Die Wähler werden ausgelacht: SPD-Bürgermeister Carsten Sieling nach Sondierungen bei den Grünen. (Bild: imago images/Eckhard Stengel)
Rot-Rot-Grün

„Weiter so“ in Bremen

Kommentar In Bremen wird es künftig wohl eine rot-rot-grüne Koalition geben. Zumindest wollen dies die Grünen. Damit wird die Erfolglosigkeit in der Hansestadt zementiert. Mehr noch: Ein weiterer Abstieg des kleinsten Bundeslandes ist zu befürchten.

Dass der Spitzenkandidat der CDU und Wahlsieger in Bremen, Carsten Meyer-Heder, dennoch nicht Bürgermeister in der Hansestadt werden würde, war zu befürchten. Nun haben die Grünen – wie zu erwarten – auch offiziell einem Bündnis mit der SPD und der Linkspartei den Vorzug gegeben. Zwar ist noch nicht ganz klar, ob auch die grünen Mitglieder und die Linkspartei mitziehen, aber das dürfte nur eine Formalität sein.

Die Verlierer gewinnen

Mag die SPD, die fast 8 Prozent der Stimmen verloren hat und erstmals seit Kriegsende nur auf Platz zwei in Bremen kam, der krasse Wahlverlierer in der seit fast 74 Jahren rot regierten Hochburg sein – am Ende wird sie wohl weiter das Rathaus führen.

Mag sein, dass der vor der Wahl weitgehend unbekannte CDU-Quereinsteiger 40.000 persönliche Stimmen mehr hat als der überall bekannte Amtsinhaber Carsten Sieling (SPD) – am Ende will und wird der aber weiter Bürgermeister bleiben, wenn ihn seine Partei noch einmal lässt.

Mag sein, dass Sieling vor der Wahl dazu aufrief, seinen aktuellen grünen Koalitionspartner nicht zu wählen – am Ende werden die so Geschmähten dennoch mit ihm koalieren.

Das wäre eine Koalition, die das Gestern zementiert, statt das Morgen zu gestalten.

Markus Blume, CSU-Generalsekretär

Mag sein, dass auch die rot-grüne „Landes“regierung klar abgewählt wurde – am Ende wird sie dennoch weitermachen. Es reicht dann auch nicht, dass man durchaus aus dem Wahlergebnis ableiten kann, dass viele Bremer einen Politikwechsel wollten. Zumal auch laut Umfragen nur vier von zehn Bürgern eine rot-rot-grüne Koalition wollte, auch wenn dies das Bündnis mit der höchsten Zustimmung war.

SPD und Grüne kleben weiter an der Macht. Die Zeitung Die Welt titelte, dass das „Pattex-Trio“ eine „Verhöhnung des Bremer Wählerwillens“ wäre. Genauso kommt es nun.

Die Wiederwahl der Erfolglosen

Wie kann es sein, dass Erfolglosigkeit immer und immer wiedergewählt wird, fragt man sich als Außenstehender? Denn erfolgloser als Bremen kann ein „Bundesland“ eigentlich nicht regiert werden. In Bildungsumfragen liegt die Hansestadt regelmäßig auf den hintersten Plätzen. Im „Bildungsmonitor“ des vergangenen Jahres stand etwa dieses vernichtende Urteil: „Bei der Überprüfung der Kompetenzen von Viertklässlern in Deutsch und Mathematik aus dem Jahr 2016 und bei der Überprüfung der Bildungsstandards beim Lese-Kompetenztest von Neuntklässlern im Jahr 2015 schnitt Bremen schlechter als alle anderen Bundesländer ab.“

Die Hansestadt hat mit Abstand die höchste Pro-Kopf-Verschuldung aller Bundesländer, die Asylpolitik ist völlig verfehlt, die Sicherheitslage lässt mehr als nur zu wünschen übrig – arabische Kriminellen-Clans beherrschen laut Medienberichten mehr oder weniger ganze Straßenzüge.

Trotz der seit vielen Jahren hervorragenden Konjunktur schafft es die Stadt laut Sieling heuer zum ersten Mal, ihr strukturelles Defizit in Richtung ausgeglichenen Haushalt zu bringen. Ausgerechnet im Wahljahr also – ein Schelm, wer Böses dabei denkt. In den kommenden vier Amtsjahren wolle er nun deutlich mehr Geld in Bildung, wirtschaftliche Entwicklung und „nachholende Sanierung“ investieren, versprach der Bürgermeister im Wahlkampf. Ganz so, als ob er nicht schon seit Jahren im Amt wäre.

