Der Finanzbedarf steigt
Mehrere SPD-Bundesminister geben jetzt das zu, wovor die CSU schon seit Monaten warnt: Die Kosten für die millionenfache Einwanderung von Asylbewerbern sind wesentlich höher als erwartet. Nach Sozialministerin Nahles, die 500 Millionen mehr für die Integration verlangt, meldet sich nun Bauministerin Hendricks mit der Forderung nach 1,3 Milliarden Euro für neue Wohnungen.
Flüchtlingskrise

Der Finanzbedarf steigt

Mehrere SPD-Bundesminister geben jetzt das zu, wovor die CSU schon seit Monaten warnt: Die Kosten für die millionenfache Einwanderung von Asylbewerbern sind wesentlich höher als erwartet. Nach Sozialministerin Nahles, die 500 Millionen mehr für die Integration verlangt, meldet sich nun Bauministerin Hendricks mit der Forderung nach 1,3 Milliarden Euro für neue Wohnungen.

Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) fordert angesichts des Zustroms von Flüchtlingen pro Jahr 1,3 Milliarden Euro zusätzlich für Wohnungsbau und Stadtentwicklung. „Ich will verhindern, dass es zu Konkurrenz zwischen Einheimischen und Flüchtlingen auf dem Wohnungsmarkt kommt“, sagte Hendricks in einem Interview.

Eine Milliarde Euro Bundesmittel zusätzlich für den sozialen Wohnungsbau und 300 Millionen für die soziale Stadtentwicklung seien nötig, um die Aufgabe zu bewältigen. „In den Städten und Gemeinden entscheidet sich, ob Integration gelingt“, sagte Hendricks. Bezahlbare Wohnungen für alle seien dafür eine zentrale Voraussetzung. Die zusätzlichen Mittel sollten von 2017 an drei Jahre lang fließen und sind bereits beim Bundesfinanzministerium beantragt.

Tags zuvor hatte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (ebenfalls SPD) rund eine halbe Milliarde Euro mehr für Ein-Euro-Jobs und die Jobmarkt-Integration für Flüchtlinge gefordert. Aus den bereits bereitstehenden Mitteln für Langzeitarbeitslose wolle sie die zusätzlichen Aufgaben keinesfalls finanzieren, sagte Nahles. „Wir können das Geld nicht bei den Langzeitarbeitslosen wegnehmen. Sonst entsteht ein Verdrängungswettbewerb, der Ängste schürt, statt sie abzubauen“, sagte Nahles.

CSU prognostiziert schon seit Monaten eine Kostenexplosion

Damit dringt bei SPD-Bundesministern erstmals die Erkenntnis durch, dass die CSU und zwei führende Wirtschaftsverbände recht gehabt haben könnten mit der frühzeitigen Warnung vor wesentlich höheren Kosten der Flüchtlingskrise. Erst Ende Januar wiederholte Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) die Forderung nach einer größeren Beteiligung des Bundes an den Flüchtlingskosten, weil diese aus dem Ruder zu laufen drohen. Leider wurden diese Warnungen in Berlin lediglich als bayerisches Querulantentum und der übliche Versuch der CSU verstanden, Druck auf Kanzlerin Merkel auszuüben.

So sagte Söder Ende Januar, die Unterbringung der Migranten sei deutlich teurer als bisher angenommen. „Deswegen muss der Bund nachsteuern, und zwar sowohl bei den Kommunen als auch bei den Ländern.“ Der CSU-Politiker verlangte für den Freistaat 1,5 Milliarden Euro und für dessen Kommunen mindestens 500 Millionen Euro. „Der Bund muss einfach den Großteil der Kosten übernehmen. Das können Länder und Kommunen nicht selber schultern.“ Der Bund hatte den Ländern zuvor zur Bewältigung der Flüchtlingskosten für 2015 und 2016 insgesamt rund sechs Milliarden Euro zugesagt.

Schäuble warnt vor dramatischem Schuldenanstieg

Das Wirtschaftsforschungsinstitut IW Köln hatte beinah gleichzeitig vor Flüchtlingskosten für Deutschland von insgesamt 50 Milliarden Euro bis Ende 2017 gewarnt. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft bezifferte die Kosten sogar auf 55 Milliarden (der Bayernkurier berichtete).

Angesichts dieser Entwicklung hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ein drastisches Bild der deutschen Staatsfinanzen entworfen. Wie das Handelsblatt unter Berufung auf den aktuellen Tragfähigkeitsbericht schreibt, rechnet das Finanzministerium im ungünstigsten Fall mit einem Anstieg der Staatsverschuldung bis 2060 auf rund 200 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das sei mehr als die aktuellen Schuldenquote Griechenlands und fast das Dreifache der gegenwärtigen Verschuldung Deutschlands.

Sollte der Staat nicht eisern sparen, „drohen langfristig griechische Verhältnisse“, heißt es demnach in dem Bericht. Die Analyse aus dem Finanzministerium soll am kommenden Mittwoch dem Bundeskabinett vorgelegt werden. Im Tragfähigkeitsbericht untersucht das Ministerium regelmäßig verschiedene Szenarien, die für die Staatsfinanzen maßgebend sind – wie etwa die Wirtschafts-, die demografische und aktuell auch die Flüchtlingsentwicklung.

dpa/wog