Bei akuter Terrorgefahr müssen sie ran: SEK-Beamte – hier bei einem Einsatz mit Polizeihunden in Berlin. (Foto: Markus Heine/imago)
Innenministerkonferenz

Bayern will Schleierfahndung in ganz Deutschland

Nach den islamistischen Terroranschlägen in Frankreich und den USA suchen die deutschen Innenminister nach besseren Vorbeugemaßnahmen. Während Bundesinnenminister de Maizière die Bürger aufruft, radikalisierte Nachbarn und Verwandte der Polizei zu melden, will Bayerns Innenminister Herrmann die Schleierfahndung auf ganz Deutschland ausweiten. IMK-Chef Bouillon (CDU) will die Geheimdienste stärken.

Nach den jüngsten Anschlägen in den USA und Frankreich hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) die Bevölkerung zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen. „Wir müssen uns inzwischen sowohl auf Einzelattentate als auch auf gemischte Anschläge wie in Paris und international koordinierte Terroranschläge vorbereiten, nicht mehr nur auf eines dieser Szenarien“, sagte de Maizière der Rheinischen Post.

In der Bevölkerung sei eine erhöhte Achtsamkeit nötig, „wenn sich Familienangehörige, Nachbarn oder Freunde radikalisieren“, betonte de Maizière. „Das muss Teil unserer Sicherheitsarchitektur sein. Solche Hinweise an die Behörden sind unverzichtbar für die Vereitelung von Terroranschlägen.“ Die Radikalisierung erfolge nicht nur im Internet, sondern beginne regelmäßig auch im persönlichen Umfeld der Menschen.

De Maizière nahm in Paris an einer Schweigeminute für die jüngsten Terroropfer teil. Anschließend reiste er zum dreitägigen Treffen der deutschen Innenministerkonferenz (IMK) im saarländischen Perl-Nennig, wo ebenfalls der Kampf gegen den Terrorismus im Mittelpunkt stand.

Bayern will Schleierfahndung auf ganz Deutschland ausdehnen

Kurz vor Beginn der IMK kündigte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) an, die Staatsregierung werde einen neuen Anlauf für die Ausdehnung der Schleierfahndung auf ganz Deutschland starten. Die Schleierfahndung sei wichtig bei der Bekämpfung von Einbruchdiebstählen und Drogenkriminalität, sagte Herrmann. „Wir wollen auch den Bewegungsspielraum von Terroristen einschränken.“

Vor einem Jahr hätten die Innenminister von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz das ausdrücklich abgelehnt, kritisierte Herrmann. „Wir werden das jetzt wieder einbringen“, sagte der CSU-Politiker. „Wenn das Risiko von Einbruchdiebstählen beispielsweise in NRW sechsmal so hoch ist wie in Bayern, kann man mir nur schwer erklären, warum man sagt: Bei uns braucht’s keine Schleierfahndung.“

Innenminister wollen Verfassungsschutz und Geheimdienste stärken

Der Vorsitzende der IMK, Klaus Bouillon (CDU), forderte eine Stärkung von Verfassungsschutz und Geheimdiensten. Die Sicherheitskräfte hätten bislang immer noch zu wenig Einblick in „die inneren Zirkel“ terroristischer Kreise, sagte der saarländische Ressortchef dem SWR. Nötig sei auch eine bessere Vernetzung über Grenzen hinweg: Nur wenn es gelinge, internationale Informationen vorher zu bekommen, habe man eine Chance, Terrorakte zu verhindern.

In Deutschland habe es „noch nie ein so hohes abstraktes Gefährdungspotenzial, was Terrorismus, Islamismus, Salafismus und diese Dinge angeht“, gegeben. „Wir sind alle in Sorge“, so der IMK-Chef. Der Mord an einem Polizisten und dessen Ehefrau durch einen IS-Anhänger in Paris sei „bedrückend“, sagte Bouillon. „Wir müssen damit rechnen, dass solche Dinge leider Gottes auch irgendwann bei uns passieren.“ Fachleute gehen von 400 bis 500 gewaltbereiten Islamisten in Deutschland aus. „Teilweise werden sie überwacht, man kann sie aber nicht alle 24 Stunden überwachen“, so Bouillon.

dpa/wog