Sozialismus in Schwerin: Kevin Kühnert, Bundesvorsitzender der Jusos. (Foto: picture alliance/Gregor Fischer/dpa)
SPD

Marx lebt! – bei den Jusos

Kommentar „Sozialistisch. Feministisch. Internationalistisch“, so beschreibt sich die Jugendorganisation der SPD. Nicht sozialdemokratisch, nein, sozialistisch. Und das bewiesen die Jusos auf ihrem Bundeskongress in Schwerin dann auch. Eine Analyse.

Schon die erwachsenen Funktionäre der SPD erschrecken immer wieder mit merkwürdigen Positionen. Aber der SPD-Nachwuchs schlägt das um Längen. Auf ihrem Bundeskongress in Schwerin am vergangenen Wochenende zeigten sich die Jusos als Sozialisten alter Schule.

Projekt Linkswende

Sie verabschiedeten dort ihr neues Grundsatzprogramm „Projekt: Linkswende Sozialdemokratie“, das in der Tat linker kaum sein könnte.

In Punkt 3, den die Jusos harmlos als „Wirtschafts- und Finanzordnung demokratisieren“ betiteln, kommt Karl Marx zu hohen Ehren – auch wenn man betont, es gehe um einen „demokratischen Sozialismus“. Der Irrglaube, der Staat könne alles besser, ist unter den Jungsozialisten trotz zahlloser gescheiterter sozialistischer Experimente in der Vergangenheit immer noch unangetastete Ideologie. Beispielsweise wird das „kapitalistische System“ für die weltweite Umweltzerstörung allein verantwortlich gemacht, obwohl doch die sozialistischen Staaten von einst und heute wie die DDR, China oder die Sowjetunion bei weitem die größten Umweltsünder waren und sind.

Wir Jusos halten ein Privateigentum an Produktionsmitteln für unvereinbar mit einer demokratischen und sozialistischen Wirtschaftsordnung.

Juso-Grundsatzprogramm

In sieben Punkten aufgelistete „wesentliche Produktionsmittel“ sollen „vergesellschaftet“ – also enteignet und verstaatlicht – werden. Darunter sind nicht nur wie üblich die Banken sowie nicht näher definierte „große Fabriken“, sondern auch gleich die dort eingesetzten Maschinen, dazu Grund und Boden. „Sämtliche der Daseinsvorsorge dienende Strukturen und Systeme“ (insbesondere Strom, Wasser, Gas, Internet) gehen an den Staat, auch „große Logistikstandorte“, bestimmte „digitale Plattformen mit Standort in der Bundesrepublik“ (gemeint ist wohl u.a. Amazon) und auch „Kapitalvermögen, die eine festgesetzte Grenze überschreiten“.

Die selig machende Mutter Staat

Doch eigentlich soll der Staat die Wirtschaft komplett übernehmen, wie dieser Satz deutlich macht: „Wir Jusos halten ein Privateigentum an Produktionsmitteln für unvereinbar mit einer demokratischen und sozialistischen Wirtschaftsordnung. Die Produktionsmittel müssen denen gehören, die mit ihnen arbeiten oder in deren Diensten sie stehen.“

Dies gilt auch für die Wohnungspolitik, in der natürlich auch der Wohnungsmarkt „langfristig“ vergesellschaftet werden soll. Die Jusos wollen hier unter anderem „Großunternehmen auf dem Wohnungsmarkt“ zum Erwerbspreis enteignen, Mietpreisdeckel einführen sowie „die Deckelung der Zahl an Immobilien, die ein Mensch besitzen darf“. Die privatwirtschaftliche Organisation von Wohnraum soll sogar „nur noch die Ausnahme“ sein.

Niemand soll Eigentum an Grund und Boden haben, dieser gehört in öffentliche Hand.

Juso-Grundsatzprogramm

Und weiter geht es im Marx-Galopp: „Für uns ist deshalb langfristig klar: niemand soll Eigentum an Grund und Boden haben, dieser gehört in öffentliche Hand.“ Der Privatbesitz an Grund und Boden in Deutschland dürfte sich vermutlich auf mehrere Billionen Euro belaufen. Diesen komplett zu enteignen, wird auch langfristig absolut unbezahlbar sein.

Denn laut Grundgesetz muss der Staat für Enteignungen Entschädigungen zahlen. Wer die hunderten Milliarden, ja Billionen Euro zahlen soll, die alle angesprochenen Juso-Enteignungen kosten würden, das ist nicht ganz klar. Selbst wenn Enteignungen nur „schrittweise“ vorankämen, wie es die Jusos wollen. Hinzu käme: viele weitere Juso-Projekte wie eine Jobgarantie mit subventioniertem Arbeitsmarkt, ein erhöhter Mindestlohn oder die Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 25 Stunden würden den Haushalt und das Sozialsystem ruinieren. Und die Kontrolle all der Juso-Vorschriften dürfte einen gewaltigen und teuren bürokratischen Apparat erfordern.

