Bundesentwicklungsminister Gerd Müller und Anja Weisgerber auf der Klimakonferenz in Marrakesch. (Foto: Büro Weisgerber)
Umwelt

Fortschritt statt Verbote

Gastbeitrag Aus dem BAYERNKURIER-Magazin: Als erstes Land hat die Bundesrepublik einen Klimaschutzplan bis zum Jahr 2050 vorgelegt. Die ambitionierten Ziele dienen der Umwelt und sind eine Chance für die Wirtschaft. Ein Bericht von Anja Weisgerber.

Der Klimawandel ist längst auch bei uns in Bayern angekommen. Nach Ansicht von Klimaforschern haben die Extremwetterereignisse aufgrund des Klimawandels zugenommen. Im vergangenen Jahr haben sie vor allem Bayern heimgesucht und dort viel Unheil angerichtet. Deshalb ist es auch im Interesse Bayerns, dass wir beim Klimaschutz vorankommen. Deutschland hat sich bereits 2010 ein ehrgeiziges Klimaziel gesetzt. Bis 2020 wollen wir 40 Prozent unserer Treibhausgase einsparen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die Bundesregierung Ende 2014 ein Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 aufgelegt, das rund 100 Maßnahmen über alle Sektoren hinweg beinhaltet.

Ziel ist, die Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen.

Anja Weisgerber

Eines ist aber auch klar: Deutschland alleine kann das Klima nicht retten. Wir brauchen die anderen Staaten der Welt, die ebenso einen ambitionierten Beitrag leisten müssen. Unser Entwicklungshilfeminister Gerd Müller unterstützt daher die Entwicklungs- und Schwellenländer, ihre Klimaschutzpläne im Rahmen einer globalen Klimaschutzpartnerschaft aufzustellen.

Qualität geht vor Schnelligkeit

Klimaschutz muss langfristig gedacht werden. Deshalb hat das Bundeskabinett Mitte November den Klimaschutzplan 2050 verabschiedet. Er stellt für die kommenden Jahrzehnte die Weichen in der deutschen Klimaschutzpolitik und soll wichtige Impulse für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens geben, auf das sich im letzten Jahr knapp 200 Staaten der Welt geeinigt haben. Ziel ist, die Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen.

Der Klimaschutzplan zeigt den Weg auf hin zu einer weitgehenden Treibhausgasneutralität im Jahr 2050 und legt ein neues nationales Klimaziel von 55 Prozent Treibhausgasminderung bis 2030 fest. Dazu werden zum ersten Mal Minderungsziele für die einzelnen Sektoren Energiewirtschaft, Gebäude, Verkehr, Industrie sowie Land- und Forstwirtschaft festgesetzt. Um diese Ziele zu erreichen, beinhaltet der Klimaschutzplan erste Maßnahmen.

Realistische Ziele

Es war wichtig, dass das Bundeskabinett in den letzten Monaten intensiv um den Plan gerungen hat und nicht auf Schnelligkeit, sondern auf Qualität gesetzt hat. Auch Landwirtschaftsminister Christian Schmidt und Verkehrsminister Alexander Dobrindt haben den Prozess konstruktiv-kritisch begleitet.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hatte zur Reduzierung der Emissionen in der Tierhaltung im ersten Entwurf vorgeschlagen, den Fleischkonsum der Deutschen zu halbieren.

Anja Weisgerber

Als Berichterstatterin für Klimaschutz der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vertrete ich die Meinung, dass der Klimaschutzplan ambitioniert, aber auch realistisch sein muss. Gerade wenn so langfristig Klimaziele festgelegt werden, muss er technologie- und innovationsoffen sein, das war eine entscheidende Bedingung für die Unionsfraktion. Wenn wir die ehrgeizigen Klimaziele erreichen wollen, muss der Plan auch gewährleisten, dass mit jedem eingesetzten Euro die bestmögliche Klimaschutzwirkung erzielt wird. Der Klimaschutzplan muss sich zudem in bereits bestehende europäische Vorgaben, wie zum Beispiel das europäische Emissionshandelssystem, einfügen, sonst verschlechtern wir die Wettbewerbsbedingungen für unsere Unternehmen. Und wir setzen auf Anreize, nicht auf Zwang und Ordnungsrecht, denn Klimaschutz gelingt nicht gegen, sondern nur mit der Bevölkerung.

