Die fünf Wirtschaftsweisen Volker Wieland, Isabel Schnabel, Lars P. Feld, Christoph M . Schmidt (Vorsitzender) und Peter Bofinger (v.l.n.r.) schlagen vor, arbeitssuchende Flüchtlinge von Beginn an als langzeitarbeitslos zu betrachten. Dann müssten ihnen Arbeitgeber keinen Mindestlohn bezahlen. Bild: Imago/IPON
Flüchtlingskosten

ifo fordert Abschaffung des Mindestlohns

Die Summe ist gewaltig: Auf gut 21 Milliarden Euro schätzt das Münchner ifo Institut die Kosten für die Flüchtlinge, die Deutschland allein 2015 aufbringen muss. Weil viele Asylbewerber schlecht ausgebildet sind, fordert das Institut die sofortige Abschaffung des Mindestlohns; und zwar nicht nur für Flüchtlinge. Ähnlich äußern sich die fünf Wirtschaftsweisen.

Bei den schwindelerregenden Zahlen, die die Ökonomen nennen, kommt einem in diesen Tagen immer wieder das Lied von Jupp Schmitz aus dem Jahr 1949 in den Sinn: „Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld … ?“ Die Zuwanderung wird Deutschland in diesem und in den nächsten Jahren ein tiefes Loch in die Kassen reißen. Das ifo Institut geht in seiner Schätzung davon aus, dass bis Jahresende 1,1 Millionen Menschen in die Bundesrepublik flüchten werden. Das wird den Staat demnach 2015 insgesamt 21,1 Milliarden Euro kosten. In einer früheren Rechnung hatte das Institut Kosten von zehn Milliarden Euro für 800.000 Flüchtlinge veranschlagt. Darin enthalten waren aber nur Aufwendungen für Unterbringung und Ernährung. In die neue Berechnung mit mehr Asylbewerbern fließen jetzt auch die Kosten für Kitas, Schulen, Deutschkurse, Ausbildung und Verwaltung mit ein.

Viele Flüchtlinge nur als Hilfsarbeiter potentiell verwendbar

Das ifo Institut weist darauf hin, dass viele Flüchtlinge schlecht ausgebildet sind. Mehr als 40 Prozent von dem Institut befragte Industrie-Unternehmen halten die Asylbewerber demnach nur als Hilfsarbeiter potentiell verwendbar. Auf dem Bau (West) und im Handel (West) seien es knapp unter 40 Prozent. Im Osten sieht es nicht besser aus. Im Schnitt aller Branchen des verarbeitenden Gewerbes halten laut ifo Institut 29 Prozent der Unternehmen den Mindestlohn für ein bedeutsames Hindernis bei der Einstellung von Flüchtlingen. Im Osten sind es im Handel und am Bau sogar 60 Prozent.

Mindestlohn setzt falsche Anreize

Das Institut fordert daher „den Mindestlohn abzuschaffen“. Und zwar „nicht nur für Flüchtlinge, wenigstens aber für alle jungen Arbeitnehmer ohne Qualifikation“, heißt es. Flüchtlinge sollten sofort arbeiten dürfen und parallel Deutschkurse belegen. In eine ähnliche Richtung ging bereits vor einigen Wochen die Forderung des Bayerischen Industrie- und Handelskammertages (BIHK).

Die Ausnahmeregelung für Jugendliche bis 18 Jahren sollte auf 25 Jahre erweitert werden.

Peter Driessen

„Die im Mindestlohngesetz verankerte Ausnahmeregelung für Jugendliche bis 18 Jahren ohne Ausbildungsabschluss sollte auf 25 Jahre erweitert werden“, sagte BIHK-Hauptgeschäftsführer Peter Driessen. Es würden falsche Anreize gesetzt, weil es für Jugendliche kurzfristig attraktiver sei, eine mit Mindestlohn bezahlte Stelle anzutreten als eine Ausbildung zu beginnen. „Das gilt gleichermaßen jetzt für Flüchtlinge“, so Driessen bei der bayerischen Konjunkturpressekonferenz (der Bayernkurier berichtete).

Arbeitssuchende Flüchtlinge als Langzeitarbeitslose betrachten

Auch die fünf Wirtschaftsweisen haben sich in dieser Woche dagegen ausgesprochen, Flüchtlingen sofort den Mindestlohn zu bezahlen. Die renommierten Wirtschaftswissenschaftler schlagen dagegen vor, arbeitssuchende Flüchtlinge von Beginn an als langzeitarbeitslos zu betrachten. Dann müssten ihnen die Arbeitgeber keinen Mindestlohn bezahlen. Die Ausnahme vom Mindestlohn könnte von sechs Monaten auf ein Jahr ausgedehnt werden, schlagen die fünf Weisen vor. Gleiches gelte für Praktika. Zudem könnte ein nach Alter gestaffelter Mindestlohn für junge Erwachsene die Einstiegshürde senken.