„Wir sind gefordert, aber nicht überfordert“
Angesichts der wachsenden Zahl von Flüchtlingen befasst sich der Innenausschuss des Bundestages in einer Sondersitzung mit dem Umgang mit den Asylbewerbern. Ausschuss-Chef Bosbach warnt davor, das Land zu überfordern, CSU-Generalsekretär Scheuer fordert eine "grundlegende Lösung". Innenminister De Maizière bringt sogar eine Verfassungsänderung ins Spiel - und sagt Rassisten den Kampf an.
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„Wir sind gefordert, aber nicht überfordert“

Angesichts der wachsenden Zahl von Flüchtlingen befasst sich der Innenausschuss des Bundestages in einer Sondersitzung mit dem Umgang mit den Asylbewerbern. Ausschuss-Chef Bosbach warnt davor, das Land zu überfordern, CSU-Generalsekretär Scheuer fordert eine "grundlegende Lösung". Innenminister De Maizière bringt sogar eine Verfassungsänderung ins Spiel - und sagt Rassisten den Kampf an.

Der Innenausschuss des Bundestages berät heute in einer Sondersitzung über den Umgang mit der rasant wachsenden Zahl an Flüchtlingen in Deutschland. Der Bund rechnet 2015 mit rund 800.000 Asylbewerbern. Das wären viermal so viele wie im vergangenen Jahr. Unterdessen ist schon von bis zu einer Million Flüchtlingen die Rede.

Bosbach sieht enormen Finanzbedarf: „Gefordert, aber nicht überfordert“

Der Vorsitzende des Ausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), sieht einen immensen Finanzbedarf zur Versorgung der wachsenden Zahl an Flüchtlingen in Deutschland. Die Menschen müssten vernünftig untergebracht und betreut werden, sagte Bosbach am Rande der Sondersitzung. „Mit ein, zwei Milliarden ist es nicht getan. Da werden wir gewaltige Summen mobilisieren müssen.“

Deutschland sei durch die aktuelle Lage gefordert, nicht überfordert, sagte Bosbach. Allerdings müsse man aufpassen, dass es nicht doch noch zu einer Überforderung komme. Deutschland könne nicht auf Dauer den Großteil an Flüchtlingen in Europa aufnehmen.

De Maizière bringt Verfassungsänderung ins Spiel

Bundesinnenminister Thomas de Maizière, der an der Innenausschusssitzung teilnahm, brachte sogar eine Verfassungsänderung ins Spiel, um dem Flüchtlingsstrom besser, schneller und unbürokratischer begegnen zu können. „Wir werden uns überall auf Veränderungen einstellen müssen: Schule, Polizei, Wohnungsbau, Gerichte, Gesundheitswesen, überall. Ich rede da auch über eine Grundgesetzänderung“, sagte der CDU-Politiker der Wochenzeitung Die Zeit. Solche Entscheidungen müssten außerdem „binnen der kommenden Wochen“ getroffen werden, so der Minister.

Zugleich forderte de Maizière ein entschlossenes Durchgreifen bei Straftaten gegen Asylbewerber und deren Unterkünfte. „Das sind Straftaten, denen muss man hart begegnen“, sagte er.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer hatte schon im Vorfeld der Sitzung betont, die Flüchtlingsströme stellten Deutschland vor große Herausforderungen. „Deutschland ist überlastet, wenn jedes Jahr mehr Personen als in einer Großstadt wie Frankfurt leben, zusätzlich aufgenommen und integriert werden sollen“, warnte der Passauer Bundestagsabgeordnete. Jetzt komme es darauf an, richtig und umsetzungsstark auf diese Herausforderung zu reagieren.

Scheuer fordert „kein Klein-Klein, sondern eine grundsätzliche Lösung“

„Es stehen Wochen der politischen Entscheidungen vor uns“, sagte Scheuer des Tageszeitung Die Welt. Die Vernunft aller sei gefragt, die Zeit dränge. „Dabei hilft uns kein Klein-Klein, sondern für diese Mega-Herausforderung brauchen wir eine sehr grundsätzliche Lösung, eine Mega-Lösung – organisatorisch, finanziell, gesellschaftlich.“

Wenn in 48 Stunden 3000 Flüchtlinge alleine an nur einem Hauptbahnhof in Deutschland ankämen, müsse jeder verstehen, dass Entscheidungen überfällig seien, sagte Scheuer mit Blick auf die ankommenden Flüchtlinge am Münchner Hauptbahnhof. Dies gelte unabhängig vom Parteibuch.

„Bayern und die CSU haben schon vor Monaten einen Maßnahmenkatalog vorgelegt, Bundesminister de Maizière eine umfangreiche Vorschlagsliste. Jetzt müssen die demokratischen Kräfte des Landes entscheiden. Nur so kann die großartige Hilfsbereitschaft der Bevölkerung erhalten bleiben und das ist das beste Mittel für den Kampf gegen politisch extreme Kräfte in unserem Land.“

Immer höhere Kosten

Mit der zunehmenden Zahl an Flüchtlingen in Deutschland erhöhen sich auch die staatlichen Ausgaben. Für Lebensunterhalt, Spracherwerb und Qualifizierung von Flüchtlingen hält Bundessozialministerin Andrea Nahles im kommenden Jahr 1,8 bis 3,3 Milliarden Euro zusätzlich für nötig. Diese Kosten würden auf rund 7 Milliarden Euro im Jahr 2019 steigen, sagte die SPD-Politikerin in Berlin.