Beste Stimmung beim CSU-Bezirksparteitag Mittelfranken: Bezirkschef Joachim Herrmann und der Bezirksvorsitzende der CSU Nürnberg-Fürth-Schwabach, Markus Söder. (Foto: Wolfram Göll)
CSU Mittelfranken

Reform der EU ist überfällig

Die Folgen des "Brexit" überschatten auch den Bezirksparteitag der CSU Mittelfranken. Der Bezirksvorsitzende, Innenminister Joachim Herrmann, forderte eine Reform der EU und eine stärkere politische Führung. Finanzminister Markus Söder kritisierte, die EU habe bei der Bewältigung der großen Probleme bisher versagt, und warnte vor einer schwindenden Stabilitätsorientierung in der EU.

Der Bezirksvorsitzende der CSU Mittelfranken, Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, hat den per Volksabstimmung beschlossenen Austritt Großbritanniens aus der EU als „historischen Rückschritt“ bezeichnet. Es gebe viele Defizite in der EU, aber diese dürften nie dazu führen, das ganze vereinte Europa in Frage zu stellen, sagte Herrmann beim CSU-Bezirksparteitag in Röthenbach/Pegnitz.

„Wir müssen die Probleme konkret in Brüssel benennen und Fehlentwicklungen korrigieren. Dabei ist politische Führung gefragt, und daran ist Cameron gescheitert“, kritisierte Herrmann. Camerons Taktik habe nicht funktioniert: „Jahrelang zu erzählen, das ist alles Mist und dann zu sagen, wir müssen trotzdem drinbleiben, so geht das nicht.“ Für Franz Josef Strauß sei immer klar gewesen, dass bei allen konkreten Schwächen und Pannen die europäische Einigung an sich nicht in Frage gestellt werden dürfe, so Herrmann.

EU-Regeln müssen wieder eingehalten werden

Mit Blick auf Griechenland betonte Herrmann, die Regeln in der EU müssten wieder eingehalten werden. Das Land sei Mitglied im Schengen-Raum geworden, habe sich aber nie angestrengt, die Außengrenze zu schützen. „Die Vorteile der Visumsfreiheit für den Tourismus mitnehmen, aber die Verpflichtungen nicht erfüllen: Das müssen wir ändern in der EU. Die Menschen müssen sich auf den Rechtsstaat verlassen können“, so Herrmann.

Die Kultur der EU wird südlicher werden: mehr Club Med, weniger Stabilität.

Markus Söder

Der Vorsitzende des benachbarten CSU-Bezirksverbandes Nürnberg-Fürth-Schwabach, Bayerns Finanzminister Markus Söder, nannte den Brexit einen „schweren Schlag für Europa“ und ein Zeichen für „Instabilität“. Die Machtverteilung werde jetzt neu ausgehandelt: Es bestehe die Gefahr, dass Europas Stellung in der Welt schwächer werde. „Die Kultur der EU wird südlicher werden: mehr Club Med, weniger Stabilität“, illustrierte Söder.

Söder warnt vor „schmutziger Scheidung“

Söder warnte davor, nun den Austritt zu übereilen und zu fordern, in vier Wochen müsse dies erledigt sein. „Es darf keine schmutzige Scheidung geben“, so Söder. Man dürfe den Briten nun nicht die Alleinschuld zuschieben. „Es gibt vieles, was auch uns an EU ärgert.“ So habe Europa in den großen Fragen wie der Flüchtlingsfrage keine vernünftige Antwort gefunden, kritisierte Söder.

Zur Flüchtlingsfrage lobte Innenminister Herrmann, trotz einer enormen Belastung mit einer Million Immigranten, die durch Bayern gekommen seien, hätten Bevölkerung, Vereine, Kirchen, Verwaltung die Flüchtlings vorbildlich versorgt. „Wir haben den politischen Streit mit Berlin nicht auf dem Rücken der Menschen ausgetragen, sondern jeden versorgt, mit Essen und Trinken, einem Dach über dem Kopf. Das ist christlich-sozial, das ist Nächstenliebe.“

150.000 Zuwanderer kann Bayern nicht in jedem Jahr verkraften

Bayern habe allerdings auf der politischen Ebene klarmachen müssen, dass dies kein Dauerzustand sein könne. „Auf Dauer kann das nicht so weitergehen“, so Herrmann. Es sei ja nicht damit getan, dass alle in den ersten drei Tagen verpflegt und untergebracht werden. Derzeit lebten 150.000 Menschen in Asylbewerberunterkünften in Bayern. Das entspreche etwa der Quote, die Bayern aufnehmen müsse. Wenn deren Verfahren abgearbeitet seien, stelle sich die Frage, wo all die Arbeitsplätze, Wohnungen, Kindergärten und Schulen für die Zuwanderer herkommen sollen. 150.000 Menschen seien mehr als die Einwohnerzahl von Erlangen oder Fürth. „So schnell die Infrastruktur zu bauen, und das jedes Jahr, das kann nicht funktionieren“, sagte Herrmann.

