Die massiven sexuellen Übergriffe auf Frauen in Köln durch Nordafrikaner und Araber waren die Auslöser für die Verschärfung der Abschieberegeln. (Foto: Imago/Ralph Peters)
Bundeskabinett

Straffällige Ausländer rascher ausweisen

Die Bundesregierung will kriminelle Ausländer schneller abschieben. Ein Ausländer soll künftig abgeschoben werden, wenn er etwa wegen Körperverletzung, Tötung oder Vergewaltigung zu einer Haftstrafe verurteilt wird, egal ob auf Bewährung oder nicht. Das Asylpaket II blockiert die SPD allerdings immer noch. Alarmierend: 62 Prozent glauben nicht mehr daran, dass Deutschland es noch „schaffen“ wird.

Die Bundesregierung will kriminelle Ausländer künftig schneller abschieben. Mit einer entsprechenden Gesetzesvorlage reagierte das Bundeskabinett auf die Übergriffe gegen Frauen in der Silvesternacht in Köln. In Köln hatten in der Silvesternacht Gruppen von Männern Frauen sexuell massiv bedrängt, umzingelt und beraubt. Mehr als 1000 Anzeigen gingen ein. Inzwischen wird laut Kölner Staatsanwaltschaft gegen 35 Beschuldigte ermittelt. Dabei handle es sich überwiegend um Nordafrikaner und andere Araber.

Das geplante schärfere Ausweisungsrecht sieht eine Abschiebung auch bei einer kürzeren Freiheitsstrafe wegen Delikten wie Körperverletzung, Tötung oder Vergewaltigung vor – egal, ob die Strafe zur Bewährung ausgesetzt ist oder nicht. Asylbewerbern, die Straftaten begehen, soll in Zukunft konsequenter die Anerkennung als Flüchtling versagt werden. Im Gesetzentwurf heißt es, wenn Asylsuchende oder andere Ausländer in Deutschland Straftaten „von erheblichem Ausmaß“ begingen, könne dies den gesellschaftlichen Frieden und die Akzeptanz für die Zuwanderung und Flüchtlingsaufnahme gefährden.

Bei Körperverletzung und Sexualverbrechen wird künftig sehr rasch abgeschoben

  • Künftig soll ein „schwerwiegendes Ausweisungsinteresse“ bereits dann vorliegen, wenn ein Ausländer zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. Das gilt für Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte – unabhängig davon, ob die Strafe zur Bewährung ausgesetzt ist. Bisher muss eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr vorliegen.
  • Eine noch höhere Wahrscheinlichkeit für eine Ausweisung gibt es bei einem „besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresse“. Sies soll künftig vorliegen, wenn ein Ausländer zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird. Auch dies soll künftig unabhängig davon gelten, ob die Strafe zur Bewährung ausgesetzt ist. Bisher lag ein „besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse“ erst ab einer Strafe von mehr als zwei Jahren vor.

Die Bundesregierung hatte das Ausweisungsrecht erst vor kurzem reformiert. Seit dem 1. Januar gilt das System, dass die zuständigen Stellen zwischen dem „Ausweisungsinteresse“ des Staates, etwa das kriminelle Verhalten eines Ausländers, und dem „Bleibeinteresse“ des Betroffenen, beispielsweise Familienverhältnisse, abwägen.

CSU für weitere Verschärfungen

Die Bundestags-CSU begrüßt den Beschluss. „Der heutige Beschluss ist ein wichtiger Schritt und zieht die richtigen Konsequenzen aus den Vorfällen der Silvesternacht in Köln. Die CSU-Landesgruppe hat sich schon im vergangenen Jahr für weitere Verschärfungen für straffällige Asylbewerber eingesetzt. Auf unseren Nachdruck hin kann nun bereits eine Bewährungsstrafe zur Ausweisung führen. Denn wer derart straffällig wird, hat in unserer Gesellschaft keine Zukunft“, erklärte der innen- und rechtspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Michael Frieser.

Schon eine Strafe von 90 Tagessätzen oder eine zweite Verurteilung zeigen, dass sich jemand nicht in unsere Gesellschaft einordnen kann.

