Am Gelde hängt, zum Gelde drängt, doch alles. Bild: Fotolia/M. Schuppich
Länderfinanzausgleich

Das Spiel ums Geld

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Hamburgs Ministerpräsident Olaf Scholz (SPD) wollen den Länderfinanzausgleich reformieren. Der Zeitung "Die Welt" liegt nun angeblich der neueste Vorschlag der beiden Politiker vor, mit denen sie den gordischen Knoten zerschlagen wollen. Alle Länder sollen dabei entlastet werden, Bayern allerdings eher wenig.

Bis 2019 müssen die Finanzbeziehungen neu geordnet sein, weil dann der Länderfinanzausgleich sowie der Solidarpakt II für den Aufbau Ost auslaufen. 2020 tritt die Schuldenbremse für die Länder in Kraft, was bedeutet, dass die Länder ausgeglichene Haushalte vorlegen müssen – abgesehen von Notlagen.

Wir wollen mindestens eine Milliarde Euro Entlastung aus heutiger Sicht.

Markus Söder, bayerischer Finanzminister, im Mai

Beim ersten Vorschlag der beiden Verhandlungsführer Anfang des Jahres sollte der Solidaritätszuschlag in die Einkommensteuer integriert werden. Damit hätten die Länder mehr Geld bekommen, da sie einen Anteil der Einkommensteuer erhalten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer lehnten das aber als versteckte Steuererhöhung ab, schließlich hatte man die Abschaffung des Soli versprochen. Auch Bayerns Finanzminister Markus Söder hatte damals darauf hingewiesen, was der Freistaat als Mindestvoraussetzung ansieht: „Wir wollen mindestens eine Milliarde Euro Entlastung aus heutiger Sicht.“ Außerdem müssten Leistungsanreize geschaffen werden, damit die fleißigen Länder nicht dauerhaft für ihre gute wirtschaftliche Arbeit bestraft würden. Söder lehnt darüber hinaus auch eine volle Einbeziehung der Gemeindefinanzkraft in den Finanzausgleich ab, da das Bayern zusätzlich benachteiligen würde. Die von Schäuble angebotenen sieben Milliarden Euro seien zu wenig, sagte der bayerische Finanzminister im Mai. Er forderte zudem eine Obergrenze für Einzahlungen in den Ausgleichstopf. „Bayern hat einen langen Atem. Das geltende Recht läuft 2019 definitiv aus. Danach gibt es einen Länderfinanzausgleich überhaupt nur noch mit unserer Zustimmung“, warnte Söder.

Alle Länder sollten profitieren

Spätestens bis zum Herbst soll eine Einigung stehen.  Am 10. Juli stellte nun Scholz laut der Zeitung „Welt“ in einer Kaminrunde den anderen 15 Ministerpräsidenten einen mit dem Bundesfinanzminister abgestimmten neuen Reformvorschlag vor. Eine Einigung wurde bei dieser Konferenz allerdings nicht erzielt. Dieser Vorschlag liegt nun angeblich der „Welt“ vor. Schäuble und Scholz wollen danach den Umsatzsteuervorwegausgleich abschaffen, der neben dem Länderfinanzausgleich ein wichtiger Teil der Umverteilung in den Bund-Länder-Finanzbeziehungen ist. Der Vorteil: Nordrhein-Westfalen würde wieder zum Zahlerland im Länderfinanzausgleich, da es aufgrund seiner großen Bevölkerung hohe Summen in den Umsatzsteuervorwegausgleich einzahlt, zugleich aber Empfänger beim Länderfinanzausgleich ist. Die Belastungen im Länderfinanzausgleich würden danach von fünf Ländern und 48 Millionen Einwohnern getragen – und nicht wie bisher allein von Bayern, Hessen und Baden-Württemberg (und hin und wieder Hamburg). Die Präsentation zeigte das Missverhältnis auf: So zahlte Bayern 1995 noch rund 1,3 Milliarden Euro in den Ländertopf ein, waren es 2014 fast fünf Milliarden Euro waren. Das einstige Zahlerland Nordrhein-Westfalen wurde im selben Zeitraum zum Empfängerland mit 897 Millionen Euro im Jahr 2014. Außerdem sollen laut „Welt“ die Länder 8,5 Milliarden Euro im Jahr mehr vom Bund erhalten, über höhere Bundesergänzungszuweisungen, einen höheren Anteil an den Umsatzsteuereinnahmen und Sondergelder für finanzschwache Länder. „Bremen und das Saarland benötigen Unterstützung bei der Bewältigung ihrer Schuldenlasten“, zitiert die Zeitung aus der Präsentation. Deshalb solle das Saarland mit 260 Millionen und Bremen mit 300 Millionen Euro pro Jahr an Zinshilfen vom Bund unterstützt werden. Auch ohne den Soli sollen die ostdeutschen Länder über gesonderte Regeln profitieren.