Klimaschutz ohne Bevormundung

Deshalb ist es gut, dass auf unseren Druck hin Themen, die für viel Unmut in der Bevölkerung gesorgt haben, aus dem Plan gestrichen wurden. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hatte zur Reduzierung der Emissionen in der Tierhaltung im ersten Entwurf vorgeschlagen, den Fleischkonsum der Deutschen zu halbieren. Das ist in meinen Augen eine Bevormundung der Bürger und führt zu einem Akzeptanzverlust in der Bevölkerung. Ohne Zweifel muss die Landwirtschaft, die selbst von den Folgen des Klimawandels betroffen ist, einen Beitrag leisten. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass die Landwirtschaft den Auftrag hat, für die Ernährungssicherheit in unserem Land zu sorgen und selbst durch Kohlenstoffsenken Teil der Lösung ist. Es ist daher zu begrüßen, dass der Klimaschutzplan die Sonderrolle der Landwirtschaft beim Klimaschutz widerspiegelt.

Beitrag der Landwirtschaft

Der Schwerpunkt der Klimaschutzanstrengungen in der Landwirtschaft bis 2050 wird auf Maßnahmen liegen, die auf eine Emissionsminderung und Steigerung der Ressourceneffizienz in einer nachhaltigen Agrarproduktion abzielen, ohne die Landwirte so stark zu belasten, dass sie bei uns nicht mehr produzieren können.

Die rot-grün geführten Bundesländer müssen ihren Widerstand aufgeben und den Weg für die Einführung der steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung freimachen.

Anja Weisgerber

Im Gebäudebereich sollen langfristige Sanierungsstrategien mithilfe von Anreizen für Einsparungen sorgen. Die rot-grün geführten Bundesländer müssen deshalb ihren Widerstand aufgeben und den Weg für die Einführung der steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung endlich freimachen. Dieses Klimaschutzinstrument bewirkt, dass Hauseigentümer Sanierungsmaßnamen durchführen, die auf ihr Eigenheim und den Geldbeutel zugeschnitten sind.

Chance für die Autoindustrie

In der ganzen Diskussion ist es entscheidend, die Sorge um das Klima und um die Arbeitsplätze miteinander in Einklang zu bringen. Deutlich wird dies zum Beispiel im Verkehrssektor. Bis 2030 strebt die Bundesregierung eine signifikante Absenkung der PKW-Emissionen an. Dazu soll die Elektromobilität einen wesentlichen Beitrag leisten, aber auch andere alternative Antriebsformen und Technologien, wie zum Beispiel Leichtbauweisen, die durch Gewichtsreduktion Treibhausgase einsparen, sollen eine wichtige Rolle spielen. Dies ist eine Herausforderung, da die Zielvorgaben taff sind. Aber es ist auch eine Chance, weil sich die Autobauer aufgrund der Zielwerte für 2030 mit neuen Technologien weltweit an die Spitze setzen können. Davon hängen viele Arbeitsplätze in der Branche ab. Für alle Wirtschaftsbereiche gilt gleichermaßen: Klimaschutz muss durch die Entwicklung von Umweltinnovationen und Technologien auch immer als Chance für die Wirtschaft verstanden werden.

Mit dem Klimaschutzplan 2050 hat Deutschland international wieder einmal mehr bewiesen, dass wir Schrittmacher in der Klimaschutzpolitik sind und bleiben. Deutschland war das erste Land, das einen Klimaschutzplan bis zum Jahr 2050 vorgelegt hat. Nun sind die anderen Staaten am Zug.

Die Autorin

Anja Weisgerber, CSU, ist Mitglied des Deutschen Bundestages und Berichterstatterin für Klimaschutz der CDU/CSU-Fraktion.