Das Bundesratsgebäude in Berlin. (Foto EPD/imago)
Bundesrat

Öffentliches WLAN und Rentenerhöhung

Der Bundesrat hat den rechtlichen Weg für mehr öffentliche WLAN-Hotspots freigemacht. Außerdem billigte die Länderkammer die höchste Rentenerhöhung seit 23 Jahren sowie Mengenabsprachen von Milchproduzenten. Die Ausweisung der nordafrikanischen Länder als sichere Herkunftsländer wurde verschoben, weil sich die Grünen querstellen. Lediglich Baden-Württemberg hat Zustimmung signalisiert.

Künftig können auch private Betreiber ihr WLAN für andere öffnen, ohne wegen Rechtsverletzungen Dritter haftbar gemacht werden zu können. Nach dem Bundestag ließ auch der Bundesrat entsprechende Änderungen des Telemediengesetzes passieren. Der Streit um die Abschaffung der sogenannten Störerhaftung für WLAN-Hotspots in Deutschland dauerte über sechs Jahre. Unter anderem Freifunkern, Handelsverbänden, Cafés, Kommunen oder dem Tourismus dürfte die Gesetzesnovelle entgegenkommen.

Nach Ansicht von Experten der Regierungskoalition im Bund gehört die Gefahr von Schadenersatzansprüchen oder kostenpflichtigen Abmahnungen für Rechtsverletzungen Dritter damit der Vergangenheit an. Allerdings gibt es auch Kritik, dass durch das Gesetz die Rechtsunsicherheit weiterhin bestehen bleibe. Die Bundesregierung will das Gesetz 2018 überprüfen.

Renten steigen um 4,25 Prozent im Westen und 5,95 Prozent im Osten

Außerdem hat die Länderkammer der geplanten Rentenerhöhung für dieses Jahr zugestimmt. In Westdeutschland steigt die Rente zum 1. Juli um 4,25 Prozent, im Osten um 5,95 Prozent. Sie bringt zum Beispiel bei einer Monatsrente von 900 Euro brutto im Westen rund 38 Euro und im Osten 54 Euro mehr. Die gut 20 Millionen Rentner können sich damit auf die stärkste Rentenerhöhung seit 23 Jahren freuen. Die Renten, die im Osten Deutschlands gezahlt werden, erreichen dann 94,1 Prozent des Westniveaus.

Als Krisenreaktion auf drastisch gesunkene Milchpreise sollen sich Bauern und Molkereien befristet über kleinere Mengen absprechen können. Das sieht ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz vor, dem auch der Bundesrat zustimmte. Für ein halbes Jahr sollen Erzeugerorganisationen, Branchenverbände und Genossenschaften freiwillig Absprachen über Milchmengen treffen können, ohne europarechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen. Angesichts zu großer Milchmengen auf den Märkten sind die Preise für die Bauern drastisch gesunken. Sie liegen teils unter 20 Cent pro Liter.

Nordafrikanische Herkunftsländer: Allein Kretschmann bewegt sich

Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) will der umstrittenen Einstufung von Tunesien, Marokko und Algerien als „sichere Herkunftsländer“ zustimmen. Die Bundesregierung habe ihm zugesagt, dass sie dafür sorgen werde, dass Gruppen wie Homosexuelle, Journalisten oder religiöse Minderheiten in dem Asylverfahren so behandelt würden wie bisher, erklärte er im ARD-Morgenmagazin.

„Damit ist der wichtigen Menschenrechtsfrage ein Stück weit genüge getan, und deswegen wird das Land Baden-Württemberg dem zustimmen“, sagte er. Ein Krach mit dem Koalitionspartner CDU auf Landesebene wäre damit abgewendet. Damit auch andere Länder zustimmen, empfahl Kretschmann der schwarz-roten Bundesregierung, direkte Verhandlungen mit ihnen aufzunehmen. So habe es Baden-Württemberg gemacht.

Debatte zum Böhmermann-Paragraphen ebenfalls verschoben

Ziel der großen Koalition ist es, Asylbewerber aus den Maghreb-Staaten Marokko, Algerien und Tunesien schneller in ihre Heimat zurückschicken zu können. Damit das Vorhaben die Länderkammer passieren kann, brauchen Union und SPD aber die Zustimmung von mindestens drei Ländern mit grüner Regierungsbeteiligung. Der Bundesrat hat die ursprünglich vor heute vorgesehene Debatte über die sicheren Herkunftsländer von der Tagesordnung abgesetzt, weil die in mehreren Ländern mitregierenden Grünen sich weiterhin querstellen. Bei den Grünen gibt es wegen der Menschenrechtslage in den Maghreb-Staaten erhebliche Widerstände.

Die Länderkammer vertagte auch die Beratung des Vorstoßes, den Straftatbestand der Beleidigung von Vertretern ausländischer Staaten sofort zu streichen. Hintergrund: das Schmähgedicht des Satirikers Jan Böhmermann gegen den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan aufegkommen. Die Bundesregierung will zwar den Paragraphen abschaffen, aber erst nach dem Verfahren gegen Böhmermann.

CSU kritisiert grüne Blockadetaktik

Scharfe Kritik am grünen Widerstand kommt aus der CSU-Landesgruppe im Bundestag: „Kurz vor der Sommerpause verwickeln die Grünen die Koalition in unnötige Machtspielchen. Hier hat der Wahlkampf auf Kosten der Vernunft bereits begonnen“, sagt der innenpolitische Sprecher Michael Frieser. „Jeder Asylbewerber, auch aus als sicher eingestuften Staaten, hat weiterhin die Gelegenheit nachzuweisen, dass er abweichend von der allgemeinen Lage in seinem Herkunftsland politisch verfolgt wird. Alle anderen Behauptungen sind Wahlkampfgetöse.“

Frieser betont, die Grünen hätten bereits aus den positiven Effekten der Einstufung der Westbalkan-Staaten, die auch durch grünen Widerstand unnötig verzögert wurde, lernen können. „Aus den Maghreb-Staaten kommen die Menschen in den seltensten Fällen aus asylrelevanten Gründen. Bereits die bloße Diskussion um die Einstufung als sichere Herkunftsländer hat die Antragszahlen einbrechen lassen.“ Waren es im Januar 2016 noch fast 3500, kamen im März nur noch rund 500 Menschen aus Algerien, Marokko und Tunesien, so der CSU-Innenpolitiker weiter.

„Wir sollten uns keinen Illusionen hingeben“, warnt Frieser. „Wenn die Grünen nicht vernünftig werden, wird die Zahl genauso schnell wieder ansteigen. Und die Zahlen der Schutzsuchenden, die tatsächlich aus Kriegsgebieten und vor Verfolgung zu uns fliehen wird ebenfalls nicht nachlassen.“