisationen sowie des Landratsamtes und der Stadt Kulmbach. So wird es ein Rucksackverbot geben, Polizei, Bereitschaftspolizei sowie private Sicherheitsdienste werden Präsenz zeigen.

Bei den Luisenburg-Festspielen im oberfränkischen Wunsiedel sind künftig Rucksäcke, große Taschen sowie die Mitnahme von Speisen und Getränken verboten. Das Einlasspersonal soll dies künftig kontrollieren. „Wir wollen den Besuch auf der Luisenburg problemlos und sicher halten“, sagte Intendant Michael Lerchenberg in der Frankenpost zu diesem Beschluss, „und das erfordert den Verzicht auf Dinge, die in einem Theater ohnehin nichts zu suchen haben und dort nicht gebraucht werden“.

Mayer fordert Überprüfung der Flüchtlinge durch BND und Verfassungsschutz

Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer (CSU) hat eine lückenlose Überprüfung aller Flüchtlinge durch die deutschen Sicherheitsbehörden gefordert: „Wir brauchen ab sofort eine lückenlose Überprüfung und Befragung aller Flüchtlinge ab 14 Jahren durch den Bundesnachrichtendienst und das Bundesamt für Verfassungsschutz“, sagte Mayer in der Bild-Zeitung.

Wir brauchen eine Abschiedskultur.

Armin Schuster, CDU

Zudem fordert Mayer eine Verschärfung der Asylregeln. „Wer bei seinen persönlichen Angaben offenkundig täuscht oder seine wahre Identität verschleiert, muss in einem beschleunigten Blitz-Asyl-Verfahren schnellstens zur Ablehnung seines Asylantrags gebracht werden. Danach muss dann zeitnah die Abschiebung erfolgen.“

Auch der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster forderte eine konsequentere Abschiebung abgelehnter Asylbewerber. „Wir brauchen eine Abschiedskultur“, sagte er der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten. „Für manche entsteht der Eindruck, sie könnten sich alles erlauben, weil sie gar nicht verstehen, wie milde der Staat bei Gesetzesverstößen reagiert“, sagte Schuster.

Strobl unterstützt CSU-Forderungen

Die Innenminister von Bund und Ländern verständigten sich derweil darauf, die Polizeipräsenz bei ausgewählten Veranstaltungen zu erhöhen. Veranstalter sollten zudem prüfen, wie sie Veranstaltungskonzepte optimieren und gegebenenfalls zusätzliche Maßnahmen ergreifen können. Zudem solle die Zusammenarbeit von Bund und Ländern bei der Fahndung im Internet ausgebaut werden.

Wir müssen wissen, wer im Land ist.

Horst Seehofer

Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) forderte schärfere Sicherheitsüberprüfungen von Flüchtlingen. Alle Menschen, die in Deutschland Schutz suchten, sollten so schnell wie möglich erkennungsdienstlich behandelt werden, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Auch Seehofer forderte eine nachträgliche Überprüfung bereits eingereister Flüchtlinge. „Wir müssen wissen, wer im Land ist“, sagte er der Süddeutschen Zeitung.

Baden-Württemberg stellt 30 neue Experten ein, die sich in der Bekämpfung der Cyberkriminalität oder im arabischen Sprach- und Kulturkreis auskennen. Zusätzliche Schusswaffen, Helme und ein gepanzertes Fahrzeug will Sachsen-Anhalt anschaffen. In Rheinland-Pfalz soll eine Ausweitung der psychischen Betreuung von Schülern und jungen Flüchtlingen geprüft werden.

Ansbach: Islamistischer Terrorist war Flüchtling aus Syrien

Der 27 Jahre alte Syrer Mohammad Daleel hatte am Sonntag Abend eine Bombe im Eingangsbereich eines Popkonzerts in der Ansbacher Altstadt gezündet. Der Terrorist kam ums Leben, 15 Menschen wurden verletzt, vier davon schwer. Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen übernommen und prüft, ob der 27-Jährige, der 2014 als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen war, Mitglied in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) war.

Nach Erkenntnissen der Behörden legt dies ein Bekennervideo auf dem Handy des Mannes nahe. Das IS-Sprachrohr Amak veröffentlichte in der Nacht ebenfalls ein vermeintliches Bekennervideo des Täters. Die Echtheit des Videos ließ sich ‎zunächst nicht überprüfen.

Europol: Mehrere hundert potenzielle islamistische Terroristen in Europa

Die europäische Polizeibehörde Europol schätzt generell die Zahl potenzieller islamistischer Terroristen in Europa auf mehrere Hundert. Zahlreiche Terroristen seien auch in der Phase der offenen Grenzen bewusst mit der Flüchtlingswelle in die EU eingeschleust worden, auch wenn das nicht die Mehrzahl ausmache.

„Mitglieder terroristischer Gruppen oder zurückkehrende ausländische Kämpfer mit EU-Pass reisen in der Regel mit echten oder gefälschten Pässen in die EU ein – und verlassen sich nicht auf Schlepperbanden für Flüchtlinge“, hieß es.

(dpa/MM/wog)