In den Koalitionssondierungen musste die SPD aber schon einen ersten Dämpfer in Bezug auf wirtschaftliche Entwicklung hinnehmen, so ist zu hören: Nach ­Informationen des Weser-Kurier haben die Grünen den von der SPD immer vehement verteidigten Bau des Offshore-Terminals Bremerhaven (OTB) de facto gestoppt, da der Schwerlasthafen nun nicht weiter vorangetrieben werden soll.

Nichts wird sich ändern

Was bedeutet das rot-rot-grüne Bündnis noch für Bremen? Zunächst bedeutet es ein „Weiter so!“ der beispiellos erfolglosen, bisher nur rot-grünen Politik. Nichts wird sich ändern, nein, alles wird sich noch verschlechtern. Denn mit der Linkspartei sind nun wirklich keine Fortschritte in allen relevanten Politikfeldern zu erwarten. Im Gegenteil: Der Landesverband setzt auf sozialistische Ideen der Vergangenheit.

So sollen mehr als ein Jahr leer stehende Gebäude und Brachflächen ohne anstehenden Baubeginn in städtisches Eigentum überführt werden . Was die Bremer Linke generell vom Eigentum hält, macht sie ebenfalls klar: „Eine entscheidende Frage gesellschaftlicher Veränderung ist und bleibt die Frage des Privateigentums am Produktionskapital“, schreibt die Partei. Man strebe „die demokratische Vergesellschaftung privatwirtschaftlich beherrschter Märkte auf der Grundlage von staatlichem, kommunalem, genossenschaftlichem oder Belegschaftseigentum“ an.

Grüne Heuchelei

Zudem zeigt sich erneut, dass die Grünen keine bürgerliche, sondern eine linke Partei sind. Eigentlich müsste das jeder wissen, der ein Blick in das grüne Programm wirft und nicht auf einer Felseninsel im Pazifik lebt. Im Wahlkampf hatten die Grünen bewusst eine Koalitionsaussage vermieden, obwohl jeder wusste, mit wem sie koalieren wollen. Das war Wählertäuschung.

Und jetzt schoben die Grünen die Schuld am Jamaika-Scheitern auch noch auf die FDP, die sich etwa einer autofreien Innenstadt verweigerte. Diese Begründung war dreist, denn die grüne Frontfrau Maike Schaefer machte im selben Atemzug deutlich, was ja alle längst wussten: „Wir sind überzeugt, dass die Übereinstimmungen mit SPD und Linken größer sind.“ Schaefer weiter: „Da sind bei Rot-Grün-Rot die Big Points geeint.“

Ausschlaggebend seien Themen wie Klimaschutz, Bildung, Energie- und Verkehrswende sowie soziale Fragen wie Kinderarmut oder Integration. Rot-Grün-Rot biete eine stabile Mehrheit für „mutige, neue Schritte in der Politik des Landes Bremen“. Aber sind die Grünen nicht seit Jahren in der Bremer Regierung? Hätten sie diese Themen nicht längst bearbeiten und die „mutigen, neuen Schritte“ gehen können?

Keine „Big Points“

Rot-Rot-Grün in Bremen bedeutet auch, dass zum ersten Mal im Westen die Linkspartei in Regierungsverantwortung kommt. Man muss sich das klarmachen: die Mischung aus Linksaußen-Wirrköpfen und den Erben der SED, von denen in Deutschland Teile vom Verfassungsschutz beobachtet werden, stellt jetzt auch Minister in Bremen. 30 Jahre nach dem Mauerfall. Und wieder einmal fragt man sich, warum der Aufschrei dagegen nicht genauso groß ist, wie wenn die Union die AfD ins Boot holen würde.

Nein, „Big Points“ sind für Bremen nicht zu erwarten, eher das Gegenteil. „Wir lieben Bremen“, plakatierte die SPD im Wahlkampf. Das kleinste Bundesland wird weiter spüren, dass man nicht allen Liebesschwüren trauen kann.