Der Klimawandel verändert die Welt. Aber SPD und Grüne sind offenbar anderer Ansicht. (Bild: Imago/blickwinkel/McPhoto/M. Gann)
Klimaschutz

Rot-Grüner Offenbarungseid

Kommentar SPD und Grüne stimmten am Donnerstag indirekt gemeinsam mit der AfD gegen den Klimaschutz als Staatsziel. Ein parteipolitisches Spielchen, das offenbar selbst bei einigen der eigenen Abgeordneten nicht gut ankam. Es war der Gipfel der Scheinheiligen.

Am Donnerstag enthielten sich SPD und Grüne bei der Abstimmung zur Aufnahme des Klimaschutzes als Staatsziel in die Bayerische Verfassung. Das waren damit indirekt Stimmen gegen eine Maßnahme, die sie selbst gefordert hatten. Und die nur von den Klimawandel-Leugnern der AfD abgelehnt wird.

Die Scheinheiligen

Vor ziemlich genau einem Jahr brachten die Freien Wähler einen ähnlich lautenden Vorstoß in den Landtag ein, den SPD und Grüne unterstützten. Und in Niedersachsen plädierte noch im Januar der dortige Umweltminister Olaf Lies (SPD) dafür, Klimaschutz in die niedersächsische Verfassung aufzunehmen. Dies führe dazu, dass unter anderem neue Gesetze auch auf ihre Folgen für das Klima abgeklopft werden müssten. Fakt ist: Die Aufnahme des Klimaschutzes als Staatsziel ist ein Gebot, an dem sich alle Handlungen der öffentlichen Gewalt messen lassen müssten.

Aber gut, von den 6-Prozent-Umfrage-Winzlingen der SPD erwartet in Bayern ohnehin niemand mehr rationale Entscheidungen. Doch ausgerechnet die von vielen Medien bedingungslos gelobten und geliebten Grünen wollen ebenfalls keinen Klimaschutz in der Bayerischen Verfassung? Selbst neutrale Beobachter verstehen das nicht, und laut CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer taten sich auch einige der grünen und roten Abgeordneten damit schwer.

Parteipolitische Spielchen

Der Grund für den rot-grünen Boykott ist simpel: Es geht um parteipolitische Spielchen. Die Grünen helfen derzeit dabei, Unterschriften für ein neues Volksbegehren zu sammeln, wie CSU-Fraktionschef Kreuzer berichtete. Ein Volksbegehren mit dem Ziel „Klimaschutz in die Verfassung“, dazu noch 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien im Freistaat. Das steht auch im grünen Landtagswahlprogramm für 2018: „Klimaschutz geht uns alle an. Aber wenn es konkret wird, zeigt man gerne auf die anderen. Wir ändern das und treten für die Aufnahme des Klimaschutzes und der Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien in die Bayerische Verfassung ein. Hierzu sind die Bayerischen Grünen grundsätzlich bereit, auch Volksbegehren mit diesem Ziel zu unterstützen.“ Mit einer vom Parlament beschlossenen Verfassungsänderung wäre das schöne Volksbegehren natürlich dahin.

Doch wie verkauft man den plötzlichen Sinneswandel? Für SPD und Grüne ist die Verfassungsänderung jetzt nur noch eine „Worthülse“ der Staatsregierung. Zudem erklären sie, als Bedingung für die Zustimmung müssten auch „konkrete“ Maßnahmen im Klimaschutz – erneuerbare Energien, ÖPNV-Förderung – beschlossen werden. Quasi nebenbei im Eilverfahren. Aber zuerst Einzelmaßnahmen durchführen und dann Verfassung ändern, das würde bedeuten, das Pferd von hinten aufzuzäumen.

Die CSU dagegen will das komplexe Thema Klimaschutz gut durchplanen, mit Bund und Europa abstimmen und in einem durchdachten Klimaschutzgesetz bündeln. Nebenbei könnte man Millionen Euro an Steuergeld sparen und wechselseitig die Wahlbeteiligung erhöhen, wenn man bei der anstehenden Europawahl zugleich über die Verfassungsänderung abstimmen würde.

Wasser predigen, Wein trinken

Auf diesem besonnenen Weg ist der Freistaat schon lange erfolgreich: Bayern hatte nicht nur das erste Umweltministerium in Deutschland. Die Staatsregierung hat seit 2008 rund eine Milliarde Euro in den Klimaschutz in Bayern investiert, mehr als jedes andere Bundesland. Renaturierung der Moore und Flussläufe, 10.000-Häuser-Programm zur Heizungssanierung und Wärmedämmung, Weiterentwicklung der Energie- und Speichertechnologie, Kulap-Programm in der Landwirtschaft – im Vergleich zu anderen Bundesländern, in denen Grüne mitregieren, steht Bayern in vielen Bereichen deutlich besser da. Ein weiteres Beispiel sind die Biobauern: Der Freistaat bezuschusst jeden Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche von Biobetrieben mit 80 Euro, in Schleswig-Holstein, wo Grünen-Chef Robert Habeck Agrarminister war, sind es nur 15 Euro. Mit rund sechs Tonnen energiebedingtem CO2-Ausstoß pro Kopf und Jahr zählt Bayern weltweit mit zu den fortschrittlichsten Industrieländern. Der Bundesdurchschnitt liegt bei neun Tonnen.

Dass bei den Grünen Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen, zeigt auch dieses Beispiel: Im grünen Landtagswahlprogramm für 2018 steht: „Eine Ausweitung des Flugverkehrs ist Gift für unser Klima“, also keine dritte Startbahn am Münchner Flughafen. Doch eine Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen von Ende 2014 ergab: die Wähler der Grünen flogen am meisten: 49 Prozent im letzten Jahr mindestens einmal, mit Abstand der Höchstwert. Unionswähler lagen mit 36 Prozent weit dahinter. Alle Grünen-Sympathisanten waren zudem schon mindestens einmal mit dem Flugzeug geflogen, von den Unions-Anhängern 16 Prozent noch nie. Ein ähnliches Ergebnis ergab sich kürzlich bei einer Prüfung der Reisen der Münchner Stadtratsfraktionen, auch hier lagen die Grünen bei der Pro-Kopf-Flugzahl vorne.

Bahn predigen, Flugzeug benutzen, dafür steht gerade auch die bayerische Grünen-Vorsitzende Katharina Schulze. Binnen eines Jahres absolvierte sie laut Medienberichten 124.000 Flugmeilen, fast 200.000 Kilometer – natürlich, um die Erderwärmung aufzuhalten. Und im Winter in Kalifornien ein Eis zu essen. Nebenbei: Etliche ihrer Ziele sollen mit dem Zug gut erreichbar gewesen sein. Auch Ex-Grünen-Bundeschef Cem Özdemir glänzte im Winter mit Fotos aus den Anden, die bekanntlich in Südamerika liegen. Und Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann ließ sich im Dezember 167 Kilometer mit dem Hubschrauber zu einer Moor-Wanderung durch ein Naturschutzgebiet fliegen.

Laut grünem Wahlprogramm sollen übrigens Verbrennungsmotoren in Autos bis 2030 abgeschafft werden. Damit niemand mehr mit seinem Pkw in den Bayerischen Wald oder ins Allgäu in den Urlaub fahren kann. Ist ja keine Fernreise.