Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder. (Foto: BK/Nikky Maier)
Banken

„Sparen muss belohnt werden“

Negativzinsen für Sparer mit weniger als 100.000 Euro auf dem Konto sollen künftig verboten werden, fordert jetzt CSU-Chef Markus Söder. Der Grund für den Vorstoß ist die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank.

Die CSU will Strafzinsen für Sparer in Deutschland per Gesetz bei Guthaben bis 100.000 Euro verbieten lassen. Parteichef Markus Söder kündigte eine entsprechende Gesetzesinitiative im Bundesrat an.

Kleinsparer schützen

In der Bild-Zeitung begründete er seinen Vorstoß so: „Wir brauchen ein gesetzliches Verbot in Deutschland, das verhindert, dass Negativzinsen umgelegt werden auf Kleinsparer.“ Er wolle sicherstellen, dass Sparguthaben bis 100.000 Euro auf jeden Fall von Strafzinsen verschont bleiben.

Es braucht vor allem einen Kurswechsel in der Europäischen Zinspolitik!

Markus Söder

Denn das würde bedeuten: Sparguthaben würden durch diese Gebühren schrumpfen, statt steigen. Derzeit liegen die Zinsen bei den meisten Sparguthaben allerdings schon unter der Inflationsrate. Sie schrumpfen also faktisch schon, wie auch Söder betont: „Schon jetzt entgehen den deutschen Sparern Hunderte von Milliarden durch die Niedrigzinsen der Europäischen Zentralbank.“ Es brauche einen „Kurswechsel“ bei der europäischen Zinspolitik. Söder weiter: „Negativzinsen entsprechen nicht der deutschen Finanzkultur.“

EZB ist die Ursache

Der Hintergrund für Söders Vorstoß ist die heftig umstrittene Zins- und Anleihenpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), die vor allem die notorisch schlecht wirtschafteten Südländer der EU unterstützt. EZB-Präsident Mario Draghi stammt aus dem größten Schuldenland Italien.

Die EZB verlangt als Folge aus dieser Politik derzeit von Banken 0,4 Prozent Strafzinsen, wenn sie Geld bei ihr deponieren. Während der Finanzkrise hatte das Institut damit begonnen, den Leitzins immer weiter zu senken. Dieser bestimmt unter anderem auch, zu welchem Zinssatz europäische Banken bei der EZB Geld „parken“ können. Die EZB will mit ihrem aktuellen Strafzins erreichen, dass die Banken das Geld nicht horten, sondern als Kredite vergeben und so die schwächelnde Wirtschaft im Euroraum ankurbeln.

Sparen muss belohnt und nicht bestraft werden.

Markus Söder

Doch die Folgen waren anders als gedacht: Immer mehr Banken und Sparkassen denken nun darüber nach, auch von ihren Kunden zumindest bei größeren Sparguthaben „Strafzinsen“ zu kassieren. Das war eigentlich zu erwarten, denn immer schon hatten die Banken die EZB-Konditionen teilweise an ihre Kunden weitergereicht.

Absurde Folgen

Söder sagte, es sei absurd, dass jetzt auch öffentlich-rechtliche Institute wie die Sparkassen, die das Sparen im Namen tragen, Negativzinsen verlangten. Banken müssten ihre Kosten anders ausgleichen und sie nicht mehr auf ihre Kunden umlegen. „Sparen muss belohnt und nicht bestraft werden“, so Söder in der Bild.

Auch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich jüngst dafür ausgesprochen, die Geldpolitik der EZB zu überprüfen. Es müsse für die Zukunft geschaut werden, „ob man nicht die Niedrigzinsphase ein Stück weit einbremsen muss“, sagte sie der FAZ. Denn der Effekt der Niedrigzinsen sei problematisch, „unter anderem weil gerade die Menschen mit den klassischen Spareinlagen – darunter viele in Deutschland – davon nicht profitieren“. Zudem fließe Kapital aus Europa ab, anstatt jungen europäischen Unternehmen zugute zu kommen. Sie hofft dabei auf die neue EZB-Chefin Christine Lagarde, die im Herbst ihr Amt antreten soll. Die Französin kommt allerdings ebenfalls aus einem der größten Schuldenstaaten.

Mehr als 100 Banken verlangen Negativzinsen

Laut dem Verbraucherportal „Biallo“ erheben derzeit 115 Geldhäuser in Deutschland Negativzinsen von einem Teil ihrer Kunden, meist von Firmen, aber teilweise auch von Privaten ab 100.000 Euro Einlage. Eine Umfrage im Juli unter 1200 Instituten ergab bei 160 Antworten 107 Banken und Sparkassen mit Negativzinsen, mehrere wollten sie bei einer weiter negativen Entwicklung einführen. Der Umfrage zufolge haben außerdem im ersten Halbjahr 2019 knapp ein Fünftel der Banken die Gebühren für Girokonten erhöht – ein weniger auffälliger Weg, die EZB-Tarife weiterzugeben.

Die Masse der Kleinsparer blieb im Gegensatz zu Kunden mit hohen Sparguthaben, Kommunen und Unternehmen von Minuszinsen bisher verschont – auch weil die Banken nicht in großer Zahl Kunden verlieren wollen. Vertreter des Sparkassenlagers und des privaten Bankgewerbes haben jedoch in jüngster Zeit in Frage gestellt, ob das immer so bleiben wird.

Wenn dieser Zug jetzt weitergeht, dann können wir das irgendwann nicht mehr abfangen.

Ralf Fleischer, Stadtsparkasse München

„Sollte der Einlagenzins der EZB von minus 0,4 auf minus 0,5 Prozent oder sogar noch weiter runtergehen, wird sich früher oder später jedes Institut mit diesem Thema auseinandersetzen müssen und wahrscheinlich nicht mehr umhinkommen, das den Kunden in Rechnung zu stellen“, sagte beispielsweise der Chef der Stadtsparkasse München, Ralf Fleischer, dem Münchner Merkur. Allein vergangenes Jahr hätte die Stadtsparkasse, immerhin die fünftgrößte Sparkasse in Deutschland und die größte in Bayern, Negativzinsen in Höhe von 13 Millionen Euro bezahlt. „Wenn dieser Zug jetzt weitergeht und aus 13 Millionen einmal 20 oder sogar noch mehr werden, dann können wir das irgendwann nicht mehr abfangen.“ Auch die Freibeträge für Sparer könnten dann weiter schrumpfen. Fleischer nannte Freibeträge für Guthaben bis 50.000 Euro oder 100.000 Euro als denkbar.

Die EZB bleibt auf falschem Kurs

Nach der aktuellen Ankündigung der EZB, ihre umstrittene Geldpolitik möglicherweise weiter lockern zu wollen, werden Negativzinsen auch auf kleine Bankguthaben immer wahrscheinlicher. EZB-Präsident Draghi hatte dies Ende Juli mit dem Satz „alle Instrumente sind auf dem Tisch“ angedeutet. Um die Institute nicht zu sehr zu belasten, will die EZB aber verschiedene Optionen prüfen, darunter eine Staffelung des Negativzinses. Am 12. September will der EZB-Rat über weitere Schritte entscheiden.

Immerhin gibt es juristische Grenzen für Negativzinsen gegenüber Privatkunden: Bereits bestehende Verträge können nicht nachträglich von den Banken abgeändert werden.