Anja Weisgerber ist CSU-Bundestagsabgeordnete. (Foto: CSU/Henning Schacht/berlinpressphoto)
Klimaschutz

Wir wollen Umwelt und Wirtschaft versöhnen

Gastbeitrag Aus dem BAYERNKURIER-Magazin: Aus der sozialen Marktwirtschaft muss die ökologisch-soziale Marktwirtschaft werden. Dann lassen sich Klimaschutz und Wirtschaftswachstum vereinen, schreibt die CSU-Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber.

Der Schutz des Klimas ist eine der zentralen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Wetterextreme, wie Hitzeperioden mit Dürreschäden oder Starkregen, nehmen zu und sind Folgen des sich veränderten Klimas. Der Mensch trägt dafür eine Mitverantwortung und ist gleichzeitig in hohem Maße von den Auswirkungen betroffen. Die Zeiten, in denen der Klimawandel mit dem schwindenden Lebensraum für Eisbären oder vom Untergang bedrohten Inselstaaten im Südpazifik in Verbindung gebracht wird, sind vorbei. Der Klimawandel ist bei uns angekommen. Das zeigt auch der vergangene Juni, der als heißester seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gilt.

Die Bewahrung der Schöpfung ist ein Markenkern unserer christlich-sozialen Politik.

Anja Weisgerber

Es ist ernst mit dem Klimawandel. Wissenschaftler auf der ganzen Welt lassen keinen Zweifel an der Dringlichkeit, den CO2-Ausstoß weltweit deutlich zu reduzieren. Wir müssen deshalb mit den begrenzten natürlichen Ressourcen und fragilen ökologischen Systemen so umgehen, dass dies vor künftigen Generationen zu rechtfertigen ist. Dies ist nicht zuletzt auch eine Frage der Bewahrung der Schöpfung, die Markenkern unserer christlich-sozialen Politik ist.

Bayern als Modellregion

Als Volkspartei ist es dabei unsere Aufgabe, einen versöhnenden und innovativen Weg zu gehen. Unser Ansatz ist, Klimaschutz und Wirtschaftswachstum nicht als Gegensätze zu verstehen. Das unterscheidet uns von den anderen. Wir bringen zusammen, was sich scheinbar widerspricht. Wir setzen auf Technologie und Fortschritt und nehmen die große Herausforderung unserer Zeit an: die Versöhnung von Umwelt und Wirtschaft. Deshalb wollen wir die soziale Marktwirtschaft zu einer ökologisch-sozialen Marktwirtschaft weiterentwickeln.

Wir arbeiten gemeinsam an unserer Vision: Den Freistaat Bayern zum umweltfreundlichsten und innovativsten Wirtschaftsstandort der Welt zu machen. Unser Ziel muss sein, Bayern und Deutschland zum Leitmarkt für Umwelt- und Klimainnovationen zu machen. Wir müssen auch zeigen, dass die ökologisch-soziale Marktwirtschaft genau die Kräfte mobilisiert, die jetzt erforderlich sind, um die Menschen mitzunehmen. Deshalb treten wir für eine Klimapolitik ein, die die Bedürfnisse der ländlichen Räume genauso in den Blick nimmt, wie die der Städte.

200 Staaten – ein Ziel

Wirksamer Klimaschutz kann nur durch das Zusammenwirken aller Ebenen erfolgen: der internationalen, der europäischen und der nationalen. Wir sind deshalb auf allen Ebenen gefordert, konsequent zu handeln und den eingeschlagenen Weg der Reduzierung der Klimagase kraftvoll weiterzugehen.

International konnte Ende 2015 eine Erfolgsgeschichte geschrieben werden, als sich knapp 200 Staaten der Welt auf ein völkerrechtlich verbindliches Klimaschutzabkommen geeinigt haben. Das Abkommen hat zum Ziel, die Erderwärmung auf zwei Grad Celsius und wenn möglich sogar auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Hierfür haben sich die Staaten selbst Klimaschutzziele gegeben, die alle fünf Jahre neu vorgelegt werden und im Ambitionsniveau anspruchsvoller sein müssen.

Da nicht alle Staaten aus eigener Kraft Klimaschutz betreiben können, ist Deutschland ein wichtiger Partner in der internationalen Klimafinanzierung.

