Wohin geht die CDU? Annegret Kramp-Karrenbauers Abschlussrede beim 31. Parteitag der CDU in Hamburg. (Bild: Imago/Emmanuele Contini)
Parteitag

CDU auf neuem Kurs

Nach der Wahl ist vor den Wahlen: Mit einer Kursänderung will die neue CDU-Führung unter Annegret Kramp-Karrenbauer das Profil der Partei schärfen und die Lager wieder zusammenführen. Zudem hat die CDU wichtige inhaltliche Positionen festgelegt.

Nachdem bei 999 Delegierten nur 35 Stimmen den Ausschlag für die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer gegen den früheren Unionsfraktionschef Friedrich Merz gaben, wird eine innerparteiliche Auseinandersetzung befürchtet.

Zusammenhalt angemahnt

Es werde ein „hartes Stück Arbeit, diese Partei zusammenzuhalten und diejenigen auch wieder zu motivieren, die sich etwas anderes gewünscht haben“, betonte der neue CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak. Merz müsse weiter eine wichtige Rolle in der CDU spielen. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat die verschiedenen Lager seiner Partei aufgerufen, die demokratischen Spielregeln zu akzeptieren. „Wer jetzt auf Rückspiel oder gar Rache sinnt, setzt sich ins Unrecht. So geht Demokratie nicht“, erklärte er der Bild-Zeitung. Auch Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier verlangte Disziplin von der CDU. „Es gibt Enttäuschungen. Das verstehe ich sehr wohl“, sagte er der Rheinischen Post. „Aber es gibt keinen Grund, sich in die Schmollecke zu stellen.“

Friedrich Merz muss uns helfen, da setze ich sehr darauf.

Mike Mohring, Thüringer CDU-Chef

Wie Ziemiak setzen auch führende CDU-Politiker in Ostdeutschland auf die Unterstützung von Merz in den anstehenden Landtagswahlkämpfen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. „Friedrich Merz muss uns helfen, da setze ich sehr darauf. Er genießt sehr viel Sympathie und Zustimmung vor Ort bei den Leuten an der Basis“, sagte der Thüringer CDU-Chef Mike Mohring der dpa. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) betonte: „Ich freue mich, wenn er kommen würde und mit eingreift in den Wahlkampf.“ Nach seiner Niederlage hatte der frühere Unionsfraktionschef und heutige Wirtschaftsanwalt Merz angekündigt, weiter für die CDU arbeiten zu wollen, wo dies gewünscht sei, sich aber nicht konkreter festgelegt.

Neue Inhalte und andere Diskussionskultur

Inhaltlich soll offenbar ein neuer Kurs eingeschlagen werden. Kramp-Karrenbauer versicherte am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“ erneut, sie stehe nicht für ein pures „Weiter So“. Ziemiak bekräftigte am Sonntag im Deutschlandfunk, es werde einen „neuen Kurs“ und eine „neue Diskussionskultur“ in der Partei geben. Die CDU müsse in vielen Fragen eindeutiger Position beziehen und klarmachen, wofür sie stünde. Es gebe viele Menschen, „die uns gerne wählen würden, wenn sie ein klares Profil sehen würden“.

Wir müssen die Partei des Rechtsstaats sein.

Paul Ziemiak

Der neue CDU-Generalsekretär forderte: „Wir müssen die Partei des Rechtsstaats sein.“ Er sprach sich für eine konsequente Abschiebung terroristischer Gefährder aus. Ziemiak forderte mit einem deutlichen Seitenhieb auf die langjährige Parteichefin Angela Merkel, die 2016 beim Parteitag in Essen getroffene Entscheidung zur doppelten Staatsbürgerschaft müsse im nächsten CDU-Regierungsprogramm stehen. Die Kanzlerin hatte damals trotz des gegenteiligen Votums des Parteitags an der doppelten Staatsbürgerschaft festgehalten.

Auch Sachsens Ministerpräsident Kretschmer sagte in der ARD: „Es muss hier eine klare Handschrift deutlich werden.“ Es müsse klarwerden: „Was ist wirklich reine CDU-Politik? Was sind die Kompromisse, die wir machen müssen, weil wir eine Bundesregierung brauchten und dafür einen Koalitionsvertrag unterschreiben mussten.“

Beschlüsse der CDU

Neben den Personalfragen gab es auch eine ganze Reihe von wichtigen Beschlüssen der CDU-Delegierten.