In Thüringen sind seit Regierungsübernahme von Rot-Rot-Grün die Abschiebungen praktisch auf Null gesunken.

Joachim Herrmann

Die Wirtschaftsflüchtlinge vom Balkan, die Anfang 2015 in großen Scharen nach Bayern geströmt seien, blieben jetzt zuhause, sagte Herrmann. Dies sei ein Erfolg der CSU-Politik, den gesamten Westbalkan zu sicheren Herkunftsländern zu erklären und den Wirtschaftsflüchtlingen klarzumachen, dass sie keine Zukunft in Deutschland hätten. Bei Menschen aus den Westbalkanstaaten sei die Anerkennungsquote bei nur einem Prozent. Wer kein Recht habe, zu bleiben, müsse das Land verlassen und gegebenenfalls konsequent abgeschoben werden. Herrmann kritisierte, in Thüringen seien seit Regierungsübernahme von Rot-Rot-Grün die Abschiebungen praktisch auf Null gesunken.

Herrmann fordert „europäisches Ausreiseregister“ gegen Terrorismus

Gleichzeitig verurteilte Herrmann entschieden gewaltsame Übergriffe auf Zuwanderer und Asylbewerberheime. „Ich bin entsetzt darüber, dass jeden zweiten, dritten Tag versucht wird, ein Haus mit Asylbewerbern anzuzünden. Ich bin entsetzt darüber, dass Menschen angegriffen werden.“ Das sei strafbar, diese Täter müssten hinter Gittern landen. Allerdings habe die Polizei unterdessen ermittelt, dass der Brand des Aslybewerberheims im mitelfränkischen Vorra im Dezember 2014 keinen rechtsradikalen Hintergrund gehabt habe.

Der bayerische Innenminister forderte weiter, die EU müsse ein „europäisches Ausreiseregister“ einführen, um eine „Schwachstelle des Schengen-Systems“ zu beheben. Zwar bräuchten Einreisende ins Schengensystem ein Einreisevisum, aber ob die Eingereisten bei Ablauf des Visums auch wieder ausreisten, das überprüfe niemand. Herrmann: „Das sind Ermittlungsergebnisse nach den Anschlägen von Paris und Brüssel: Die Terroristen sind kreuz und quer durch Europa gereist, zuvor sind sie als Flüchtlinge eingereist, dann untergetaucht.“ Daraus müsse die EU konkrete Konsequenzen ziehen.

Deutsche Gesetze und Sprache genügen nicht für Integration

Bayerns Finanzminister Markus Söder sagte, bei der Integration der Zuwanderer sei es nicht genug, dass die Menschen die Gesetze und die deutsche Sprache könnten. Viele Zuwanderer hätten eine komplett andere Wertevorstellung, sie kämen aus Ländern, wo kein Existenzrecht Israels existiere, kein Kirchenaufbauprogramm und keine Gleichberechtigung von Mann und Frau. „Da reicht kein zweiwöchiger Genderkurs oder ein dreiwöchiger Sprachkurs“, so der Finanzminister.

Als Beispiel nannte Söder die Frage der Koedukation in Schulen, die von vielen Moslems abgelehnt wird: „Trennen wir Buben und Mädchen in der Schule? Da wird ein kleiner Spalt angelegt, der zu einem tiefen Riss in der Gesellschaft führt. Wir müssen die Richtung der Integration vorgeben, und dafür steht die CSU“, erklärte Söder.

Konsens ist manchmal Nonsens.

Markus Söder, CSU-Bezirksvorsitzender Nürnberg-Fürth-Schwabach, mit Blick auf den Linkskurs der CDU

Der Nürnberger CSU-Bezirksvorsitzende warnte die CDU davor, ihren Linkskurs fortzusetzen. „Die Union muss immer programmatische Alternative sein, nicht nur eine Variante von Rot-Grün.“ Wenn die CDU immer weiter nach links wandere, lasse sie zu, dass andere Gruppierungen den Platz rechts besetzen. Es sei gefährlich, wenn sich in linken Medien und manchen Diskussionsrunden alle harmonisch einig seien: „Konsens ist manchmal Nonsens“, sagte Söder.

„Wir dürfen uns nicht so sehr in die Mitte drängen, dass wir schon fast fusionieren mit SPD und Grünen. Wir sind nicht nur ein Anhängsel von Rot-Grün, wir sind eine eigenständige politische Gruppierung“, betonte Söder unter dem Beifall der CSU-Mitglieder. Ebenso gefährlich sei, wenn die Regierung technokratisch alle ihre Entscheidungen für „alternativlos“ erkläre. „Dann suchen sich die Wähler eine eigene Alternative“, warnte Söder.