Die Luft auf Bayerns Straßen ist sauberer geworden. Der Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) wurde im vergangenen Jahr nur noch an den zwei üblichen Messstellen in München überschritten, wie das Landesamt für Umwelt in einem vorläufigen Bericht mitteilte.
Die Belastung sinkt
An der Landshuter Allee in München sank die Belastung gegenüber dem Vorjahr von 78 auf 66 Mikrogramm, am Stachus von 53 auf 48 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft. Der EU-Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm. Die Stadt München wertet auch eigene Messungen an 20 zusätzlichen Stellen in der Stadt noch aus. Ein Ergebnis werde Ende Januar oder Anfang Februar veröffentlicht, teilte das Umweltreferat mit.
Außerdem wurden an der Nürnberger Von-der-Tann-Straße und an der Augsburger Karlstraße noch 46 beziehungsweise 43 Mikrogramm gemessen. Am Regensburger Rathaus dagegen, wo im Vorjahr noch eine Überschreitung gemessen wurde, wurde der Grenzwert wie an allen übrigen Messpunkten im Freistaat eingehalten.
Wirtschaft lobt Regierungskurs
Zufrieden mit der Entwicklung der Stickstoffdioxid-Belastung zeigt sich Bayerns Wirtschaft. Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) sieht sich durch die Messwerte in ihrer Position gegen Fahrverbote bestätigt und dankte der Bayerischen Staatsregierung für deren Kurs. „Der Weg zu einer emissionsarmen Mobilität führt nicht über Quoten und Verbote, sondern über innovationsfreundliche Rahmenbedingungen – etwa für die Elektromobilität oder das autonome Fahren“, erklärte vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Im kommunalen Bereich gebe es zudem viele ergänzende Maßnahmen, um die Luftqualität weiter zu verbessern, so Brossardt. Er nannte eine intelligente Verkehrsflusssteuerung, die Umrüstung von Nutzfahrzeugen oder Anlagen zur Luftfilterung als Möglichkeiten.
Kritik an Mess-Standorten und Grenzwert
Starke Kritik gibt es weiter an den Standorten der Messstellen. An der Landshuter Allee steht die Messstation entgegen der Empfehlung der EU-Richtlinie (2008/50/EG) nicht nur in einer Häuserschlucht, sondern auch nahe einer Busstation und einem Tunnelausgang direkt neben einer extrem Stau-belasteten Hauptverkehrsader. Am Stachus steht die Station mitten auf einer sehr großen Kreuzung von mehreren mehrspurigen Straßen. Dabei schreiben laut Münchner Merkur sämtliche Vorschriften (39. BImSchV) zu den Messungen vor: „Mindestens 25 Meter Abstand zum Fahrbahnrand verkehrsreicher Kreuzungen.“ Die Zeitung berichtet weiter: „Von der Möglichkeit, zehn Meter Abstand zum Fahrbahnrand einzuhalten (wenn es sich nicht um Kreuzungen handelt) – was zu günstigeren Messwerten führen würde und wie es in anderen europäischen Ländern üblich ist – wurde an keinem einzigen innerstädtischen Münchner Messstandort Gebrauch gemacht.“
Von der Möglichkeit, zehn Meter Abstand zum Fahrbahnrand einzuhalten, wurde an keinem einzigen innerstädtischen Münchner Messstandort Gebrauch gemacht.
Münchner Merkur
Auch am Grenzwert und dessen Zustandekommen gibt es immer mehr Kritik, zuletzt in der ARD-Doku „Das Diesel-Desaster“. Es gibt nicht nur wachsende Zweifel am „willkürlich“ festgelegten Grenzwert, der auf einer Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO basierte. Diese war wiederum eine sehr fragwürdige Interpretation von Studien, in denen der Effekt von Gasherden auf die Gesundheit untersucht worden war. In Oldenburg gab es zudem eine Stickoxid-Grenzwertüberschreitung sogar an einem Tag, als es wegen eines Marathons gar keinen Autoverkehr gab. Auch ergab jetzt eine aktuelle Auswertung des BUND, dass in Hamburg trotz der dortigen Diesel-Fahrverbote in der Max-Brauer-Allee und in der Stresemannstraße die Stickoxid-Werte im Jahr 2018 nicht gesunken sind.
Gesundheitsgefahr fraglich
Weiter gibt es generelle Zweifel an der Gesundheitsgefahr von Stickoxiden. „Es stirbt kein Mensch wegen des Stickoxids an den Hauptstraßen“, sagte etwa Dieter Köhler, Lungen-Facharzt und bis 2007 Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie. Auch viele andere Pneumologen teilen seine Ansicht.
Als Vergleichsgruppe wird unter anderem auf Raucher verwiesen, die sehr viel Stickoxid inhalieren und nicht reihenweise davon sterben würden – sondern durch andere Inhaltsstoffe. Hinzu kommt, dass schlechte Luft nicht nur aus Stickoxiden besteht, es also fraglich ist, ob dieser Stoff alleine verantwortlich gemacht werden kann.
Im Gegensatz dazu ist die Gesundheitsgefahr durch Feinstaub bewiesen, der jedoch in den letzten Jahren stark reduziert wurde. Die Feinstaubbelastung lag der vorläufigen Auswertung des Landesamtes für Umwelt zufolge wie schon im Vorjahr an allen Messstellen unterhalb des Grenzwerts.
(dpa/Merkur/BK)