Michael Frieser, CSU-Innenexperte

Frieser befürwortete auch weitere Verschärfungen der Abschieberegeln, falls die neuen Gesetze nicht wirken. „Sollte sich damit keine spürbare Verbesserung einstellen, sind weitere Schritte denkbar. Bereits eine Verurteilung zu 90 Tagessätzen oder eine zweite Verurteilung lassen doch deutlich erkennen, dass sich jemand nicht in unsere Gesellschaft einordnen kann. Bedenkt man das verursachte Leid der Opfer und die dabei zu Tage tretende kriminelle Energie der Täter, müssen deshalb auch Straftaten, die nicht mit einer Bewährungsstrafe belegt werden, zum Verlust des Flüchtlingsschutzes führen.“

Der CSU-Bundestagsabgeordnete betonte: „Ausländer, die im Zuge eines Asylverfahrens Schutz in Deutschland suchen und hier Straftaten begehen, gefährden damit unseren gesellschaftlichen Frieden und verlieren jegliches Recht auf Aufenthalt in unserem Land. Auch um die gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber denen Ausländern und Asylbewerbern zu bewahren, die sich rechtstreu verhalten, müssen Ausweisungen vor der Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe möglich sein.“

Problemfall Marokko und Algerien

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) räumte Abschiebehindernisse ein und appellierte an Herkunftsländer wie Marokko und Algerien, ihre ausgewiesenen Staatsbürger zurückzunehmen. Der Innenminister sprach von einem „mühsamen Prozess“, betonte aber: „Wir arbeiten daran, dass das verbessert wird.“ So sprach er sich dafür aus, die Entwicklungshilfe einzelner Länder mit deren Rücknahmebereitschaft zu verknüpfen.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte: „Niemand darf sich bei uns über Recht und Gesetz stellen.“ Kriminelle müssten konsequent zur Rechenschaft gezogen werden. „Wenn es sich um kriminelle Ausländer handelt, dann droht ihnen in Zukunft noch schneller die Ausweisung.“

Asylpaket II: SPD blockiert immer noch

Wieder einmal nicht im Bundeskabinett beschlossen wurde das Asylpaket II, das unter anderem einen Stopp des Familiennachzugs für subsidiär Schutzbedürftige vorsieht. Die SPD sperrt sich dagegen, auch Syrer in diese Regelung aufzunehmen – die größte Gruppe der „Subsidiären“. Die SPD blockiert das mittlerweile seit beinahe drei Monaten. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer machte SPD-Chef Sigmar Gabriel persönlich für die Verzögerungen beim Abschluss des Asylpakets II verantwortlich.

„Es liegt nur an einer einzigen Person, das ist Sigmar Gabriel, dass wir das Paket seit November aufschieben“, sagte Scheuer. Mit Blick auf den Versuch der großen Koalition, am kommenden Donnerstag bei einem Gespräch der drei Parteivorsitzenden eine Einigung zu finden, pochte er darauf, den bereits vorliegenden Gesetzentwurf zu verabschieden. Dieser sieht im Einzelnen die Begrenzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit einem niedrigeren Schutzstatus und einer Bleibeerlaubnis von einem Jahr vor.

Es kann jetzt keinen Kompromiss vom Kompromiss geben.

Andreas Scheuer, CSU-Generalsekretär

„Es gab am 5. November zwischen den drei Parteivorsitzenden eine schriftliche Einigung. Das war bereits der Kompromiss“, so Scheuer mit Blick auf das Treffen von CDU-Chefin Angela Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und SPD-Chef Gabriel am 5. November. „Es kann jetzt keinen Kompromiss vom Kompromiss geben“, sagte er mit Blick auf Forderungen, eine Begrenzung des Familiennachzugs für Syrer auszuschließen.

Er sei auch dagegen, das strittige Thema Familiennachzug aus dem Asylpaket II auszuklammern, betonte Scheuer. Zudem stellte er im BR richtig, dass es keineswegs einmalig in der deutschen Geschichte sei, dass ein Bundesland gegen die Bundesregierung klage, wie die SPD sich empörte. Er erinnerte dafür an die Klage Hamburgs gegen das Betreuungsgeld. Auch die in Hamburg regierende SPD ist bekanntlich Teil der Bundesregierung.

Medienberichte: Kompromisslinie deutet sich an

Unterdessen deutet sich laut Medienberichten ein Kompromiss für das Asylpaket II an: Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) sieht ein Vorstoß von Bundeskanzlerin Angela Merkel und SPD-Chef Sigmar Gabriel vor, dass der Familiennachzug für mehr Flüchtlinge als bislang geplant begrenzt werden soll.

