CSU-Chef Ministerpräsident Horst Seehofer. (Bild: Anja Schuchardt)
Bayerisches Kabinett

Klageschrift bleibt in der Schublade

Zwischen Bund und Bayern herrscht Einigkeit, zumindest was die Grenzkontrollen angeht. Dazu haben sich die Minister auf ein gemeinsames Konzept geeinigt. Die angedrohte Klage landet deshalb vorab "in der Schublade, kann aber jederzeit wieder herausgeholt werden". Zudem ist der Entwurf des Bayerischen Integrationsgesetztes beschlossen: Spracherwerb wird damit zur Pflicht.

Die Bundesregierung hat ihre Politik der offenen Grenzen letztlich aufgegeben. Das ist ein klarer Erfolg unserer bayerischen Position!

Winfried Bausback, Justizminister

Die Lage zwischen Staatsregierung und Kanzleramt hat sich wieder „entspannt“. Die angedrohte Klage beim Bundesverfassungsgericht wird zunächst nicht weiterverfolgt. Denn der Bund erklärt sich dazu bereit, Maßnahmen zu treffen um die Flüchtlingsströme einzugrenzen, falls sich wieder mehr Menschen auf den Weg machen sollten. Durch die dank Österreich faktische Schließung der sogenannten Balkanroute ist die Zahl neuer Flüchtlinge drastisch zurückgegangen.

Wir werden deshalb die Klage in die Schublade legen. Dort können wir sie aber jederzeit auch wieder herausholen.

Joachim Herrmann, Innenminister

Innenmininster Joachim Herrmann und Bundesinnenminister Thomas de Maizière einigten sich auf ein gemeinsames Konzept zur Sicherung der deutschen Grenzen. Der Bund ist bereit, die Grenzkontrollen zu verstärken.

Wir waren uns einig, dass die Personenkontrollen an den Binnengrenzen fortgeführt werden müssen, bis ein wirksamer Schutz der EU-Außengrenzen gewährleistet ist und damit entscheidende Verbesserungen für die Innere Sicherheit in Europa erreicht sind.

Joachim Herrmann, Innenminister

Italien in der Pflicht

Die Bundespolizei setzt die Binnengrenzkontrollen fort – auch um weiterhin Zurückweisungen an der Grenze durchführen zu können. Bundespolizei und Bayerische Polizei stimmen sich dabei ab, um durch den Einsatz bayerischer Schleierfahnder mögliche Sicherheitsdefizite zu vermeiden. Es ist möglich, dass sich andere Migrations- und Schleusungsrouten entwickeln. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Italien-Route zu. Deshalb sei es auch wichtig, so Herrmann, dass Italien seinen Verpflichtungen aus dem Dublin-Abkommen nachkommt. Bayern und der Bund sind sich einig, dass die trilateralen Streifen von Italien, Österreich und Deutschland in den grenzüberschreitenden Zügen unter Mitwirkung der Bayerischen Polizei verstärkt werden.

Ende für „Politik des Durchwinkens“

Konsequenterweise werde auch weiterhin jedem die Einreise nach Deutschland verweigert, der kein Visum besitzt und Deutschland als Transitland für ein Asylbegehren in einem anderen EU-Mitgliedstaat nutzen will.

Die ‚Politik des Durchwinkens‘ ist weder EU-rechtskonform noch eine taugliche Lösung der Flüchtlingskrise, sondern trägt im Gegenteil zu ihrer Verschärfung bei.

Joachim Herrmann, Innenminister

Die EU-Mitgliedstaaten mit Schengen-Außengrenzen insbesondere in Südost- und Südeuropa müssten ihre Kontrollstandards erheblich verbessern. So setzen der Bund und Bayern sich für die Einführung eines Europäischen Ein- und Ausreiseregisters ein. Die Registrierung aller ankommenden Migranten müsse nach dem Prinzip „one man – one date “ („eine Person – ein Datensatz“) erfolgen. „Die EU muss verhindern, dass zum Beispiel Terroristen mit verschiedenen Identitäten durch halb Europa vagabundieren“, betonte Joachim Herrmann.

Leitkultur statt Scharia

Um die Integration weiter voran zu bringen, hat das Kabinett den Entwurf für ein Bayerisches Integrationsgesetz beschlossen.

Wir werden der Integration durch unsere Leitkultur eine Richtung geben. Den hier geltenden Regeln soll entsprochen und mit Respekt begegnet werden.