Bayern im Nachteil, weil auch die Kommunen besser wirtschaften

Ein Schwachpunkt, den Bayern bereits beim ersten Vorschlag kritisierte, scheint auch weiter auf der Liste zu stehen. Beim Länderfinanzausgleich, der zwischen den 16 Bundesländern das Geld umverteilt und den Bayern mit mehr als 50 Prozent und mehr als 5 Milliarden Euro als Hauptzahler stemmen muss, wird die Finanzkraft der Gemeinden statt wie bisher mit 64 mit höchstens 75 Prozent berücksichtigt. Länder mit reichen Kommunen bekommen also künftig weniger Geld, was erneut dem Freistaat schaden würde. Schließlich gibt es hier nicht wie beispielsweise in Nordrhein-Westfalen viele Beinahe-Pleitekommunen und meist rot-grüne Schuldenkönige.

Größte Gewinner wären die Stadtstaaten

Alle Bundesländer würden profitieren, so ist angeblich das Fazit des Vorschlags. Insgesamt würden die neuen Länder aber stärker profitieren als die alten. Dennoch halten die Ostländer angeblich das zusätzliche Geld angesichts ihrer schwachen Steuerkraft für unzureichend, auch weil sie vom Umsatzsteuervorwegausgleich bisher stark profitierten. Deshalb sollen wohl höhere Bundesergänzungszuweisungen in den Osten wandern, die zusätzlich zum Länderfinanzausgleich vom Bund gezahlt werden, um noch vorhandene Defizite auszugleichen. Davon hätten wiederum die Westländer weniger, was auch für Widerstand sorgen dürfte. Größte Gewinner des Vorschlags wären in jedem Fall Berlin vor Bremen, so rechnet „die Welt“ vor. Die Hauptstadt würde im Jahr 532 Millionen oder 155 Euro je Einwohner zusätzlich erhalten. Bremen erhielte 93 Millionen Euro oder 142 Euro je Einwohner, Hamburg 193 Millionen Euro oder 110 Euro je Einwohner, NRW 1,9 Milliarden Euro oder 109 Euro pro Kopf. Und Bayern? Läge mit 1,1 Milliarden Euro oder 92 Euro pro Kopf auf dem fünftletzten Platz. Ganz am Ende rangierte Niedersachsen mit 586 Millionen oder 75 Euro pro Kopf. Um den Widerstand aus dem großen Flächenland im Voraus zu unterbinden, „könnte der Anteil Niedersachsens an den Finanzhilfen für Hafenlasten derzeit von zwei auf zwölf Millionen Euro erhöht werden“, heißt es laut „Welt“ in dem Papier.

Der Wahnsinn der Umverteilung

Ein weiteres Beispiel, das die „Welt“ für den Wahnsinn der Umverteilung zwischen Bund und Ländern nennt: Zehn von 16 Ländern erhalten vom Bund eine „Bundesergänzungszuweisung für zu hohe Kosten der politischen Führung“ – sie werden also dafür belohnt, einen aufgeblähten Regierungsapparat zu haben.

Das Ende vom Spiel

Für die gestiegenen Bundeszuschüsse sollen die 16 Länder im Gegenzug einer stärkeren finanzpolitischen Aufsicht, dem Stabilitätsrat, unterstellt und eine gemeinsame Schuldenaufnahme von Bund und Ländern durchgeführt werden. Schäuble will offenbar auch die im Koalitionsvertrag zugesagte stärkere Bundesbeteiligung an der Eingliederungshilfe für Behinderte auf den Prüfstand stellen.

Die aufgeführten Probleme, so mutmaßt „die Welt“ könnten am Ende durch noch höhere Bundesgelder beseitigt werden, etwa durch 10 statt 8,5 Milliarden Euro. Tatsächlich sind die anstehenden Verhandlungen wie ein Spiel, bei dem am Anfang niemand seine Trümpfe und seine maximale Verhandlungsposition auf den Tisch legen wird. Dann kann man am Ende sagen, man hätte doch schließlich mit sich reden lassen.