Bundesinnenminister Horst Seehofer besucht den Tatort, die Synagoge von Halle/Saale. (Foto: Picture alliance/AP Photo/Jens Meyer)
Antisemitismus

Entsetzen nach dem Anschlag von Halle

Nach dem antisemitisch motivierten Anschlag von Halle mit zwei Todesopfern haben sich Politiker der CSU bestürzt und entsetzt geäußert und den Angehörigen der Opfer kondoliert. Die Bewachung von Synagogen in Bayern wird verstärkt.

Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat sich bestürzt über die offenbar antisemitisch und rechtsextrem motivierten Angriffe in Halle/Saale geäußert, bei denen zwei Menschen getötet wurden. „Das schreckliche Verbrechen in Sachsen-Anhalt macht tief betroffen“, sagte Söder. Er betonte: „Gerade jetzt gehört unseren jüdischen Mitbürgern unsere besondere Solidarität.“ Bayern stehe fest an der Seite der jüdischen Gemeinden. Zugleich teilte Söder mit, dass die bayerische Polizei die Bewachung jüdischer Einrichtungen und Synagogen im Freistaat verstärkt habe.

Das ist ein abscheulicher Angriff auf unser friedliches Zusammenleben.

Horst Seehofer (CSU), Bundesinnenminister

Bundesinnenminister Horst Seehofer erklärte: „Ich bin über diese Tat zutiefst bestürzt und verurteile sie auf das Schärfste. Das ist ein abscheulicher Angriff auf unser friedliches Zusammenleben. Ich denke an die Opfer und Ihre Familien und wünsche den Verletzten eine schnelle und vollständige Genesung.“ Seehofer hat in Halle gemeinsam mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster und Landesinnenminister Holger Stahlknecht (CDU) den Tatort besucht.

Joachim Herrmann gibt der AfD eine Mitschuld

Nach bisherigen Erkenntnissen der Ermittler hat der 27 Jahre alte Stephan B. schwerbewaffnet versucht, am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur in der Synagoge in Halle/Saale ein Blutbad unter den etwa 50 bis 80 Gläubigen anzurichten. Der mutmaßliche Rechtsextremist und Antisemit wollte nach Angaben aus Sicherheitskreisen die Synagoge mit Waffengewalt stürmen, scheiterte jedoch an der gepanzerten Eingangstür. Danach soll der Mann vor dem Gotteshaus und in einem nahen Döner-Imbiss zwei Menschen erschossen und mindestens zwei weitere verletzt haben. Er floh vom Tatort und wurde festgenommen.

Höcke ist einer der geistigen Brandstifter, wenn es darum geht, wieder mehr Antisemitismus in unserem Land zu verbreiten.

Joachim Herrmann (CSU), Bayerns Innenminister

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gab der AfD eine Mitschuld an dem an der Tat. „Das eine sind diese schrecklichen Gewalttäter, vor denen wir uns schützen müssen, das andere sind auch die geistigen Brandstifter, da sind in letzter Zeit auch einige Vertreter der AfD in unverschämter Weise aufgefallen“, sagte Herrmann im Bayerischen Rundfunk. Namentlich nannte Herrmann in diesem Zusammenhang den Thüringer AfD-Spitzenpolitiker, Björn Höcke: „Höcke ist einer der geistigen Brandstifter, wenn es darum geht, wieder mehr Antisemitismus in unserem Land zu verbreiten. Darüber müssen wir jetzt die politische Auseinandersetzung konsequent führen.“

Joachim Herrmann kündigte an, in den nächsten Tagen gemeinsam mit den jüdischen Gemeinden in Bayern zu prüfen, ob deren Synagogen ausreichend geschützt sind, um ähnliche Angriffe zu verhindern. Schon jetzt habe man die Polizeipräsenz vor den Gotteshäusern verstärkt, erklärte der Innenminister.

Dramatischer Einschnitt für ein freies Land

Der bayerische Antisemitismus-Beauftragte Ludwig Spaenle (CSU) unterstrich: „Wenn am höchsten jüdischen Feiertag auf deutschem Boden Menschen getötet werden, bei einem offenbar terroristischen Angriff, der gegen Mitglieder und Besucher einer Synagoge gerichtet war, dann ist das ein schreckliches, ein schockierendes Ereignis.“ Spaenle sagte zu FOCUS Online weiter: „Die Tat stellt einen dramatischen Einschnitt dar für ein freies Land, in dem jeder Mensch seine Religion frei ausüben darf.“ Der ehemalige Kultusminister sieht die „gesamte Gesellschaft in der Pflicht“, solche Gewalttaten zu ächten und in Zukunft zu verhindern.

Der Staat mit seinen Sicherheitsbehörden muss noch intensiver den Kampf gegen Rechtsextremisten führen und rechtsextreme Netzwerke frühzeitig erkennen und zerschlagen.

Volker Ullrich, innen- und rechtspolitischer Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag

„Die Tat von Halle macht deutlich, dass der Rechtsextremismus eine sehr große und reelle Bedrohung darstellt“, sagte der innenpolitische Sprecher der CSU im Bundestag, Volker Ullrich. „Der Staat mit seinen Sicherheitsbehörden muss noch intensiver den Kampf gegen Rechtsextremisten führen und rechtsextreme Netzwerke frühzeitig erkennen und zerschlagen.“ Ullrich lobte, dass das Personal in diesem Bereich bereits deutlich aufgestockt wurde. Dennoch forderte er: „Nun muss insbesondere verstärkt der Frage nachgegangen werden, wie Rechtsextreme sich bewaffnen, Einzelne sich radikalisieren und was die Sicherheitsbehörden dagegen tun können und müssen.“

Solidarität mit den jüdischen Mitbürgern

„Wenn an Jom-Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag, Menschen von einem Rechtsextremisten ermordet werden, dürfen wir nicht wegsehen. Das ‚Erinnern für die Zukunft‘ ist die zentrale Lehre aus dem Holocaust und den Verbrechen der Nationalsozialisten“, erklärte Landtags-Vizepräsident Karl Freller. „Wir stehen zu unseren jüdischen Mitbürgern und den jüdischen Gemeinden in Deutschland. Wir dürfen nicht zulassen, dass sie in Angst und Unsicherheit ihren Glauben leben müssen“, sagte Freller, der auch Sprecher für Fragen der Israelitischen Kultusgemeinden der CSU- Landtagsfraktion ist. „Antisemitismus, Rechtsextremismus und Fremdenhass haben keinen Platz in unserer Gesellschaft.“

Entsetzen herrscht auch auf europäischer Ebene: „Was für ein Schock, es ist einfach undenkbar“, twitterte der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber (CSU). „Jüdisches Leben wird auf deutschem Boden angegriffen und Menschen sterben. Unsere Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen und bei den zuständigen Sicherheitskräften. Antisemitismus darf keine Chance in Europa haben“, so Weber.