Die verschärfte Regelung könnte auf etwa ein Fünftel aller syrischen Flüchtlinge ausgeweitet werden, die bisher nach Deutschland gekommen sind. CSU-Chef Horst Seehofer hat sich laut diesem Bericht bis zum Treffen mit Merkel und Gabriel am Donnerstag Bedenkzeit ausgebeten, ob er den Kompromiss mitträgt.

Staatsregierung fordert die Rückkehr zu Recht und Gesetz

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann verteidigte den Kurs der CSU in der Flüchtlingspolitik einschließlich des Briefs an Bundeskanzlerin Merkel, in dem die Staatsregierung die Rückkehr zu Recht und Gesetz an den Grenzen einfordert – unter anderem die Einhaltung des Artikels 16 Absatz 2 des Grundgesetzes.

Im ARD-Nachtmagazin sagte Herrmann, seine Partei wolle weder die Berliner Koalition platzen lassen, noch unbedingt eine Verfassungsklage anstreben. Die CSU wolle vielmehr erreichen, dass Entscheidungen in Berlin vorangebracht würden, um die Sicherheit Deutschlands weiter zu gewährleisten.

Die bayerische Staatsregierung hatte Kanzlerin Merkel in einem Brief mit einer Verfassungsklage gedroht, falls sie den Zuzug von Flüchtlingen nicht begrenzt. Angesichts der Forderungen aus München rief die Kanzlerin die Unionsparteien zur Geschlossenheit auf. Teilnehmer einer Sitzung der CDU/CSU-Fraktion zitieren Merkel mit den Worten: „Lassen Sie uns zeigen, dass wir glauben, dass wir die Probleme lösen können, ohne dass Europa schweren Schaden nimmt“.

Der Bund trägt an sich für 100 Prozent der Zahl, die kommen, die Verantwortung, aber er übernimmt nur für 17 Prozent die Kosten. Das ist eine unfaire Partnerschaft.

Markus Söder, Finanzminister

Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) forderte für die Bewältigung der Flüchtlingskrise vom Bund insgesamt zwei Milliarden mehr für die Staatskasse und noch einmal 500 Millionen für die Städte und Gemeinden. Bisher hat der Bund nur gut 500 Millionen Euro zugesagt. Bei 13 Milliarden Euro Überschuss im Bundeshaushalt dürfe man auch reiche Länder wie Bayern nicht auf den Kosten von 3,3 Milliarden Euro sitzen lassen, so der Finanzminister.

EU: 60 Prozent haben kein Recht auf Asyl

Unterdessen sorgt eine Äußerung des ersten Vizepräsidenten der EU-Kommission, Frans Timmermans, zuständig unter anderem für Flüchtlingspolitik, im niederländischen Sender NOS für Aufsehen: „Mehr als die Hälfte der Menschen, die jetzt in Europa ankommen, stammen aus Ländern, bei denen man annehmen kann, dass sie keinen Grund haben, einen Flüchtlingsstatus zu beantragen. Mehr als die Hälfte, 60 Prozent.“

Timmermans bezog sich dabei auf bisher noch unveröffentlichte Zahlen der EU-Grenzschutzagentur Frontex. Eine Sprecherin der EU-Kommission betonte jedoch, dass sich die Zahlen nur auf den Monat Dezember beziehen. Im Januar könnten die Zahlen möglicherweise schon wieder anders aussehen. Es ist also fraglich, ob der Dezember nur ein Monat mit besonders vielen Flüchtlingen ohne Chance auf Asyl war oder hier eine Trendwende von Kriegs- zu Wirtschaftsflüchtlingen zu erkennen ist.

Alarmierend: 62 Prozent glauben, dass mit der Flüchtlingskrise nicht fertig wird

Im Stern/RTL-Wahltrend trauen alarmierende 62 Prozent der Befragten keiner Partei mehr zu, die Probleme in diesem Land zu beheben. Immerhin 23 Prozent geben in dieser Frage der Union ihr Votum, ernüchternde 7 Prozent der SPD. 8 Prozent trauen diese politische Kompetenz anderen Parteien zu.

Geht es allein um die Flüchtlingskrise, glauben 36 Prozent aller Bundesbürger, dass Deutschland mit der anhaltenden Zuwanderung von Flüchtlingen fertig werden kann. 62 Prozent sind dagegen der Ansicht, dass Deutschland das nicht schaffen wird und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) das falsch eingeschätzt hat – darunter 72 Prozent der CSU-Anhänger und 96 Prozent der AfD-Anhänger.