Weiter Präsidententauglich: Manfred Weber (l.), der von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder gelobt wird. (Bild: imago images /Alexander Pohl)
Manfred Weber

Nächster Versuch in fünf Jahren

Trotz des für ihn negativen Ausgangs beim unsäglichen Postenpoker um Chefsessel in der EU-Kommission traut CSU-Chef Markus Söder seinem Vize Manfred Weber den Karrieresprung weiterhin zu. Zur nächsten Wahl könne Weber erneut antreten.

Das Postengeschacher der europäischen Staatschefs um ihre wichtigsten Posten, das zu einer Ausbootung des EVP-Spitzenkandidaten Manfred Weber geführt hat, muss nicht das Ende für dessen Chancen sein, EU-Kommissionspräsident zu werden.

Ein Zwischenschritt

CSU-Chef Markus Söder traut seinem Vize Manfred Weber den Karrieresprung weiterhin zu. „Er hat meine Unterstützung. Manfred hat sich weiter für den europäischen Weg entschieden“, sagte Söder der Deutschen Presse-Agentur in München.

In politischen Karrieren geht nicht alles auf Anhieb.

Markus Söder

Weber und die CSU hätten in den vergangenen Wochen bei der Bevölkerung viel Achtung und Respekt gewonnen. Für Webers Karriere könne der Verzicht nur ein Zwischenschritt sein. „In politischen Karrieren geht nicht alles auf Anhieb. Das Ziel Kommissionspräsident in fünf Jahren erneut anzustreben ist mehr als realistisch.“

Erzwungener Verzicht

Weber hatte nach der Europawahl insbesondere durch den Widerstand des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron weder im EU-Parlament noch bei den Staatschefs im Europäischen Rat eine Mehrheit für seine Wahl zum Kommissionschef hinter sich vereinen können.

In der Folge hatte er dann zugunsten der bisherigen Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) seinen Verzicht auf das Spitzenamt erklärt – mangels Erfolgsaussichten erklären müssen. Ob das Parlament von der Leyen aber tatsächlich zur Kommissionspräsidentin wählt, ist noch keineswegs sicher.

Die Enttäuschung ist mehr als verständlich. Ich habe es auch als bittere Niederlage der Demokratie empfunden.

Markus Söder

Die CSU-Basis, aber auch viele EU-Bürger, hatten mit Wut und Ärger auf das europäische Postengeschacher reagiert. „Die Enttäuschung ist mehr als verständlich. Ich habe es auch als bittere Niederlage der Demokratie empfunden“, fasste Parteichef Markus Söder die Situation zusammen. Nach dem was er wisse, könne die CSU aber der Bundeskanzlerin keinen Vorwurf machen, die für ihren mangelnden Einsatz für Weber kritisiert wurde. Auch die Ersatz-Kandidatin von der Leyen wird vielfach abgelehnt.

Unterstützung für von der Leyen

In der Partei müsse die Enttäuschung auch offen artikuliert werden, so Söder weiter. „Was aber trotzdem wichtig ist – und das schafft die CSU – man muss die richtige Balance zwischen Enttäuschung und Verantwortung zeigen.“ Wie dies gehe, zeige sich am besten an Weber, der seine eigenen Karrierepläne zugunsten Europas und der EVP hinten anstelle und nun von der Leyen unterstütze. Söder: „Das führt dazu, dass die CSU den Weg auch schweren Herzens mitgehen sollte.“

Immerhin kündigte von der Leyen nun an, sich für ein neues Spitzenkandidatenmodell stark machen zu wollen. Es brauche ein Verfahren, das sowohl vom Parlament als auch von den Staats- und Regierungschefs akzeptiert werde. Darüber hinaus unterstützte sie die Forderung der Liberalen nach einer Demokratie-Konferenz zur Reform der EU.

Keine Hinterzimmer-Politik mehr

Bayerns Ministerpräsident sieht ebenfalls einen Arbeitsauftrag für die Zukunft: „Die Prozesse der letzten Wochen haben offenbart, dass Europa schon vor einer institutionellen Herausforderung steht zwischen Rat und Parlament.“ Es gebe einen großen Reformbedarf, der Kontinent müsse zusammengeführt werden: „Da Bayern im Herzen von Europa ist, bleibt unser proeuropäischer Kurs nicht nur bestehen, wir kämpfen für die Ideale auch weiter.“

Die Prozesse der letzten Wochen haben offenbart, dass Europa schon vor einer institutionellen Herausforderung steht.

Markus Söder

Konkret heißt dies für Söder und die CSU, dass das Spitzenpersonal nicht noch einmal in „Hinterzimmern“ von den Staatschefs bestimmt werden dürfe, sondern von den Wählern mit der Stimmabgabe vorgegeben werde müsse. „Das Spitzenkandidaten-Prinzip hatte das Problem, dass es eine politisch gewollte Konzeption war, die aber rechtlich nicht abgedeckt war in den Verträgen. Deswegen müssen alle mithelfen, die Verträge zumindest weiterzuentwickeln, damit das Spitzenkandidaten-Konzept in fünf Jahren besser zum Tragen kommt.“

Eine Änderung der Europäischen Verträge hält Söder zwar für schwierig, aber wegen der weltpolitischen Gemengelage zwischen den USA, China und Russland nicht für unmöglich: „Der Druck von außen und die Notwendigkeit etwas zu verändern sind so groß, dass am Ende auch Mehrheiten zustande kommen werden.“ Leider sei Deutschland im Moment wegen der „Lähmung der SPD“ in der großen Koalition im eigenen Land und in Europa nur bedingt handlungsfähig.