Ministerpräsident Markus Söder hat in einer Regierungserklärung die „Hightech Agenda Bayern“ vorgestellt. Sie ist das Ergebnis umfassender Beratungen und Gespräche mit Experten, Wirtschaft, Wissenschaft und Abgeordneten. Für die große Forschungsinitiative will die Staatsregierung bis 2023 zwei Milliarden Euro ausgeben. „Wir kleckern nicht, wir klotzen“, sagte Söder im Bayerischen Landtag.
Der Wettbewerb um die klügsten Köpfe entscheidet sich in den Bereichen Forschung und Innovation.
Markus Söder
Mit der „Hightech Agenda Bayern“ wolle man dafür sorgen, dass Bayern auch in zehn Jahren noch in der Champions League mitspielen könne, sagte Söder. „Ich befürchte, dass Deutschland gerade eine Entwicklung verschläft.“ Man müsse sich aber dem weltweiten „Wettbewerb um die klügsten Köpfe“ und technologische Dominanz stellen. „Ich möchte nicht, dass wir am Ende die Verlierer eines technologischen Wettbewerbs sind.“
Internationales Signal
„Dieses Programm wird Wellen schlagen in Deutschland und weit darüber hinaus“, so der Ministerpräsident. Man wolle damit den „Forschungs-Turbo zünden“ und den Freistaat in die Zukunft „beamen“. „Der bayerische Weg ist der Pionierweg der Zukunft“, erklärt er. „Das gesamte Programm ist tatsächlich geballte Zukunft.“ Damit beginne „eine neue Ära, eine neue Epoche der Technologie“.
In seiner Regierungserklärung erläuterte Söder die Details des neuen Programms, dessen Eckpunkte er schon auf der CSU-Fraktionsklausur Mitte September im oberfränkischen Kloster Banz vorgestellt hatte.
Bayerns technologische Zukunft
Vier Säulen hat das Programm: Künstliche Intelligenz und Supertech, Sanierung und Neubau von Hochschul- und Forschungseinrichtungen sowie Beschleunigung bestehender Innovationsprogramme, eine Hochschulreform sowie eine Mittelstandsoffensive. 600 Millionen Euro soll es unter anderem geben für 100 neuen Lehrstühle, 1000 neue Professoren, 10.000 neue Studienplätze, darunter 5000 nur für Informatik, für ein über ganz Bayern verteiltes Netzwerk für künstliche Intelligenz (KI) und gleich mehrere neue Forschungsinstitute der Fraunhofer- und Helmholtz-Einrichtungen – darunter für Cyber-Sicherheit und für Sicherheit beim autonomen Fahren/Fliegen. Ein Wettbewerb soll ermöglichen, dass auch andere Hochschulen mit guten Konzepten KI-Lehrstühle bekommen können.
KI ist die Dampfmaschine der neuen digitalen Welt.
Markus Söder
Zum Vergleich: 100 Lehrstühle sind genauso viele, wie auch der Bund für ganz Deutschland einrichten will. „Das heißt, Bayern macht so viel wie der Bund insgesamt“, betonte Söder. Das sei ein „internationales Statement und Ausrufezeichen“. Der CSU-Chef erklärte: „KI ist keine Science Fiction, sondern die Dampfmaschine der neuen digitalen Welt.“
Ein neues „KI Mission Institute“ in München soll alle KI-Aktivitäten in Bayern bündeln und vernetzen. Quantencomputer, Energie- und Batterieforschung sollen hinzukommen, verteilt mit Schwerpunkten im ganzen Freistaat. So soll Mobilität etwa in Ingolstadt, Gesundheit in Erlangen, Robotik in Schweinfurt, Data Science in Würzburg, digitale Pflege in Kempten, Quantencomputer in Garching und angewandte Informationstechnologie in Bayreuth zentriert werden.
Neue Forschungsschwerpunkte
Die Forschungs-Schwerpunkte für „Supertech“ sollen die Bereiche Quantentechnologie, Luft- und Raumfahrt sowie Cleantech sein. Zur Luft- und Raumfahrt gehören unter anderem auch die Galileo-Satellitentechnik oder die Hyperloop-Transporttechnik. „Wir wollen junge Menschen ermutigen, neue Technologien zu erforschen“, so Söder.
