Sonnenstrom aus Marokko: Ein Mitarbeiter des Solarkraftwerks im Wüstenort Ouarzazate blickt über das Feld mit Kollektoren. (Foto: Imago/photothek)
Energie

Klimapolitik ist Entwicklungshilfe

Gastbeitrag Die Auswirkungen des Klimawandels sind bereits zu beobachten. Ob es gelingen wird, die Klimaziele zu erreichen, entscheidet sich in den Ländern Afrikas und Asiens. Wir müssen die Schwellenländer mit Investitionen und Innovationen unterstützen.

Unbestritten gehört der Klimawandel zu den größten Herausforderungen für die Menschheit. Viele Auswirkungen sind bereits heute sichtbar und auch spürbar: Überschwemmungen, Stürme, Hitzewellen, Dürren, Waldbrände, Gletscherschmelzen, steigende Meeresspiegel und eine Häufung von Extremwetterlagen. Menschen – vor allem in den Entwicklungsländern – verlieren nicht nur ihr Hab und Gut, sondern durch Ernteausfälle oder Viehsterben auch ihre Lebensgrundlage. Mangel­ernährung, Krankheiten und erzwungene Migration sind die Folge. Allein in der Tschad-Region  sind aktuell mehr als zwanzig Millionen Klimaflüchtlinge unterwegs – dort hat es seit drei Jahren nicht mehr geregnet. Prognosen der Weltbank gehen davon aus, dass bis 2050 bis zu 140 Millionen Menschen ihre Heimat verlassen müssen, wenn wir nicht gegensteuern.

Überlebensfrage Klimaschutz

Deshalb: Der Schutz des Klimas ist die Überlebensfrage der Menschheit. Jeder ist betroffen. Die wohlhabenden Länder tragen dabei eine besondere Verantwortung. Denn Fakt ist: Die reichsten 10 Prozent der Welt sind für 50 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich. Pro Kopf emittiert Deutschland zehn Mal so viel wie  Bangladesch, 100 Mal so viel wie Somalia. Die Hauptleidtragenden sind jedoch die Menschen in den Entwicklungsländern mit den niedrigsten Emissionen, insbesondere in Afrika. Deshalb müssen wir beim internationalen Klimaschutz und bei der Anpassung an den Klimawandel vorangehen.

Es besteht eine große Chance für unsere Wirtschaft in Afrika.

Wolfgang Stefinger

Aber wir haben auch eine Verantwortung. Klar ist auch: Mit nationalen Maßnahmen hier in Deutschland allein schaffen wir es nicht, die Klimaziele von Paris zu erreichen – das 1,5- bis 2-Grad-Ziel entscheidet sich vielmehr in den Schwellen- und Entwicklungsländern Afrikas und Asiens. In diesen Ländern kann es noch gelingen, mit verhältnismäßig geringen Mitteln hohe Einsparquoten bei Treibhausgasen zu erzielen.

Ein Beispiel: 600 Millionen Afrikaner haben noch keinen Stromanschluss. Und die Bevölkerung des Kontinents wird sich bis 2050 auf dann 2,5 Milliarden verdoppeln. Wenn künftig jeder afrikanische Haushalt Strom auf der Basis von Kohle bezieht, müssten über 1.000 neue Kohlekraftwerke gebaut werden. Dann brauchen wir über das 2-Grad-Ziel nicht mehr zu reden! Wir können die Afrikaner nur dann zum Verzicht auf Kohle bewegen, wenn wir sie beim Aufbau klimafreundlicher Zukunftstechnologien unterstützen. Deshalb ist es wichtig, in Entwicklungs- und Schwellenländern verstärkt Investitionen in neue Technologien zu fördern.

Unsere Innovationen sind gefragt

Dabei gehen Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung Hand in Hand. Und wir brauchen internationale Lösungen. Staatliche Anstrengungen alleine genügen aber nicht, um die Klima- und Entwicklungsziele zu erreichen. Alle sind gefordert: Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und jeder Einzelne.

Deutschland kann und will eine Vorreiterrolle einnehmen. Unsere Innovationen sind gefragt, gerade bei der umwelt- und klimafreundlichen Energiegewinnung. So werden bereits einige Projekte erfolgreich umgesetzt, wie beispielweise ein Solarkraftwerk in Marokko, das in Zukunft 1,3 Millionen Menschen mit Strom versorgen soll. Oder ein Projekt in Uganda, das für private Investoren Anreize zum Ausbau der Energieversorgung aus Solar- und Wasserkraft schafft. Hier entstehen insgesamt 17 Anlagen, die 1,2 Millionen Menschen den Zugang zu Energie sichern.

