Wie lassen sich die vielen muslimischen Flüchtlinge integrieren? Darüber debattiert nicht nur die CSU intensiv. (Bild: Imago/Christian Ohde)
Positionspapier

„Die christlich-abendländische Kultur hat Vorrang“

"Zu einer gelingenden Integration gehört die kritische Auseinandersetzung des Islams mit sich selbst", sagt der Vorsitzende des CSU-Arbeitskreises Migration, Ozan Iyibas. Dabei sieht der türkischstämmige Politiker besonders die deutschen Islamverbände in der Pflicht. Von ihnen fordert er mehr Dialogbereitschaft - und stellt fest: Bei uns sind Religionen gleichartig, aber nicht gleichrangig.

Welcher Islam gehört zu Deutschland? Mit dieser Frage hat sich der CSU-Arbeitskreis „Migration und Integration“ (AK MIG) in den vergangenen Monaten beschäftigt. Jetzt hat der Vorsitzende des Arbeitskreises, der oberbayerische CSU-Politiker Ozan Iyibas, ein Positionspapier zu diesem Thema veröffentlicht – und dabei besonders die Islamverbände beim Thema Integration in die Pflicht genommen.

Iyibas: Muslime müssen sich bewegen

Durch den ständigen Zuzug muslimischer Menschen nach Deutschland werde sich der hiesige Islam verändern, heißt es in dem Papier, das dem BAYERNKURIER exklusiv vorliegt. Die Moscheen hierzulande seien bislang hauptsächlich türkisch geprägt gewesen – jetzt aber würden sie zunehmend arabischer und afrikanischer. Hinzu kommt, so schreiben Iyibas und seine Vorstandskollegen, die steigende Radikalisierung einiger Muslime, die keine Flüchtlinge, sondern in Deutschland geboren und aufgewachsen seien. Hier will der AK MIG die Islamverbände stärker in die Pflicht nehmen: Nach christlich-abendländischem Verständnis sei eine Koexistenz verschiedener Religionen „nötig und möglich“, heißt es in dem Papier. Dies gelte gerade für Muslime, die hier leben wollen.

Religionen sind zwar gleichartig, aber nicht gleichrangig

„Keine Religion hat sich über die andere zu erheben“, stellt Ozan Iyibas fest. Gleichzeitig betont der AK MIG-Vorsitzende aber auch, die deutsche Wertekultur gehe „über das Grundgesetz hinaus“. Sie basiere auf Aufklärung und Humanismus und der christlich-abendländischen Kultur sowie den daraus gewachsenen Traditionen und Bräuchen. Daher müsse auch ein europäisch geprägter Islam anerkennen, dass Religionen „zwar gleichartig, aber nicht gleichrangig“ seien. Heißt im Klartext: Ein europäischer Islam hat in den Augen von Ozan Iyibas in jedem Fall eine Daseinsberechtigung – muss aber auch akzeptieren, dass „unsere Geschichte die der christlich-abendländischen“ sei. „Dieser werden wir weiterhin Vorrang einräumen – und hinter dieser wird der Islam zurücktreten müssen.“

Islamverbände sollen mehr leisten

Damit sich diese Erkenntnis unter den Muslimen durchsetzt, müssten die Islamverbände in diesem Sinne einwirken, sagt Iyibas. Die Verantwortlichen müssten mit den „eigenen“ Gläubigen in den Dialog treten, Aufklärungsarbeit leisten und somit einer eventuellen Radikalisierung vorbeugen. Aus den Verbänden komme oft die Beteuerung, der Islam sei eine friedliche Religion, und der Islamismus habe damit nichts zu tun, stellt der AK MIG-Chef fest. „Es ist gerade die Aufgabe der Gelehrten und Verbände, den Gläubigen ein Leben zu ermöglichen, in dem sie ihre Religion leben und entfalten können. Und dies nach einem europäischen und nicht morgenländischen Verständnis.“ Zusätzlich – so steht es in dem Positionspapier des Arbeitskreises – müssten die Islamverbände auch Aufklärungsarbeit gegenüber Nicht-Muslimen leisten, und Antworten zu vielen Fragen geben. Dazu zählen etwa die Stellung der Frau, die Frage nach Ehrenmorden und Parallelgesellschaften. Ohne die Verbände werde es nicht gehen, betont Iyibas. „Die Islamverbände sind mitunter der zukünftige Schlüssel für eine Lösung.“

Die Islamverbände sind mitunter der zukünftige Schlüssel für eine Lösung.