Kontroll- und Innovationsverlust

Interessant ist auch, dass „Mitarbeiter*innen auch an allen unternehmerischen Entscheidungen im Betrieb mitwirken“ sollen. Der Unternehmer wird nicht nur enteignet, er verliert nach dem Willen der Jusos auch jede Kontrolle über sein Unternehmen: „Schließlich muss die Ausweitung der unternehmerischen Mitbestimmung in letzter Konsequenz dazu übergehen, die Organisation und Ausrichtung des Unternehmens gänzlich in die Hände der Beschäftigten zu übertragen.“ Denn diese hätten nicht nur Profit, sondern auch „andere gesellschaftliche Ziele“ im Auge. Ob die Arbeitnehmer tatsächlich die besseren Unternehmer wären, das ist allerdings nicht nur wegen mangelndem Fachwissen stark zu bezweifeln.

Doch die Arbeitnehmer sollen laut Jusos entscheiden, „was und wie insgesamt von einer Gesellschaft produziert wird“. Und auch die Vergabe von Bankkrediten für Unternehmen „darf dabei nicht der Profitmaxime folgen, sondern aus den demokratischen Erwägungen, welche Art von Investitionen und Unternehmungen gesellschaftlich wünschenswert sind“. Sie werden „daran ausgerichtet, ob die Produkte der Unternehmen gesellschaftlichen Anforderungen genügen“. Man kann sich vorstellen, was das für die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft bedeuten würde. Aber ein sozialistisches Bank- und Finanzsystem darf sowieso „niemals Kapitalerträge erwirtschaften“, nur seine Risiken und Verwaltungskosten als Zins einfordern.

Trotzt gescheiterter Planwirtschaft in allen sozialistischen Staaten dieser Erde fordern die Jusos: „Wir streben daher die schrittweise und gemeinwohlorientierte Vergesellschaftung von Produktionsmitteln an und wollen unsere gemeinsame Produktion demokratisch und sozialistisch organisieren.“ In Europa soll zudem niemand mehr sparen müssen: „eine Abkehr von jeglicher Austeritäts- und Sparpolitik der vergangenen Jahre“ wird gefordert. „Demokratisch“ ist das alles sicher nicht, es ähnelt eher einer längst vergangenen „Diktatur des Proletariats“.

Macht hoch die Tür!

Die Jusos wollen auch noch „eine effektive Vermögens- und eine hohe Erbschaftsteuer“. Auch private Kunst- und Kulturschätze müssten „gesellschaftlich zugänglich“ sein! Die Notenabschaffung wie auch die integrierte Gesamtschule nach einer vier- bis sechsjährigen Grundschule wird natürlich auch gefordert, auch wenn sie in allen Bildungsstudien schlechter abschneidet, weil sie sowohl starke wie auch schwache Schüler schwächer macht.

Für uns ist klar, dass alle Menschen unabhängig ihrer Herkunft dort leben können sollen, wo sie möchten.

Juso-Grundsatzprogramm

Der Wahnsinn hat damit aber noch kein Ende: Im Juso-Grundsatzprogramm wird unter anderem ein „globales Recht auf Migration“ festgeschrieben. „Für uns ist klar, dass alle Menschen unabhängig ihrer Herkunft dort leben können sollen, wo sie möchten“, heißt es unfassbar naiv. Das deutsche Sozialsystem, zumal mit den von den Jusos geforderten Umbauten, würde in wenigen Wochen kollabieren. Aber die linken Träumer fordern: „Jeder Grenzübertritt – ob auf dem Land-, See und Luftweg – mit dem Ziel, in einem Staat einen Asylantrag zu stellen, muss legalisiert sein. Diese Regelung muss die Durchreise einschließen.“

Konsequent: Die europäische Grenzschutzagentur Frontex soll abgeschafft werden. Die EU oder die Bundesrepublik sollen „humanitäre Visa“ für alle Reisewilligen einführen, die „gebührenfrei und unbürokratisch“ in den Botschaften zu Verfügung gestellt werden. Außerdem müsse der sichere Transport in die EU organisiert und obendrein die Reisekosten übernommen werden. Wozu die Jusos dann noch die Seenotrettung wiederaufnehmen wollen, erschließt sich allerdings nicht mehr.

Linke an die Macht

Für alle Menschen, die dann hier sind, erklären die Jusos auch gleich noch: „Solange es keine europäische oder weltweite Staatsbürger*innenschaft gibt, muss für alle Menschen die Mehrstaatlichkeit ermöglicht und sowohl aktives wie auch passives Wahlrecht für alle in Deutschland lebenden ermöglicht werden.“ Nach der Einreise bekommt also jeder einen deutschen Pass und kann dann bei entsprechendem Alter gleich als Bürgermeister oder Kanzler kandidieren.

Immerhin: Die Jusos ordnen sich gar nicht mehr im Sinne einer Volkspartei ein. „Jusos sind der linke Richtungsverband innerhalb der SPD“, heißt es da. Aber dabei soll es am Ende nicht bleiben. Linke Kräfte sollen flächendeckend „Führungspositionen“ innerhalb der SPD einnehmen und diese inhaltlich prägen. Und segensreich wirken.