Weniger Fläche verbrauchen für Discounter&Co: Der Freistaat setzt neue Maßnahmen durch. (Bild: Imago images/argum/Falk Heller)
Flächensparen

Überzeugung statt Verbote

Die Staatsregierung hat eine Flächensparoffensive beschlossen. Ein umfangreicher Maßnahmenkatalog und fünf Hektar als Richtgröße im Landesplanungsgesetz sollen dieses Ziel unterstützen. Auf Zwang wie bei den Grünen wird aus guten Gründen verzichtet.

Die Staatsregierung setzt den im Koalitionsvertrag vereinbarten Weg zur Reduzierung des Flächenverbrauchs in Bayern mit einer umfassenden Flächensparoffensive um. Die Einführung eines unverbindlichen Richtwerts von fünf Hektar pro Tag für den landesweiten Flächenverbrauch wird mit einem Bündel an Maßnahmen flankiert.

Kommunen werden nicht bevormundet

Statt Bevormundung kommunaler Entscheidungsträger durch starre Flächengrenzen auf Gemeindeebene wie im aktuellen Gesetzentwurf der Grünen setzt die Staatsregierung auf gemeinschaftliche Lösungen und Überzeugung statt Verbote. Der grüne Plan würde zudem eine monströse Bürokratie nach sich ziehen, auch dies soll vermieden werden. Um Fläche zu sparen, soll nach den Worten von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) und Bauminister Hans Reichhart (CSU) zum Beispiel künftig höher und dichter gebaut werden.

Insgesamt soll ein sachgerechter Ausgleich zwischen der erforderlichen Reduzierung der Flächeninanspruchnahme einerseits und wichtigen weiteren Anliegen wie der Schaffung gleichwertiger Lebens- und Arbeitsverhältnisse oder der Schaffung bezahlbaren Wohnraums erreicht werden, heißt es in einer Mitteilung der Staatskanzlei. Das beschlossene Paket sei der „Einstieg in einen andauernden Prozess zur nachhaltigen Reduzierung des Flächenverbrauchs“.

Die Maßnahmen im Einzelnen

Die Bayerische Staatsregierung ändert das Bayerische Landesplanungsgesetz (BayLplG) und dessen Grundsätzekatalog mit dem Ziel, einen wesentlichen Beitrag zum Flächensparen zu leisten.

Wichtigster Bestandteil der Flächensparoffensive soll eine Ziel- und Richtgröße von fünf Hektar pro Tag für die erstmalige planerische Inanspruchnahme von Freiflächen im Außenbereich für Siedlungs- und Verkehrszwecke sein. Das Fünf-Hektar-Ziel soll schrittweise bis spätestens 2030 erreicht werden. Über das benötigte Maß hinaus sollen keine Flächen mehr verbraucht werden. Hierzu sollen Gemeinden künftig den Bedarf neuer Baugebiete nach einheitlichen Kriterien darlegen und die entstehenden Folgekosten darstellen müssen. Dabei soll das Landesentwicklungsprogramm (LEP) im Hinblick auf das Flächensparen künftig eng ausgelegt werden.

Weitere Kernpunkte sind:

  • Ein Leerstandsmanagement zur Erfassung leerstehender Gebäude oder unbebauter Grundstücke im Innenbereich von Dörfern oder Städten soll flächendeckend eingeführt werden.
  • Die tatsächliche Versiegelung von Grund und Boden soll erfasst werden, da Flächenverbrauch durch Asphaltierung anders ins Gewicht fällt als etwa durch Randstreifen und Böschungen bei Straßen, sowie Sport- oder Golfplätze.
  • Flächensparmanager sollen an den Regierungen eingesetzt werden, die koordinierend und beratend tätig werden.
  • Regionalkonferenzen und regelmäßige Veranstaltungen sollen Entscheidungsträger und eine breite Öffentlichkeit zum Thema Flächensparen sensibilisieren. Hier werden auch Sammlungen und Veröffentlichungen von Best-Practice-Beispielen eine wichtige Rolle spielen.
  • Schnellere und größere Erfolge können dann erzielt werden, wenn sich Kommunen und Privatpersonen ebenso wie der Freistaat um das Flächensparen bemühen. Daher sollen die Informations- und Beratungsangebote der Staatregierung insbesondere für Kommunen, aber auch für den privaten Bereich deutlich ausgebaut werden.

Änderungen im Bauplanungsrecht

Im Bauplanungsrecht ergreift Bayern außerdem die Initiative im Bundesrat, um Gebäudeaufstockungen und Nachverdichtungen zu erleichtern. Ebenso soll bei der Stellplatzpflicht platzsparenden Lösungen wie Tiefgaragen oder Parkhäusern der Vorzug gegeben werden. Darüber hinaus soll ein vereinfachtes Abstandsflächenrecht in der Bauordnung zu höherem und dichterem Bauen führen.

Die Staatsregierung will auch die im vergangenen Jahr beschlossenen Lockerungen beim Anbindegebot wieder rückgängig machen. Mit diesen Lockerungen sollte die Ansiedlung von Gewerbebetrieben erleichtert werden. Ob darüber hinaus weitere Änderungen am Anbindegebot erforderlich sind, soll eine Evaluierung ergeben.

Die Ursache für Flächenverbrauch

Eine Ursache für die starke Bautätigkeit im Freistaat ist die Zuwanderung aufgrund seiner erfolgreichen Wirtschaft. So hat der 18. Raumordnungsbericht ergeben, dass die Bevölkerung Bayerns im Berichtszeitraum 2013 bis 2017 um 3,8 Prozent auf nun über 13 Millionen Einwohner zugenommen hat. Das Plus von 480.000 Personen verteilte sich auf alle Gebietskategorien, wie den Verdichtungsraum (+ 4,8 Prozent), gemeint sind die Städte, oder den ländlichen Raum (+ 3,0 Prozent).

Auch die Wirtschaftskraft entwickelte sich in den vergangenen Jahren positiv. Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner stieg zwischen 2012 und 2016 um 11,7 Prozent auf rund 44.200 Euro und lag damit deutlich über dem gesamtdeutschen Wert (rund 38.400 Euro). Bemerkenswert ist, dass sowohl der ländliche Raum (+ 12,1 Prozent) als auch der Raum mit besonderem Handlungsbedarf (+ 11,9 Prozent) höhere Zuwächse als der Verdichtungsraum (+ 10,9 Prozent) verbuchen konnten. Räume mit besonderem Handlungsbedarf sind spezifische Räume mit besonderen Sanierungs-, Entwicklungs- und Förderaufgaben, also strukturschwache Räume – in Bayern etwa die ehemaligen Grenzregionen im Osten.

Zustimmung in der Wirtschaft

Unterstützung für das Flächensparkonzept der Staatsregierung kommt aus der Wirtschaft. Der Bayerische Industrie- und Handelskammertag (BIHK) lobt den Ansatz, Kommunen mehr Handlungsmöglichkeiten für eine langfristige und effiziente Flächennutzung an die Hand zu geben. „Mehr Effizienz bedeutet weniger Flächenbedarf. Wir stehen zu diesem pragmatischen und lösungsorientierten Vorgehen“, erklärt BIHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl.

Gößl fordert die Regierung auf, noch mehr Anreize zur interkommunalen Zusammenarbeit zu setzen: „Wir brauchen mehr Abstimmung zwischen benachbarten Kommunen. Hier gibt es viel Potenzial, den vorhandenen Raum gemeinsam besser zu nutzen.“