Sanfter Händedruck: Wirtschaftsministerin Ilse Aigner wird von dem humanoiden DLR-Roboter "Toro" begrüßt. Bild: DLR
Neues Robotik-Zentrum

Science Fiction in Echtzeit

Es ist ein Paradebeispiel aus Bayerns Spitzenforschung: Das Robotik- und Mechatronik Zentrum (RMC) in Oberpfaffenhofen bei München zählt zu den weltweit bedeutendsten seiner Art. Der Freistaat hat den Wissenschaftlern ein neues Gebäude spendiert, das keine Wünsche offen lässt, und dafür 25 Millionen Euro investiert. Das Geld ist laut Wirtschaftsministerin Ilse Aigner sehr gut angelegt.

Wirtschaftsministerin Ilse Aigner ließ bei der Eröffnung des RMC auf dem Gelände des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR) keinen Zweifel daran, dass das Geld „bestens angelegt ist“. Beim DLR gehöre Science Fiction bereits „zur Realität“, sagte sie auch in Anspielung auf die Weltraumreihe „Star Wars“ und deren lustigen Roboter „C3PO“. Ähnliche Gestalten – nur nicht goldfarben, sondern in blau – drehen auch in dem Robotik-Zentrum in Oberpfaffenhofen (Kreis Starnberg) ihre Runden. Unter ihnen ist zum Beispiel „Toro“: „Er hat die Kernkompetenzen eines Politikers, Hände schütteln und Bänder durchschneiden“, scherzte Aigner mit Blick auf den humanoiden DLR-Roboter.

Roboter-Hand genauso sanft wie die menschliche

Doch Toro geht beim Händeschütteln mindestens so sanft zu Werke wie jeder Politiker. Der Roboter kann zudem unterscheiden, ob er eine Stahlkugel in die Hand nimmt oder ein rohes Ei. Je nachdem passt er seinen Händedruck an, dem Ei passiert nichts. Wie zärtlich die Roboter-Hand sein kann, davon durfte sich unlängst auch die Ehefrau eines russischen Kosmonauten überzeugen, der auf der Internationalen Raumstation arbeitet. Weit oben am Himmel drückte er einen Joystick und schickte so den Impuls an die DLR-Roboterhand auf der Erde, die seine Frau festhielt. Die Dame war begeistert.

Helfer im Weltall und auf der Erde 

Die Technik ist in Zukunft freilich nicht dafür gedacht, wehmütige Astronauten-Ehefrauen zu trösten, sie soll vielmehr die Weltraumrobotik revolutionieren. Die DLR-Wissenschaftler und Ingenieure haben das Kunststück fertig gebracht, die Nachgiebigkeit der menschlichen Muskeln und Sehnen nachzubilden. Die „Mensch-Roboter-Kooperationen“ wird es nach Auskunft der Verantwortlichen möglich machen, dass Roboter durch den Weltraum fliegen, Satelliten einfangen und reparieren. Aber auch auf der Erde werden sie mehr und mehr Aufgaben erhalten, wenn sie zum Beispiel Pflegebedürftigen im Alltag zur Seite stehen, mit ruhiger Hand in Krankenhäusern Operationen durchführen oder in Umgebungen agieren, die für Menschen unzugänglich oder gar gefährlich sind.

Heute sind die Roboter noch in Käfigen, in Zukunft wird das anders. Mensch und Roboter arbeiten Seite an Seite, aber der Mensch ist und bleibt der Schlüssel.

Ilse Aigner, Staatsministerin für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie

„Heute sind die Roboter noch in Käfigen, in Zukunft wird das anders“, sagte Energie- und Technologie-Ministerin Aigner bei der RMC-Eröffnung. Sie sieht Mensch und Roboter auch „Seite an Seite arbeiten“ – zum Beispiel in Fabriken. „Aber der Mensch ist und bleibt der Schlüssel“, betonte sie.

DLR-Know-How in Mercedes verbaut

Dass Roboterfahrzeuge auch ganz ohne menschliche Steuerung ihre Wege finden können, demonstrierten die Ingenieure ebenfalls in dem neuen Gebäudekomplex. In einer Mars-ähnlichen Umgebung bewegt sich ein kleiner Rover wie von Geisterhand, sucht nach Gegenständen und sammelt sie mit seinem Roboterarm ein. Die Technik, die in dem Gefährt verbaut ist, nutzt auch Mercedes für sein automatisches Bremssystem, erklärten die Wissenschaftler am Rand der Vorführung. Überhaupt ist der Technologietransfer das Zauberwort schlechthin des Robotik-Zentrums. So hat nach Auskunft von DLR-Vorstandsmitglied Hansjörg Dittus der DLR-Leichtbauroboter den weltbekannten Hersteller Kuka in Augsburg zum Pionier der Mensch-Roboter-Technik gemacht. Das Robotikzentrum steht also auch wirtschaftlich auf gesunden Beinen. Die Medizinrobotik sei eine gute Einnahmequelle, berichtete Dittus, ohne ins Detail zu gehen. Und pro Jahr gebe es „eine Ausgründung allein aus diesem Zentrum“, fügte er hinzu.

Ehemaliger Institutschef ist geistiger Vater des neuen Zentrums

Der DLR-Vorstand dankte am Freitag vor allem einem Mann: dem langjährigen Robotik- und Mechatronik-Instituts-Direktor Gerd Hirzinger, der mittlerweile im Ruhestand lebt: Hirzinger sei „der geistige Ziehvater und Urheber, der den Grundstein gelegt hat“, betonte Dittus. „Ihrem enormem Einsatz ist es zu verdanken, dass das hier entstanden ist“, sagte der Vorstand an Hirzinger gewandt. „Wir haben in dem neuen Gebäude des RMC eine Infrastruktur, die ihresgleichen sucht, um Roboter für Weltraumanwendungen zu entwickeln, aber auch Spitzenforschung in der terrestrischen Anwendung zu betreiben“, freute sich das Vorstandsmitglied.

Platz für 300 Mitarbeiter

Errichtet wurde der Neubau nach den Plänen der Architekten Birk, Heilmeyer und Frenzel. Auf vier Ebenen haben nun 300 Mitarbeiter jede Menge Platz in ihren Laboren und Büros. Herzstück ist das 300 Quadratmeter große Hauptlabor, das von mehreren kleinen umgeben ist. Die Laborfläche sei offen gestaltet und könne nach Bedarf flexibel unterteilt werden.

Ministerin kommt wieder nicht mit leeren Händen

Und bei ihren Projekten werden die Wissenschaftler auch in Zukunft nach Kräften vom Freistaat unterstützt. So kam Wirtschafts- und Technologieministerin Aigner auch dieses Mal nicht mit leeren Händen nach Oberpfaffenhofen, sondern überreichte einen Förderbescheid in Höhe von 529.000 Euro für das nächste Vorhaben.