Islamverbände wollen Radikalisierung bekämpfen
In Deutschland ist die Bestürzung über die Terroranschläge von Paris groß. Neben Bundespräsident Gauck und Kanzlerin Merkel drücken auch Bayerns Ministerpräsident Seehofer und weitere CSU-Politiker ihr Mitgefühl und ihre Unterstützung aus. Erstmals melden sich jetzt auch muslimische Vertreter in Deutschland zu Wort. Sie verurteilen die Anschläge - und sagen der Radikalisierung den Kampf an.
Reaktionen auf den Terror

Islamverbände wollen Radikalisierung bekämpfen

In Deutschland ist die Bestürzung über die Terroranschläge von Paris groß. Neben Bundespräsident Gauck und Kanzlerin Merkel drücken auch Bayerns Ministerpräsident Seehofer und weitere CSU-Politiker ihr Mitgefühl und ihre Unterstützung aus. Erstmals melden sich jetzt auch muslimische Vertreter in Deutschland zu Wort. Sie verurteilen die Anschläge - und sagen der Radikalisierung den Kampf an.

„Das ist eine neue Art von Krieg“ – mit diesen Worten versuchte Bundespräsident Joachim Gauck, den schrecklichen Terror von Paris einzuordnen. Im Rahmen seiner Rede zum Volkstrauertag im Bundestag sagte Gauck, die Opfer der Pariser Attentate seien „Opfer hinterhältig agierender Mordbanden“. Bei den Tätern handle es sich um „Terroristen, die im Namen eines islamistischen Fundamentalismus zum Kampf gegen die Demokratien, gegen universelle Werte und auch gegen Muslime aufrufen, die ihrer barbarischen Ideologie nicht folgen“, so der Bundespräsident.

Merkel: „Das war ein Angriff auf die Freiheit“

Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach den Franzosen ebenfalls ihr Mitgefühl aus und sicherte dem Nachbarland die Unterstützung Deutschlands zu. Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass der Terrorangriff eine Attacke nicht nur auf Frankreich, sondern auf das gesamte westliche oder europäische Lebensmodell gewesen sei. „Die Menschen, um die wir trauern, wurden vor Cafés ermordet, im Restaurant, im Konzertsaal oder auf offener Straße“, so die Kanzlerin. „Sie wollten das Leben freier Menschen leben, in einer Stadt, die das Leben feiert ‑ und sie sind auf Mörder getroffen, die genau dieses Leben in Freiheit hassen.“ Dieser Angriff auf die Freiheit gelte daher nicht nur Paris, sagte Merkel ‑ „Er meint uns alle und er trifft uns alle. Deswegen werden wir auch alle gemeinsam die Antwort geben.“

Seehofer: Anschläge und Flüchtlingsproblematik „nicht direkt vermischen“

Auch Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer zeigte sich in einer ersten Reaktion „schockiert“ von den Ereignissen in der französischen Hauptstadt. Gleichzeitig wies der CSU-Chef aber darauf hin, die Terroranschläge nicht zwangsläufig mit der aktuellen Flüchtlingskrise in Verbindung zu bringen. Natürlich müsse man auch untersuchen, wo Terroristen die Flüchtlingsströme ausnutzen würden, um nach Europa zu gelangen, sagte Seehofer im Bayerischen Rundfunk. „Das ist aber etwas völlig anderes, als zu sagen, in jedem Flüchtlingsheim würden Terroristen sitzen“, so der Ministerpräsident. Der Staat müsse für Recht und Ordnung sorgen können, deshalb sei es wichtig, dass man wisse, wer sich gerade im Land aufhalte. Deutschland sei ein „sehr gefährdetes Gebiet“ für terroristische Angriffe, es gebe hier „einige Hundert potenzielle Attentäter“, stellte Seehofer fest.

Auch Deutschland ist ein sehr gefährdetes Gebiet.

Horst Seehofer

Worte der Anteilnahme aus Bayern

Auch von anderen CSU-Politikern kamen Worte der Anteilnahme und des Trostes für die Opfer der Pariser Anschläge und deren Angehörige: CSU-Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer betonte, der Anschlag von Paris hätte „überall in der westlichen Welt“ geschehen können. Europaministerin Beate Merk teilte mit, sie sei „zutiefst erschüttert über die feigen Terroranschläge, die so viele unschuldige Menschen das Leben gekostet haben.“

Der Freistaat gedachte dem Anschlag und den Opfern mit einer besonderen Geste: Am Samstag wehten alle Fahnen in Bayern auf Halbmast. Am Sonntag trugen sich Ministerpräsident Horst Seehofer sowie die Minister Ilse Aigner, Marcel Huber, Joachim Herrmann und Winfried Bausback in ein Kondolenzbuch im französischen Generalkonsulat in München ein.

Islamverbände in Deutschland verurteilen Anschläge

Unterdessen melden sich auch die größten Islamverbände in Deutschland zu Wort – und verurteilen den Terror von Paris mit scharfen Worten. „Die Mörder von Paris irren, wenn sie glauben, sie seien die Vollstrecker eines göttlichen Willens“, sagte der Sprecher des „Koordinationsrates der Muslime“, Zekeriya Altug, bei einer Pressekonferenz zum Thema in Köln. Der Anschlag gelte allen friedliebenden Menschen. Man müsse nun umso mehr zusammenstehen, betonte Altug.

Verbände sagen Radikalisierung den Kampf an

Die Verbände wollen sich stärker gegen eine Radikalisierung junger Muslime einsetzen. Schon vor den „niederträchtigen und barbarischen Anschlägen“ hätten die Moscheegemeinden dazu in mehreren Initiativen einen Beitrag geleistet. Möglichst im Schulterschluss mit anderen gesellschaftlichen Gruppen solle das ausgebaut werden.

Für Diskussionen dürfte die Äußerung der Islamvertreter sorgen, die Radikalisierung finde außerhalb der Moscheegemeinden statt. Das zumindest sagt der Vorsitzende des Islamrats, Bekir Altas. Dennoch sieht er seine Organisation auch da in der Pflicht. „Unsere Verantwortung endet nicht an der Moscheetür.“ Wichtig sei es zudem, die Flüchtlinge in Deutschland, die vor dem IS-Terror geflohen seien, vor einer Stigmatisierung zu schützen.