Technische Raffinesse: Tausende Einzelspiegel bündeln die Strahlungsenergie der Sonne und leiten sie an die Spitze eines 240 Meter hohen Turms. (Bild: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt)
Marokko

„Ein Vorbild für Afrika“

Es wird die Ausmaße von 4200 Fußballfeldern haben und 1,3 Millionen Menschen mit Energie versorgen: In Marokko entsteht das größte Sonnenkraftwerk der Welt. Die Arbeiten, an denen auch bayerische Firmen beteiligt sind, kommen voran. 350.000 Marokkaner erhalten bereits Strom aus der Wüste. Bund und KfW helfen bei der Finanzierung. Weitere 60 Millionen Euro Kredite wurden jetzt bewilligt.

„Was in der marokkanischen Wüste mit deutscher Unterstützung und deutschem Knowhow entstanden ist, zeigt: Gemeinsam können wir den Klimawandel stoppen“, sagte Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) diese Woche in Marrakesch. Der Minister sicherte dort auf der Weltklimakonferenz in einem neuen Finanzierungsvertrag Marokko zusätzliche 60 Millionen Euro Kredite für den Ausbau des weltgrößten und modernsten Solarkraftwerks in Quarzazate zu. „Marokko vollzieht eine ehrgeizige Energiewende und ist damit Vorbild für Afrika“, lobte Müller. „Mit dem weiteren Ausbau des Solarkraftwerks in Quarzazate unterstützen wir Marokko auf diesem Weg und bauen unsere wirtschaftliche Zusammenarbeit aus“, freute sich der Minister über einen „technologischen Quantensprung“, der Deutschen und Marokkaner gemeinsam gelungen sei.

Bayerische Firma liefert Parabolspiegel

Das erste von insgesamt vier Kraftwerken, die die Titel „NOORo I-IV“ tragen, war zu Beginn dieses Jahres eingeweiht worden. 537.000 Parabolspiegel der Firma Flabeg aus Furth im Wald leiten die Sonnenstrahlen gebündelt auf Rohre. In ihnen zirkuliert eine Wärmeträgerflüssigkeit, die wiederum einen Wasserdampfkreislauf erhitzt, der eine herkömmliche Turbine antreibt. Sie erzeugt den Strom, der schon jetzt 350.000 Menschen mit Elektrizität versorgt. Der Clou: Ein Flüssigsalzspeicher des Kraftwerks spart die Sonnenenergie über Stunden auf. So kann auch abends Strom produziert werden, wenn in Marokko in vielen Dörfern und Städten das Leben erst so richtig erwacht.

Technische Raffinessen aus Deutschland

Die Arbeiten für die Bauabschnitte II und III wurden Mitte 2015 begonnen und sollen in den kommenden zwei Jahren abgeschlossen werden. Während „NOORo II“ nach demselben Prinzip funktionieren wird wie „NOORo I“, hat Teil III des Sonnenkraftwerks weitere technische Raffinessen deutscher Forscher und Ingenieure zu bieten: Tausende Einzelspiegel bündeln die Strahlungsenergie der Sonne und leiten sie an die Spitze eines 240 Meter hohen Turms. Die absorbierte thermische Energie wird dann über einen Dampfkreislauf an den angeschlossenen Kraftwerksblock weitergeben. Teil vier von „NOORo“ wiederum wird ein klassisches Photovoltaikkraftwerk, für das Deutschland nun die zusätzlichen 60 Millionen Euro Kredite bereitstellt.

Auch wenn der erzeugte Strom zunächst einmal den eigenen Bedarf des Landes decken soll, wird dieses Projekt den Traum beflügeln, eines Tages Solarstrom für die Energieversorgung Europas zu exportieren.

KfW-Entwicklungsbank

Bei der Entwicklungsbank, die im Rahmen der Deutschen Klima- und Technologieinitiative (DKTI) 324 Millionen Euro für „NOORo“ bereitstellt, richtet sich der Blick schon in Zukunft: „Auch wenn der erzeugte Strom zunächst einmal den eigenen Bedarf des Landes decken soll, wird dieses Projekt den Traum beflügeln, eines Tages Solarstrom für die Energieversorgung Europas zu exportieren“, heißt es von der KfW in Anlehnung an die vor Jahren gestartete Wüstenstrom-Initiative „Desertec“, die bekanntlich aus verschiedenen Gründen ins Stocken geraten ist. Marokko hält mit seinem Projekt die Vision davon am Leben.

Stromproduktion ist bereits wirtschaftlich

Der Umwelt leistet das Sonnenkraftwerk „NOORo“, das nach seiner Fertigstellung mit einer Leistung von 580 Megawatt so manches Kernkraftwerk in den Schatten stellen wird, einen großen Dienst. Laut KfW werden gegenüber der konventionellen Stromerzeugung jährlich mindestens 800.000 Tonnen CO2-Ausstoß vermieden. Das Land spare „durch das Anzapfen der unerschöpflichen Solarenergie“ überdies Devisen. „Bisher ist Marokko fast völlig abhängig vom Import fossiler Brennstoffe“, heißt es. Und was die Investoren besonders erfreut: Die Stromproduktion der solarthermischen Kraftwerke ist mittlerweile auch wirtschaftlich: Die Kosten sind laut Kfw in den vergangenen fünf Jahren um rund ein Drittel gefallen, die Kraftwerke in Quarzazate werden für durchschnittlich 12 Eurocent pro Kilowattstunde produzieren. Damit seien sie im Vergleich mit den gas- und ölbasierten Kraftwerken in Marokko, die ebenfalls kurzfristig bedarfsbezogen in den Abendstunden einsetzbar seien, „wettbewerbsfähig“.

Die Finanziers von „NOORo“

Alleine hätte Marokko die Investitions-Kosten in Höhe von rund 2,2 Milliarden Euro niemals stemmen können: Der deutsche Beitrag liegt mit den nun zusätzlich bewilligten 60 Millionen bei 890 Millionen Euro Krediten. In Auftrag gegeben wurden sie vom Bundesumwelt- und dem Bundesentwicklungsministerium. Daneben beteiligen sich die Europäische Kommission, die Europäische Investitionsbank, die Französische Entwicklungsbank, der Clean Technology Fund, die Afrikanische Entwicklungsbank, die Marokkanische Agentur für Solarenergie MASEN und ein privater Investor.