Das Migrationspaket öffnet die Grenzen für Fachkräfte, sorgt aber auch für konsequente Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber. (Symbolfoto: Picture Alliance/dpa)
Koalition

Migrationspaket auf dem Weg

Mitten in der schweren Krise der SPD beweist die Koalition Handlungsfähigkeit: Acht wichtige Gesetze zur Migration wurden von den Fraktionen verabschiedet. Dabei geht es um Fachkräfte-Zuwanderung und schnellere Abschiebung abgelehnter Asylbewerber.

Dia Koalition stürzt sich trotz der schweren Krise der SPD in die Sacharbeit und beweist Handlungsfähigkeit: Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD haben ein Paket aus acht Gesetzen zur Migration beschlossen, unter anderem zur Fachkräftezuwanderung, zur Duldung für abgelehnte Asylbewerber mit festem Job, Leistungen für Asylbewerber und zu einer Verbesserung der Erfolgsquote bei Abschiebungen. Die acht Gesetze waren in den vergangenen Monaten bereits der Reihe nach vom Kabinett verabschiedet worden, am Freitag soll das Migrationspaket in Dritter Lesung im Bundestag beschlossen werden.

Wir brauchen das Fachkräftezuwanderungsgesetz dringend für die Wirtschaft.

Horst Seehofer (CDU), Bundesinnenminister

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat Kritik mehrerer Oppositionspolitiker an den Beratungen zum Gesetz zur Fachkräftezuwanderung zurückgewiesen. „Da geht es nicht um Durchpeitschen. Wir haben das Gesetz schon vor Weihnachten im Kabinett beschlossen“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Und wir brauchen das Fachkräftezuwanderungsgesetz dringend für die Wirtschaft.“ Mehrere Oppositionspolitiker hatten das hohe Tempo beklagt, mit dem über diese Migrations- und Asylvorhaben beraten wird.

Aussichtslose Asylanträge lohnen sich nicht mehr

Die CSU-Politikerin Andrea Lindholz lobte das Migrationspaket der großen Koalition als deutliches Zeichen: „Wir senden das Signal: Aussichtslose Asylanträge lohnen sich nicht“, sagte die Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags der Passauer Neuen Presse. „Wir schaffen neue Wege für Fachkräfte, weil unsere überalternde Volkswirtschaft qualifizierte Zuwanderung braucht, und zwar nicht nur von Akademikern“, sagte sie. „Zudem schärfen wir mit dem Gesetz zur geordneten Rückkehr die Instrumente, um die Ausreisepflicht von abgelehnten Asylbewerbern durchzusetzen.“ Eine Schlüsselfunktion hätten die Anker-Zentren, die verhindern sollen, dass ausreisepflichtige Personen in die Kommunen verteilt würden.

Letztes Jahr sind mehr Abschiebungen gescheitert, als erfolgreich durchgeführt wurden. Das lag vor allem daran, dass die Betroffenen untertauchen.

Andrea Lindholz, CSU

Abgelehnte Asylbewerber, die bereits eingereist seien, erhielten mehr Integrationshilfe und die Chance auf eine Bleibeperspektive, „wenn sie arbeiten, sich selbst versorgen oder eine Berufsausbildung absolvieren“, so Lindholz. Wer aber über seine Identität täusche oder Straftaten begehe, müsse das Land verlassen. In Zukunft gelte bei Integrationsangeboten ausschließlich der Asylbescheid, so dass nur Schutzberechtigte integriert würden. „Außerdem kann der Ausreisegewahrsam künftig bereits angeordnet werden, wenn jemand ohne Grund seine Ausreisefrist um 30 Tage überschritten hat“, erläutert Lindholz.

Der Staat muss das Asylrecht vollständig durchsetzen

Beim Thema Abschiebungen sieht Lindholz die Bundesländer in der Pflicht. „Letztes Jahr sind mehr Abschiebungen gescheitert, als erfolgreich durchgeführt wurden. Das lag vor allem daran, dass die Betroffenen untertauchen“, erklärt sie. Der Staat müsse sein Asylrecht vollständig durchsetzen – und dazu gehöre auch die Ausreise der abgelehnten Asylbewerber. „Sonst verliert unser Asylsystem seine Glaubwürdigkeit und seine gesellschaftliche Akzeptanz.“

Wir arbeiten normal weiter.

Ralph Brinkhaus, CDU

Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei (CDU), sprach von einem „runden Paket“. Man werde sowohl den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes gerecht als auch den humanitären Verpflichtungen, sagte Fraktionsvize Hermann Gröhe (CDU). Die Einigung auf das Migrationspaket mit seinen acht Gesetzen sei ein langer Prozess gewesen, der nicht immer einfach verlaufen sei, betonte Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU). Frei und Gröhe verwiesen auf zahlreiche Nachschärfungen im Laufe der parlamentarischen Beratungen, die die Unionsfraktion der SPD abgerungen habe. Die Einigung war trotz der SPD-Turbulenzen Anfang der Woche zustandegekommen. Dies zeigt laut Brinkhaus: „Wir arbeiten normal weiter.“

Einreise zur Berufsausbildung wird möglich

Frei erklärte, man wolle die Voraussetzung schaffen, um die Migration aus Drittländern in den deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern. Dies sei angesichts des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels erforderlich. Andererseits müsse wirksam durchgesetzt werden können, dass Ausländer ohne Bleiberecht das Land auch wieder verlassen. Gröhe sagte, der Fachkräftemangel wirke wie eine Wachstumsbremse. Um ihn zu beheben, sollen IT-Experten aus Nicht-EU-Staaten künftig auch ohne formalen Abschluss zum Arbeiten nach Deutschland kommen können. Sie müssen dann aber eine dreijährige einschlägige Berufserfahrung vorweisen. Erstmals wird auch – auf fünf Jahre befristet – die Möglichkeit geschaffen, zur Suche eines Ausbildungsplatzes nach Deutschland einzureisen. Allerdings dürfen die Bewerber noch keine 25 Jahre alt sein und müssen über gute deutsche Sprachkenntnisse verfügen.

Bei der Ausreisepflicht soll künftig klarer zwischen denjenigen unterschieden werden, die unverschuldet an ihrer Ausreise gehindert sind, und denjenigen, die tricksen, täuschen oder sich nicht um die Beschaffung ihres Passes kümmern. Im Rahmen des Geordnete-Rückkehr-Gesetzes werden die Hürden für die Verhängung des Ausreisegewahrsams gesenkt, damit mehr Ausreisepflichtige tatsächlich abgeschoben werden können. Die Regelung zur Duldung von Ausreisepflichtigen mit einer Beschäftigung wird auf Altfälle beschränkt, also auf Menschen, die vor dem 1. August 2018 eingereist sind. Ende 2023 läuft die Beschäftigungsduldung komplett aus.