Von dem Gelände seiner Satellitenempfangsstation in Weilheim richtete das DLR den Laserstrahl auf den zehn Kilometer entfernten Gipfel des Hohen Peißenberg. (Bild: DLR)
Weltrekord im DLR

Per Laser in ein neues Internetzeitalter

Einen Weltrekord auf bayerischem Boden haben Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) aufgestellt. Per Laserstrahl transportierten sie so viele Daten wie nie zuvor, und das über eine Strecke von zehn Kilometern. Die Technik öffnet die Tür in ein neues Internet-Zeitalter

„Wir haben uns zum Ziel gesetzt, den Internetzugang mit hohen Datenraten auch außerhalb der Ballungsgebiete zu ermöglichen und wollen zeigen, wie dies mit Satelliten möglich ist“, erläutert Professor Christoph Günther die Hintergründe der langjährigen Forschungsarbeiten seines Kommunikations-Instituts im DLR-Zentrum in Oberpfaffenhofen bei München. Auf dem eingeschlagenen Weg feierten die bayerischen Wissenschaftler bereits etliche Erfolge, die weltweit Beachtung finden. Auch die amerikanische Weltraumbehörde Nasa zeigte sich bei ihren Besuchen im oberbayerischen Forschungszentrum ein ums andere Mal beeindruckt von der Laser-Übertragungstechnik, die sich „optische Freiraumkommunikation“ nennt.

Übertragung von 45 DVDs in einer Sekunde

Den jüngsten Clou feierte das Team des Instituts für „Kommunikation und Navigation“ vor gut einer Woche direkt vor seiner Haustür. Bereits im ersten Schritt habe man einen Rekord aufstellen können, heißt es voller Stolz aus Oberpfaffenhofen: Auf einer Strecke vom Zentrum ins benachbarte Hochstadt sei es weltweit zum ersten Mal gelungen, über eine Länge von drei Kilometern im „freien Raum“ 1,72 Terabit pro Sekunde zu übertragen, heißt es. Das entspricht der sagenhaften Datenmenge von 45 DVDs pro Sekunde. Damit dürfte selbst der höchst aufgelöste Film im Bruchteil einer Sekunde von A nach B gelangen.

Stabile Verbindung ins Weltall ist das Ziel

Und weil es so gut geklappt hatte, setzten die Forscher gleich noch eins drauf: „Die hohe Stabilität des Empfangs und die Leistungsreserven, die wir bei drei Kilometern hatten, ermutigten uns, den nächsten Schritt zu wagen“, erläutert Projektleiter Juraj Poliak. Diesmal platzierten die DLR-Forscher ihre Geräte in Weilheim und auf dem Hohen Peißenberg. Und auch das zweite Experiment klappte perfekt: Über die Strecke von zehn Kilometern transportierte der Laser im Sekundentakt 1,72 Terabit. Das DLR ist damit seinem Ziel, die Erdatmosphäre zu durchdringen und eine stabile Laser-High-Speed-Verbindung mit einem Satelliten herzustellen, so nah wie nie. Denn die Verbindung vom Boden zu einem Berggipfel ist nach Angaben der Forscher ähnlich schwierig wie die ins Weltall. Der Weg zum globalen Highspeed-Internet könnte also bald frei sein.

Die Atmosphäre besser verstehen

Während potentielle Anwender der neuen Technik wahrscheinlich bereits dem Start entgegenfiebern, gilt es für das DLR zunächst, mögliche Fehler auszumerzen: „Nach dem Nachweise der Machbarkeit im ,Worst Case‘-Szenario gilt das Hauptaugenmerk nun der Stabilität der optischen Verbindung“, heißt es dazu aus Oberpfaffenhofen. In einer nächsten Phase werden die Wissenschaftler demnach nun Messungen durchführen, um die Wirkung der Atmosphäre besser zu verstehen und langfristig eine stabile Laserkommunikation zum Satelliten zu ermöglichen. Die Stabilität sei sehr wichtig, da selbst eine Unterbrechung von nur zehn Millisekunden schon zum Verlust von zehn Gigabit pro Sekunde führe, erläutern die Experten das Problem.

Mit den neuen Rekorden konnten die Wissenschaftler erfolgreich zeigen, dass die Vision einer optischen drahtlosen Datenübertragung im Terabit-Bereich machbar ist. Diese vielversprechenden Untersuchungen werden nun mit Nachdruck fortgesetzt.

DLR

Das DLR ist optimistisch, ein stabiles System entwickeln zu können und damit über Satellitenverbindungen schnelles Internet bis in die entlegensten Teile der Erde bringen zu können: Möglich gemacht werden soll das mit sogenannten geostationäre Satelliten, die in knapp 36.000 Kilometern über der Erde schweben. Sie folgen der Erddrehung und bleiben daher immer am selben Punkt über der Oberfläche stehen. Über eine Laserverbindung sollen sie in Zukunft an das terrestrische Internet angebunden werden. Datendurchsätze jenseits von einem Terabit pro Sekunde werden angestrebt, heißt es vom DLR, das optimistisch ist: „Mit den neuen Rekorden konnten die Wissenschaftler erfolgreich zeigen, dass die Vision einer optischen drahtlosen Datenübertragung im Terabit-Bereich machbar ist. Diese vielversprechenden Untersuchungen werden nun mit Nachdruck fortgesetzt.“

Das DLR im Überblick:

Der Standort des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen bei München ist mit 1800 Beschäftigten der mitarbeiterstärkste des Forschungszentrums, dessen Institute in 16 Standorten in der gesamten Bundesrepublik angesiedelt sind. Büros unterhält das DLR auch in Brüssel, Paris, Tokio und Washington. Neben der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in Luftfahrt, Raumfahrt, Energie, Verkehr und Sicherheit ist das DLR im Auftrag der Bundesregierung auch für die Planung und Umsetzung der deutschen Raumfahrtaktivitäten zuständig. Im Geschäftsjahr 2015 lag der Etat des DLR für Forschung und Betrieb bei 888 Millionen Euro. 51 Prozent davon waren im Wettbewerb erworbene Drittmittel. Das vom DLR verwaltete Raumfahrtbudget hatte ein Volumen von 1,357 Millionen Euro. Breite Unterstützung erfährt das DLR auch in Bayern. So hatte der Freistaat zum Beispiel zuletzt in Oberpfaffenhofen 25 Millionen Euro in den Neubau eines Robotik- und Mechatronikzentrums investiert, das Wirtschaftsministerin Ilse Aigner im April offiziell eröffnete.