Partnerschaften in der Forschung

Durch unsere Partnerschaftsprogramme sowohl in der Forschung als auch in der Entwicklungszusammenarbeit arbeiten wir gemeinsam mit unseren Partnerländern an Möglichkeiten der Anpassung an den Klimawandel, am Umgang mit seinen Folgen, aber auch an einer nachhaltigen Energieversorgung und Landwirtschaft. Deutschland ist in vielen Bereichen der Klima- und Klimafolgenforschung Vorreiter.

Wir sind innovativ und bieten viele technische Lösungen an.

Wolfgang Stefinger

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller hat auf der Klimakonferenz im polnischen Kattowitz Ende letzten Jahres in einem Sieben-Punkte-Programm die Maßnahmen der Bundesregierung vorgestellt und klargemacht: Klimapolitik ist immer auch Entwicklungspolitik. Deshalb kommen auch fast 90 Prozent unserer Mittel für die internationale Klimafinanzierung aus dem Haushalt seines Ministeriums.

Was ist nun konkret geplant? Zum einen haben wir zugesagt, unseren Beitrag zum Grünen Klimafonds (Green Climate Fund) als zentralem Instrument der internationalen Klimafinanzierung von 750 Millionen Euro auf 1,5 Milliarden Euro zu verdoppeln. Zudem werden wir die Klimarisikoversicherungen ausweiten.

Auch beim internationalen Waldschutz setzen wir an. Das Bundesentwicklungsministerium wird seine Aufforstungs- und Waldschutzprojekte weiter ausbauen. Denn Wälder sind wichtige Kohlendioxidspeicher und mildern den globalen Treibhaus­effekt. Und der Erfolg gibt uns recht: Durch die Waldschutzprogramme wurde zwischen 2014 und 2016 mehr CO2 eingespart als Gewerbe, Handel und Dienstleistungen zusammen jährlich in Deutschland ausstoßen.

Die globale Energiewende

Daneben werden wir die Klimaschutzmaßnahmen der Entwicklungsländer unterstützen und verstärkt in die globale Energiewende investieren. Allein mit den Vorhaben, die vom Entwicklungsministerium 2016 angestoßen wurden, können voraussichtlich 240 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Das entspricht den Emissionen von mehr als 100 Kohlekraftwerken.

Aber nicht nur in den Entwicklungsländern setzen wir an, sondern auch vor unserer eigenen Haustür: Unsere öffentliche Verwaltung soll klimaneutral werden. Die Bundesregierung will dieses Ziel bis 2030 erreichen.

Das Bundesentwicklungsministerium will bereits nächstes Jahr klimaneutral werden.

Wolfgang Stefinger

Auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung engagiert sich in Afrika mit zahlreichen Forschungskooperationen. Ziel seiner Afrika-Strategie ist es, die Zusammenarbeit in der Forschung gemeinsam mit den Wissenschaftlern vor Ort zu stärken. Und im Rahmenprogramm „Forschung für nachhaltige Entwicklung“ geht es darum, mit Schwellen- und Entwicklungsländern an Partnerschaften für Innovationen, beispielsweise zu Anpassungsmöglichkeiten an den Klimawandel, Naturrisiken oder der Energieversorgung, zu arbeiten.

Investitionen in den Klimaschutz

Für ganz entscheidend halte ich es aber, private Investitionen in den Klimaschutz anzustoßen. Minister Müller hat ein neues Bündnis ins Leben gerufen, die „Allianz für Entwicklung und Klima“, dem sich bereits jetzt schon 70 Partner aus Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft angeschlossen haben. Auch prominente Vertreter aus Bayern gehören dazu wie die BayWa, die Munich Re oder die Siemens Stiftung. Privatpersonen können ebenfalls mitmachen. Die Botschaft dahinter: Jeder kann zum Klimaschutz und zur nachhaltigen Entwicklung beitragen.

Die Mitglieder streben an, klimaneutral zu werden, indem sie Emissionen, wo es geht, vermeiden und weiter reduzieren. Verbleibende Emissionen werden kompensiert. Dazu investieren sie in Klimaprojekte in Entwicklungs- und Schwellenländern, also dort, wo Klimaschutzmaßnahmen besonders wirksam sind. So kann das Bündnis zusätzliche Mittel genau für diejenigen Maßnahmen mobilisieren, die die beiden großen Herausforderungen der Zukunft verbinden: Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung. Eine echte Win-win-Situation!

Wolfgang Stefinger ist CSU-Bundestagsabgeordneter und Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.