Alle Werbung für die Briefwahl nützte am Ende nichts: Die Wahlbeteiligung in Hessen blieb schwach, in Frankfurt sogar auf einem Minusrekord. (Foto: Ralph Peter/imago)
Kommunalwahl

Protestwahl in Hessen

Die Flüchtlingskrise schlägt bis in die hessische Kommunalwahl durch: Die Grünen sind klarer Verlierer der Wahl, jeder dritte Wähler kehrt ihnen den Rücken. Aber auch CDU und SPD erleiden Einbußen. Die AfD wird landesweit drittstärkste Kraft, obwohl sie gar nicht flächendeckend angetreten war. Schwarz-Grün in Frankfurt ist am Ende. Was bedeutet das für die drei Landtagswahlen in einer Woche?

Die Flüchtlingskrise sorgt bei der Kommunalwahl in Hessen für ein politisches Erdbeben: Die Grünen verlieren jeden dritten Wähler und rutschen von 18,3 Prozent um volle 6,7 Punkte auf 11,6 Prozent ab. Die CDU verlor landesweit um 5,5 Punkte auf 28,2 Prozent. Damit bleiben die Christdemokraten knapp stärkste Kraft vor der SPD, die nach Verlusten von 3,5 Punkten nur noch 28,0 Prozent holt.

Die AfD wird aus dem Stand drittstärkste Kraft: Mit 13,2 Prozent überholt die rechtspopulistische Protestpartei locker die Grünen. Und das, obwohl die AfD gar nicht in allen Kommunen angetreten war. „Wer sie wählen konnte, tat das geradezu begierig. So liefert diese hessische Kommunalwahl als Protestwahl einen Vorgeschmack auf die Landtagswahlen am kommenden Sonntag“, kommentiert die FAZ.

Bouffier identifiziert Bundesregierung als Grund

Dabei handelt es sich vorläufig nur um ein Trendergebnis, bei dem nur die unverändert angekreuzten Listen gezählt wurden. Das endgültige Ergebnis liegt wegen des komplizierten Wahlrechts frühestens am Dienstag vor. Die Wahlbeteiligung betrug 48 Prozent und war damit kaum höher als vor fünf Jahren (47,7 Prozent).

Hessens CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier machte die Uneinigkeit der Bundesregierung in der Flüchtlingspolitik für das schwache Ergebnis von CDU und SPD mitverantwortlich. „Der Streit in der großen Koalition in Berlin war mit Sicherheit nicht förderlich“, sagte Bouffier. In der Woche vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt könne er nur raten, die Differenzen beizulegen. „Wir müssen vor allem in der Bundespolitik viel deutlicher machen, dass wir an der Lösung der Probleme arbeiten, nicht an der Beschreibung.“

  • In Hessens größter Stadt Frankfurt am Main ist die bisherige schwarz-grüne Rathauskoalition nach zehn Jahren am Ende. Die CDU sinkt von 30,5 auf 24,6 Prozent, die SPD gewinnt geringfügig auf 23,5 Prozent. Die Grünen stürzen beispiellos ab: Sie erhielten nur noch 15,2 Prozent – ein sattes Minus von 10,6 Prozentpunkten gegenüber dem Ergebnis von 2011 (25,8 %). Die AfD brachte es auf 10,3 Prozent. Die Wahlbeteiligung war in Frankfurt mit 37,3 Prozent besonders niedrig.
  • In der Landeshauptstadt Wiesbaden ist die AfD drittstärkste Kraft – mit 16,2 Prozent und und damit hinter SPD (24,3 Prozent) und CDU (23,2 Prozent). Bisher stellte die CDU die größte Fraktion im Wiesbadener Stadtrat.
  • Im nordhessischen Kassel bleibt die SPD mit 30,3 Prozent stärkste Kraft, gefolgt von CDU (20,6 Prozent) und Grünen (17,0 Prozent), die AfD kommt auf 12,2 Prozent.
  • Im südhessischen Darmstadt werden die Grünen mit 31,6 Prozent stärkste Fraktion, gefolgt von der CDU (18,0 Prozent) und der SPD (14,8 Prozent). Beide Volksparteien erleiden hier Verluste von über sechs Prozentpunkten. Die AfD ist in Darmstadt viertstärkste Kraft.
  • Im nordhessischen Bad Karlshafen erzielte die AfD ihren größten Erfolg. Die Partei kam aus dem Stand auf 22,3 Prozent und lag damit zwar hinter den Freien Wählern (38,3), aber vor SPD (22,1) und CDU (17,2).
  • Im einzigen Wahlkreis, in dem die AfD nicht angetreten war, profitierte die NPD. Die rechtsextreme Partei erzielte im mittelhessischen Büdingen mehr als 14 Prozent (plus 12). Die 21.000-Einwohner-Stadt hat eine der größten Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge des Landes.

dpa/FAZ/SPON/wog