Anja Weisgerber

Bei der letzten Klimakonferenz im polnischen Kattowitz wurde ein umfassendes Regelbuch zur Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens verabschiedet. Durch die neuen Regeln wird in Zukunft nachvollziehbar sein, wie sich die Emissionen aller Vertragsstaaten des Pariser Klimaschutzabkommens entwickeln, wie sich die selbst gesteckten Klimaziele zusammensetzen und welche Maßnahmen umgesetzt werden. Das ist entscheidend, denn wenn wir brauchen auch die anderen Staaten der Welt, damit wir die internationalen Klimaziele erreichen.

Da nicht alle Staaten aus eigener Kraft Klimaschutz betreiben können, ist Deutschland ein wichtiger Partner in der internationalen Klimafinanzierung. Allein im Jahr 2017 hat die Bundesregierung 3,65 Milliarden Euro an Haushaltsmitteln für Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen zugesagt. Diese sollen bis 2020 auf vier Milliarden Euro aus Haushaltsmitteln und Schenkungselementen aus Entwicklungskrediten steigen. Dank des Einsatzes von Entwicklungshilfeminister Gerd Müller fließen diese Gelder zielgerichtet in Projekte in Entwicklungs- und Schwellenländer, etwa in den Ausbau der Erneuerbaren Energien oder den Waldschutz.

Deutschland als Vorbild

Deutschland alleine kann das Klima nicht retten. Dennoch ist es wichtig, dass wir unserer Führungsrolle beim Klimaschutz gerecht werden. Deshalb müssen wir unser Klimaziel 2020, das eine Treibhausgasreduktion um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 vorsieht, schnellstmöglich erreichen. Das Klimaziel 2030 wollen wir in jedem Fall schaffen. Einen wesentlichen Beitrag wird die Reduzierung der Kohleverstromung leisten. Wichtig ist aber, dass in allen Sektoren – Energie, Industrie, Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft – von den zuständigen Ressorts sinnvolle und realisierbare Maßnahmen auf den Weg gebracht werden, um CO2-Emissionen einzusparen.

Eine CO2-Bepreisung darf die Mobilität im ländlichen Raum nicht unterdrücken.

Anja Weisgerber

Dabei setzen wir vor allem auf Anreize, statt auf Verbote. Deshalb muss zum Beispiel endlich ein Gesetz verabschiedet werden, das einem Hausbesitzer Steuervorteile gewährt, wenn er sein Haus klimafreundlich saniert. Die Rahmenbedingungen für die Wasserstofftechnologie/Power-to-X, synthetische Kraftstoffe und Technologien, wie die Verwendung von CO2 als Werkstoff („Carbon Capture and Usage“) sind so zu verbessern, damit sie schnell in der Breite realisiert werden können.

Die Frage des CO2-Preises

Das im April eingesetzte Klimakabinett unter der Leitung der Bundeskanzlerin ist daher genau der richtige Weg, um die Maßnahmen zusammen zu tragen. Daneben soll die Frage einer CO2-Bepreisung diskutiert werden. Für uns gelten dabei feste Leitplanken: Es darf zu keiner einseitigen Belastung für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land kommen. Der Industriestandort Deutschland darf keinen Schaden nehmen und es darf nicht zur Verlagerung von Arbeitsplätzen der energieintensiven Industrie ins Ausland kommen. Eine CO2-Bepreisung darf die Mobilität im ländlichen Raum nicht unterdrücken und sie darf nicht dazu führen, dass sich der Staat die Taschen vollmacht. Im Gegenteil: Ich setze mich dafür ein, dass Steuern und Abgaben dort abgesenkt werden, wo CO2 eingespart wird. Dafür muss unser Steuer- und Abgabensystem einem „CO2-Check“ unterzogen werden.

Unser Ziel ist, bis Ende des Jahres eine umfassende Klimaschutzgesetzgebung auf den Weg zu bringen, die es so noch nicht gegeben hat. Das ist unsere Antwort. Damit stellen wir wichtige Weichen für die Bewahrung der Schöpfung und den Erhalt unserer Lebensgrundlagen.

Anja Weisgerber ist CSU-Bundestagsabgeordnete und Obfrau im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit.