Die baden-württembergische CDU will mit den Grünen die Möglichkeit einer gemeinsamen Regierung ausloten. Der Landesvorstand entschied am Abend in Stuttgart, mit der Partei von Ministerpräsident Winfried Kretschmann in Sondierungen einzutreten, wie Sprecher Andreas Mair am Tinkhof nach der Sitzung sagte. Die CDU wolle den Grünen vorschlagen, bereits am Gründonnerstag noch zu einer Runde vor Ostern zusammenzukommen. Für die Entscheidung zu Gesprächen mit den Grünen gab es dem Sprecher zufolge lediglich eine Gegenstimme. Zuvor hatte bereits die von Spitzenkandidat Guido Wolf geführte Landtagsfraktion für Sondierungen mit den Grünen gestimmt.
Wie Fraktionschef Wolf bereits nach der Fraktionssitzung sagte, wäre die Alternative zu Gesprächen mit den Grünen nur Neuwahlen. Doch die Fraktion sei sich einig darüber, dass es dazu nicht kommen dürfe. Dem Vernehmen nach denkt die CDU-Landesspitze über ein Mitgliedervotum über einen möglichen Koalitionsvertrag nach. In der vergangenen Woche hatte es ein erstes Sondierungsgespräch gegeben.
CDU-Positionen nur mit Geschlossenheit
In die Gespräche mit den Grünen will die CDU mit einem achtköpfigen Team gehen. Komme es zu Koalitionsverhandlungen, werde der Kreis noch erweitert, sagte Mair am Tinkhof. Er betonte zugleich, es gehe der CDU nicht um eine Koalition um jeden Preis, sondern sie wolle auch einen wesentlichen Teil ihrer Inhalte umsetzen.
Zuvor hatte der CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl klargestellt, dass die weiteren Gespräche mit den Grünen von CDU-Fraktionschef Guido Wolf geführt werden. „Dass Guido Wolf die Fraktion in den Verhandlungen als ihr Vorsitzender vertritt, ist selbstverständlich“, so Strobl weiter. Die weiteren Gespräche müssten nun gemeinsam von Partei und Fraktion vorangetrieben werden. Strobl und Wolf betonten in einer gemeinsamen Erklärung, es gehe darum, möglichst viele CDU-Positionen durchzusetzen. „Das geht nur geschlossen und deshalb müssen die Personaldebatten nun ein Ende haben“, so Strobl und Wolf.
Bei der Landtagswahl am 13. März waren die Grünen mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann erstmals stärkste Kraft in einem Bundesland geworden. Grün-Schwarz ist die einzige verbliebene Möglichkeit, in Baden-Württemberg eine stabile Regierung zu bilden. Theoretisch mögliche Dreierbündnisse haben sich zerschlagen. Die SPD will nicht mit der CDU, die FDP nicht mit den Grünen koalieren.
Krachende Niederlage setzte Wolf unter Druck
Nach der krachenden Niederlage der CDU vom 13. März, als die CDU-Faktion von 39,0 auf 27,0 Prozent abstürzte und damit hinter die Grünen (30,3 Prozent) zurückfiel – die Fraktion schrumpfte um ein Drittel von 58 auf 40 Abgeordnete – war Spitzenkandidat Wolf stark unter Druck geraten. Ein CDU-Kreisvorsitzender und ein JU-Bezirksverband hatten seinen Rückzug gefordert. Doch diese Wogen haben sich geglättet – auch deshalb, weil Wolf sehr rasch nach der Landtagswahl sich mit 81 Prozent im Amt des Fraktionschefs hatte bestätigen lassen.
Allerdings könnte eine grün-schwarze Koalition die CDU Baden-Württemberg vor eine existenzielle Zerreißprobe stellen. Man hatte sich im Wahlkampf stark am grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann abgearbeitet, und die Grünen keilten entsprechend deutlich zurück. Eine grün-schwarze Koalition könnte das Flügelschlagen in der Südwest-CDU verstärken, denn der konservative Teil der Christdemokraten wird sich nur schwer mit den Grünen anfreunden können. Insofern wäre ein Mitgliedervotum nach Abschluss der Verhandlungen nicht nur ein gutes Druckmittel, um möglichst viele CDU-Positionen durchzusetzen (nach dem Vorbild der SPD im Bund 2013), sondern auch eine Möglichkeit, einer Spaltung entgegenzuwirken.
Größere sachliche Differenzen gibt es vor allem:
- in dem unter Grün-Rot vernachlässigten Bereich der inneren Sicherheit, wo die CDU mindestens 1500 zusätzliche Polizisten fordert,
- der bisher sehr schleppenden Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern,
- der allzu großzügigen Ausgabenpolitik unter Grün-Rot sowie
- der grün-roten Bildungsreform mit der äußerst umstrittenen Genderisierung und Frühsexualisierung schon in Kindergarten und Grundschule. Dieses Projekt hatte größere Proteste von Familien in Stuttgart mit mehreren tausend Teilnehmern ausgelöst.
dpa/FAZ/wog