Ozan Iyibas

Aktuell sehe er jedoch „einen eher weiten Weg“ zur Lösung. „Die Islamverbände dürfen nicht als politische Organisationen auftreten, sondern sollten ihre Aufgabe darin sehen, die Religionsgemeinschaft zu organisieren und strukturieren“, fordert Iyibas. Des Weiteren sollten sie sich nach Ansicht des CSU-Mannes dafür verantwortlich fühlen, all jenen Muslimen, die neu in unserem Land sind, ein Sinnangebot zu geben. „In einem fremden Land mit anderen Strukturen ist der Glaube, zumindest am Anfang, das einzige, was verbindendes Merkmal ist. Sie sollten schnellstmöglich in die Verbände integriert werden.“

Gerade die salafistische Szene, die moderne Medien nutze, die Sprache der Jugend spreche und daher ein zielgerichteteres Angebot biete, sei hier sehr aktiv. Gerade Jugendliche ohne religiöse Erziehung und Bildung seien besonders empfänglich für diese Botschaften. Dass der Salafismus sektenähnlich agiere, generiere Abhängigkeit und liefere den Jugendlichen das bereits genannte Sinnangebot.

„Der Islam muss deutsch sprechen“

Auf einen weiteren Punkt legt Iyibas Wert: Der Islam sollte hierzulande „deutsch sprechen“. Dies habe nicht nur Vorbildcharakter, sondern zeige auch, dass die deutsche Sprache die Grundlage für das Zusammenleben und eine gelingende Integration sei. „Kinder und Jugendliche dürfen ihren Alltag und den Islam nicht weiterhin als geteilte Welten wahrnehmen“, betont der CSU-Mann. Dem oft geäußerten Wunsch, dem Islam einen Status als Körperschaft in Deutschland zu gewähren, erteilt der AK MIG bis auf Weiteres eine Absage.

Umgang mit dem Islam „zentrales Thema innerhalb der CSU“

Der Umgang mit dem Islam und den damit verbundenen Herausforderungen wird nicht nur innerhalb des zuständigen Arbeitskreises, sondern in der gesamten CSU debattiert. Zurecht, wie Ozan Iyibas betont – denn das Thema sei für die Zukunft Bayerns und Deutschlands von immenser Bedeutung. Aktuell lebten etwa. 4,5 Millionen Muslime in Deutschland – davon seien zwei Drittel türkischer Abstammung, sagt der CSU-Politiker. „Durch die Flüchtlingsherausforderung wird der Anteil der Muslime in den nächsten Jahren steigen. Der ’neue‘ Islam, den die Flüchtlinge aus ihren Heimatländern mitbringen, ist arabisch-afrikanisch geprägt und vertritt andere Wertvorstellungen, die teilweise mit den in Bayern und Deutschland vorherrschenden nicht vereinbar sind.“

Damit die Probleme mit dem Islam hierzulande auch konkret angegangen werden können, schlägt Ozan Iyibas den Ausbau von Verträgen und Abmachungen mit den muslimischen Religionsgemeinschaften in Deutschland vor. Denn „den Islam“ als Ansprechpartner gibt es in Deutschland – im Gegensatz etwa zu den österreichischen Nachbarn – bislang nicht. Hierzulande existieren beispielsweise Verträge zwischen Bundesländern und Religionsgemeinschaften – etwa zu Bestattungsriten. Diesen Weg, so Iiybas, solle man konsequent weiter gehen.