Marcel Huber, Staatskanzleiminister

Das Integrationsministerium hat 225 Verbände aus allen gesellschaftlichen Bereichen angehört. Auch 110 Mitglieder des Bayerischen Integrationsrates waren beteiligt. Laut Integrationsministerin Emilia Müller haben 68 Rückmeldungen gezeigt, dass die Mehrzahl der Verbände die Initiative für ein Integrationsgesetz begrüße.

Mit dem Entwurf des Bayerischen Integrationsgesetzes bekennt sich Bayern zu seiner Verantwortung und bietet Unterstützung zur Integration, verlangt zugleich jedoch den aktiven Integrationswillen der Migranten. Der Gesetzentwurf für ein bayerisches Integrationsgesetz wird nun dem bayerischen Landtag zur parlamentarischen Behandlung zugeleitet. Es enthält unter anderem folgende Themen:

Entwurf des Bayerischen Integrationsgesetztes

1. Leitkultur

Das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft und sozialer Erfahrung sowie mit verschiedenen ethnischen, kulturellen und religiösen Prägungen braucht Regeln. Regeln, die alle kennen, die für alle gelten und die von allen als nicht verhandelbar anerkannt werden. Deshalb steht das Bekenntnis zur Leitkultur, also zur identitätsbildenden Prägung unseres Landes, auch als Präambel am Anfang des Gesetzes.

2. Das Erlernen der deutschen Sprache

Nur wer deutsch spricht, kann sich vollwertig in die Gesellschaft integrieren und erfolgreich am Arbeitsleben teilhaben. Deshalb wird beim Spracherwerb möglichst frühzeitig angesetzt. Bereits im 5. Lebensjahr sollen die Deutschkenntnisse der Kinder überprüft werden. Wenn nötig, wird ein Vorkurs Deutsch angeboten. Eltern, die sich der Sprachstandserhebung ihres Kindes verweigern, begehen eine Ordnungswidrigkeit. Außerdem gilt: Wer lange genug Zeit hatte, Deutsch zu lernen, es aber nicht getan hat, der muss künftig einen Dolmetscher selbst zahlen, wenn er im behördlichen Verkehr noch einen braucht.

3. Landesleistungen

Sie erhält künftig nur, wer sich eindeutig identifizieren lässt, z. B. über seinen Pass. Einem missbräuchlich mehrfachen Leistungsbezug aufgrund Mehrfachidentitäten soll so wirksam begegnet werden.

4. Eine ausgewogene Siedlungs- und Bewohnerstruktur

Die Bildung von Ghettos soll vermieden werden. Weiter soll verhindert werden, dass besonders bevorzugte Kommunen in ihrer Integrationsfähigkeit überfordert werden. Deshalb wird über die Vergabe von Sozialwohnungen künftig auch eine ‚Strukturkomponente‘ entscheiden. Danach wird neben der Dringlichkeit auch die Bewohnerstruktur im Umkreis berücksichtigt. Ferner ist bereits jetzt eine Verordnungsermächtigung für eine vom Bundesgesetzgeber noch zu schaffende Verteilungsmöglichkeit von anerkannten Flüchtlingen vorgesehen.

5. Die Achtung unserer Rechts- und Werteordnung

Wer unsere Rechts- und Werteordnung missachtet, muss an einem „Grundkurs“ darüber teilnehmen, ansonsten riskiert er ein Bußgeld.

6. Das Verbot, die verfassungsmäßige Ordnung zu unterlaufen

Wenn z.B. radikale Imame die Scharia durchsetzen wollen und unsere verfassungsmäßige Ordnung bekämpfen, droht ihnen ein empfindliches Bußgeld. Denn hier geht es um die Grundfeste der staatlichen Ordnung.

7. Öffentliche Einrichtungen

Die Kommunen erhalten – ausgehend von den Negativerfahrungen vieler Kommunen bei der Nutzung von Frei- und Hallenbädern – die Möglichkeit, den Zutritt zu ihren öffentlichen Einrichtungen – also Schwimmbad, Bücherei, Stadion etc. – von einer vorherigen Belehrung über die dort einzuhaltenden Regeln abhängig zu machen, wenn sie vermuten, dass diese dem ausländischen Nutzer nicht bekannt sind.

8. Der Integrationsbeauftragte und der Bayerische Integrationsrat

Das Gesetz verankert ausdrücklich das Amt des Integrationsbeauftragten und den Bayerischen Integrationsrat.