  • DUH: Die CDU will prüfen lassen, ob die Deutsche Umwelthilfe weiterhin als gemeinnützige Organisation anerkannt werden sollte. Würde dieser Status aberkannt, wären unter anderem Spenden an den Verein nicht mehr steuerlich absetzbar. Über die Gemeinnützigkeit der Organisation entscheidet das zuständige Finanzamt. Die Partei will sich zudem dafür einsetzen, dass der Verein keine Mittel mehr aus dem Bundeshaushalt bekommt. Begründet wurde der Antrag unter anderem damit, dass „der Klagefeldzug“ der DUH für Diesel-Fahrverbote eher als PR-Aktion zu Lasten Dritter, denn als aktiver Beitrag zum Umweltschutz zu werten sei.
  • Diesel-Nachrüstungen: Die CDU will, dass sich die Autoindustrie zu Hardware-Nachrüstungen für Dieselfahrzeuge verpflichtet, „soweit dies technisch realisierbar ist“. Der Wertverlust betroffener Käufer soll nur in Städten mit hoher Stickoxidbelastung ausgeglichen werden, um Autobauer und Steuerzahler nicht übermäßig zu beanspruchen.
  • Keine Koalition mit den Rändern: Die CDU lehnt Koalitionen und „ähnliche Formen der Zusammenarbeit“ sowohl mit der Linkspartei als auch mit der AfD ab. Dies wurde als Mahnung an Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) verstanden, der eine Koalition mit der Linkspartei angedacht hatte.
  • Soziale Marktwirtschaft: Angenommen wurde ebenfalls der Leitantrag „Wirtschaft für den Menschen – Soziale Marktwirtschaft im 21. Jahrhundert“. Ausdrücklich bekennt sich die Partei zur Sozialen Marktwirtschaft „mit einem Wertegerüst“. In dem Antrag erklärt die CDU: „Die Soziale Marktwirtschaft traut dem Menschen etwas zu, statt ihn zu bevormunden.“ Der Staat solle darum als wirtschaftlicher Akteur nur dann eingreifen, wenn er Aufgaben besser als Private erledigen könne. So heißt es unter anderem: „Wer etwas leistet, hart arbeitet und sich an die Regeln hält, muss am Ende mehr haben, als wenn er nichts tut.“ Dies gelte beim Lohn und bei der Rente. Betreuung, medizinische Versorgung, Pflege und Bildung sollen „angemessene Achtung und Bezahlung“ erhalten. Weiter betont die CDU, sie wolle die Leistungsträger in der Mitte der Gesellschaft entlasten. Die Lohnzusatzkosten sollten unter 40 Prozent begrenzt werden.
  • Finanzen: Weiter fordert die CDU in dem gleichen Leitantrag solide Finanzen und einen ausgeglichenen Haushalt ohne neue Schulden, um die Handlungsspielräume für die nächsten Generationen zu vergrößern. Sie will aber den Soli bis Ende 2021 vollständig abschaffen und nicht nur für 90 Prozent der Betroffenen, wie in der Koalition vereinbart. Die CDU macht sich außerdem für eine „grundlegende Reform der Unternehmensbeteuerung“ stark. Notwendig sei eine „faire Besteuerung“ von Firmen, vor allem von denen, die im Internet tätig seien. Die Sozialabgaben, die auf private und betriebliche Altersvorsorge erhoben werden, sollen neu geregelt werden. Eine Vergemeinschaftung von Schulden in der EU wird abgelehnt.
  • Migration: Der CDU-Parteitag hat einen Antrag des Bundesvorstandes zum umstrittenen UN-Migrationspakt mit großer Mehrheit angenommen.
  • Bundeswehr: Die CDU will die Bundeswehr personell und finanziell stärken. Die Anforderungen seien hoch wie lange nicht und es gebe einen „riesigen Nachholbedarf“, deshalb müsse die Bundeswehr auch „eine höhere Einsatzbereitschaft“ haben. Das Verteidigungsbudget soll nach dem Willen der CDU bis „spätestens“ 2024 auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen, langfristig auf zwei Prozent. Priorität bei den Investitionen sollen die persönliche Ausstattung der Soldaten und die Digitalisierung haben. Frauen und Männer in Uniform sollen kostenlos Bus und Bahn fahren.
  • Windräder: Die CDU will die Privilegierung für Windkraftanlagen im Baurecht abschaffen. Bisher ist es automatisch zulässig, sie zu bauen, wenn öffentliche Belange nicht dagegensprechen. Diese Sonderregelung hat aber in vielen Gemeinden starke Proteste ausgelöst. Nach dem Willen der CDU sollen die Kommunen nun mehr Mitspracherecht bekommen.

Auf dem Weg zum neuen Grundsatzprogramm

Das für Ende 2020 geplante neue CDU-Grundsatzprogramm war ebenfalls Thema. Zu den zwölf Leitfragen, die der Parteitag verabschiedete, gehören die nach dem gesellschaftlichen Zusammenhalt und nach den Werten, die Deutschland prägen, sowie die Frage nach der europäischen und internationalen Zusammenarbeit.