Tausende Immigranten warten im kroatischen Opatovac auf die Weiterreise nach Deutschland. Glaubt man der OECD, ist das alles erst der Anfang einer gewaltigen Flüchtlingswelle. (Foto: imago/pixsell)
Asylrechtsreform

Fehlanreize vermeiden, konsequenter abschieben

Um wirklich Schutzbedürftigen helfen zu können, müssen die Anerkennungsverfahren gestrafft und Wirtschafts- und Sozialmigranten rasch abgeschoben werden. Dazu werden Fehlanreize wie hohes Taschengeld abgebaut. Kosovo, Albanien und Montenegro werden zu sicheren Herkunftsländern erklärt. Das sieht der Gesetzentwurf zur Asylrechtsreform vor, der zwischen Bund und Ländern beraten wird.

Zum größten Teil hat sich die CSU beim künftigen Asylrecht durchgesetzt, freut sich CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. Gegenüber dem BAYERNKURIER äußert sie sich zufrieden: „Der Gesetzentwurf setzt Vieles von dem um, was die CSU-Landesgruppe bereits Anfang des Jahres gefordert hat.“ Als wichtigsten Punkt nennt Hasselfeldt, dass Deutschland klar zwischen Schutzbedürftigen und Nichtschutzbedürftigen unterscheidet.

„Das heißt, wir müssen klare Prioritäten setzen. Wir brauchen unsere Kraft und Kapazitäten für diejenigen, die vor Krieg und Verfolgung geflohen sind“, so die CSU-Landesgruppenchefin. Schutzbedürftige gelte es, schnell zu versorgen und anschließend zu integrieren. Hasselfeldt stellt demgegenüber aber auch klar: „Nichtschutzbedürftige müssen Deutschland so schnell wie möglich wieder verlassen. Anreize für einen längeren Aufenthalt in Deutschland sind weiter zu verringern, Abschiebungen zu beschleunigen.“ Hierzu sehe der Gesetzentwurf wichtige Veränderungen vor.

Hoffnung ruht auf Kretschmann

Der Gesetzentwurf war von den Koalitionsspitzen abgeschwächt und den Landesregierungen zugeleitet worden. Am Donnerstag will die Bundesregierung mit den Ministerpräsidenten auf dem nächsten „Flüchtlingsgipfel“ darüber beraten und – eventuell mit weiteren Änderungen – beschließen. Das eigentliche Gesetzgebungsverfahren soll in der kommenden Woche mit einem Kabinettsbeschluss beginnen.

In Berlin wird spekuliert, dass die Koalition den grünen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, eventuell mit einer Beschleunigung der Verfahren und höheren Zahlungen an die Länder zu einer Zustimmung locken könnte. Dieser hatte eine Halbierung der Dauer der Asylverfahren gefordert und eine Obergrenze von drei Monaten ins Spiel gebracht.

Kretschmann wiederum könnte andere grüne Landesverbände, die an Regierungen beteiligt sind, überzeugen, so die Spekulation. In Baden-Württemberg wird demnächst gewählt, die dortigen Kommunen ächzen wie auch bayerische unter der Asylbewerberflut. Das derzeitige Flüchtlingschaos schmälert nach Ansicht von Beobachtern die Wahlchancen der Grünen, da sie als klassische Migrationsbeschleuniger und Integrationsromantiker gelten.

Keine Zurückweisung an der Grenze, aber nur noch Sachleistungen für Sozialmigranten

Die Koalitionsführung entschärfte die Vorlage aus dem Bundesinnenministerium in mehreren Punkten. Nicht mehr vorgesehen ist, offensichtlich unbegründete Asylanträge schon an der Grenze abfertigen zu können. Das hätte eine Übertragung des sogenannten „Flughafen-Verfahrens“ auf den Landweg und eine Verkürzung auf höchstens drei Wochen bedeutet. Allerdings wären Grenzkontrollen und eine Bearbeitung der Asylanträge durch Grenzbehörden nötig geworden.

Abgemildert hat die Koalition auch eine drastische Kürzung der Leistungen für ausreisepflichtige Asylbewerber. Im ursprünglichen Entwurf war vorgesehen, dieser Gruppe nur noch „Reisebeihilfen“ zu gewähren. Der nun beschlossene Entwurf sieht Leistungen vor, die das „physische Existenzminimum“ gewährleisten. Ob diese Verwässerungen noch dem ursprünglichen Zweck dienen und ob sie gleichzeitig ausreichen, die Grünen ins Boot zu holen, daran haben manche Kommentatoren größere Zweifel.

Das Kosovo, Albanien und Montenegro werden in dem Entwurf zu sicheren Herkunftsländern erklärt, wie zuvor schon Serbien und Mazedonien. Wirtschafts- und Sozialmigranten aus solchen Ländern sollen künftig – nach bayerischem Vorbild – die Erstaufnahme nicht mehr in Richtung der kommunalen Unterbringung verlassen und für den Grundbedarf nur noch Sachleistungen erhalten.