Klimaschutz kann mit Innovationen viel besser erreicht werden, als mit Verboten aus der Steinzeit.
Markus Söder
Cleantech bedeutet neue Umwelttechnologien, darunter beispielsweise synthetische Kraftstoffe, Wasserstoff als Antrieb, ein Batterienetzwerk Bayern u.a. in Bayreuth, dazu eine Batterieproduktion in Nördlingen und über nachbarliche Kooperation im baden-württembergischen Ellwangen und Wasserstoff-Tankstellen. „Klimaschutz kann mit Innovation viel besser erreicht werden, als mit Verboten aus der Steinzeit“, so Söder mit Blick auf die grüne Verbotspartei. Bayern bleibe auch ein Automobilstandort. „Wir dürfen nicht den Ast absägen, auf dem wir industriepolitisch sitzen“, warnte der Ministerpräsident.
Hochschulen und Mittelstand
In einem Sanierungs- und Beschleunigungsprogramm sollen für weitere 600 Millionen Euro Uni-Sanierungen und -Ausbauten beschleunigt, Personal eingestellt sowie etwa Mobilfunklücken geschlossen werden. 500 zusätzliche Mobilfunkmasten sollen bayernweit errichtet werden.
An den Hochschulen will Söder „mehr Freiheit wagen“, beispielsweise das Berufungsrecht an die Hochschulen übertragen und Kooperationen erleichtern. Professoren sollen sich an Startups beteiligen dürfen, Universitäten leichter Unternehmen ausgründen können. Wissenschaftler sollen mehr Zeit für die Forschung bekommen. Mit gezielten Programmen sollen Spitzenforscher aus aller Welt angeworben werden, unter anderem auch mit dem Angebot, dass auch für den Partner eine Stelle geschaffen wird. Insgesamt stehen dafür 400 Millionen Euro bereit.
Mittelstandspolitik ist Herzensangelegenheit dieser Staatsregierung.
Markus Söder
Söder will aber „bewusst keinen Forschungs-Elfenbeinturm“, sondern in Zeiten einer abkühlenden Konjunktur den Mittelstand als „Rückgrat der bayerischen Wirtschaft“ mit ins Boot holen – um den Technologietransfer zwischen Hochschulen und mittelständischen Unternehmen zu befördern. „Mittelstandspolitik ist Herzensangelegenheit dieser Staatsregierung“, so der CSU-Chef. 400 Millionen Euro fließen in drei Fonds: für Digitalisierung, zur Finanzierung von Startups und zur Unterstützung der Automobilindustrie. Mehr Geld gibt es auch für Regionalförderung und die Technologietransferzentren.
Das Ganze sei ein „atmendes Konzept“ und könne und werde sich weiterentwickeln. „Das ist Forschung und Zukunft pur“, versprach Söder.
Investitionen vor Schuldentilgung
Um das ganze Paket finanzieren zu können, will der Ministerpräsident die Schuldentilgung deutlich zurückfahren. Pro Jahr will er nur noch 50 Millionen Euro zurückzahlen – bislang war jeweils bis zu eine Milliarde Euro jährlich für die Schuldentilgung vorgesehen. Söder betonte, er habe mehrere Wirtschaftsforscher um Rat gefragt – und alle hätten ihm beschieden, dass Ausgaben für Forschung und Innovationen in der aktuellen Lage wichtiger seien. „Jetzt braucht es einen echten Modernisierungsschub“, so Söder. Derzeit zahle man ohnehin kaum Zinsen für Staatsschulden.
Nach der Umwandlung vom Agrar- zum modernen Industriestaat durch Franz Josef Strauß, dem „Laptop und Lederhose“-Hightech-Programm Edmund Stoibers folge nun der nächste Schritt, hin zu Digitalisierung und künstlicher Intelligenz, spannte Söder einen großen Bogen. „Das ist politische Führung und geistige Orientierung“, sagte der Ministerpräsident. Und fügte hinzu: „Wir sollten den Spuren kluger, weiser Männer folgen.“