Ein Prost auf Deutschland: Friedrich Merz und JU-Chef Tilman Kuban (r.) beim Deutschlandtag der Jungen Union in Saarbrücken. (Foto: Picture alliance/dpa/Harald Tittel)
Junge Union

Viel Beifall für Merz und Söder

Auf dem Deutschlandtag der Jungen Union sind mehrere potenzielle Kanzlerkandidaten der Union aufgetreten und haben unterschiedlich starken Zuspruch erhalten. Die JU fordert eine Urwahl des Kanzlerkandidaten und ein bundesweites Zentralabitur.

Annegret Kramp-Karrenbauer, Markus Söder, Friedrich Merz, Jens Spahn, Armin Laschet, Manfred Weber, Tobias Hans, Peter Altmaier, Paul Ziemiak, Philipp Amthor: Die Liste der Gastredner beim Deutschlandtag der Jungen Union in Saarbrücken war beeindruckend, beinahe wie ein Who-is-Who der Union. Weil unter diesen Rednern auch einige waren, die sich Hoffnung auf die Kanzlerkandidatur von CDU und CSU machen, stilisierten die Medien diesen Prominenten-Aufmarsch rasch zum „Kandidaten-Schaulaufen“. In jedem Fall zeigen die prominenten Namen das große politische Gewicht der JU innerhalb von CDU und CSU.

Wenn Sie wollen, dass ich dabei bin, dann bin ich dabei.

Friedrich Merz

Neben den – unterschiedlich stark – bejubelten Rednern hatten es die Sachbeschlüsse der JU etwas schwerer, öffentlich wahrgenommen zu werden. Mit einer Ausnahme: Der mit 64,1 Prozent angenommene Antrag, die Union möge ihren Kanzlerkandidaten per Urwahl der Mitglieder bestimmen. Der Antrag wurde von der JU Bayern und speziell von der – in Sozialen Netzwerken enorm stark vertretenen – JU München-Nord nachdrücklich unterstützt. Viele Kommentatoren interpretierten das Urwahl-Votum indes als indirektes Misstrauensvotum der JU gegen CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, da die Parteichefin ohne Urwahl den Erstzugriff auf die Kanzlerkandidatur habe. Ob der JU-Antrag allerdings auf dem CDU-Parteitag im November in Leipzig eine Chance hat, wird man sehen.

Für Urwahl und Zentralabitur

Außerdem forderte der JU-Deutschlandtag mehrheitlich ein bundesweites Zentralabitur in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch – allerdings gegen den Willen der meisten bayerischen Delegierten. In einem entsprechenden Antrag wurde für deutschlandweit einheitliche Abiturprüfungen in diesen Kernfächern plädiert. „Dafür soll ein bundesweiter Aufgabenpool erstellt werden, der einerseits inhaltlich die Lehrpläne aller Bundesländer berücksichtigt und andererseits das Leistungsniveau der Aufgaben im oberen Bereich ansiedelt“, heißt es in dem angenommenen Antrag. Genau an diesem „oberen Bereich“ gibt es jedoch angesichts des niedrigen Niveaus in den meisten links regierten Ländern berechtigte Zweifel.

Den meisten Jubel und Beifall der JU-Delegierten erhielten CSU-Chef Markus Söder – und vor allem Friedrich Merz, der knapp unterlegene Wettbewerber um den CDU-Vorsitz: Der aus dem Sauerland stammende frühere Unionsfraktionschef im Bundestag wurde vom Unionsnachwuchs mit großer Begeisterung und Plakaten „Mehr Sauerland für Deutschland“ begrüßt. Dass der Alltag die CDU nach dem guten Parteitag in Hamburg einhole, sei klar gewesen, sagte Merz. Es sei auch klar gewesen, „dass Annegret Kramp-Karrenbauer als neue Parteivorsitzende – ja, auch Fehler macht“. Er hätte im Fall einer Wahl ebenfalls Fehler gemacht. Als aus dem Saal einige Delegierte „nein“ rufen, erwidert Merz mehrmals: „Doch.“

Mahnung zum Schulterschluss und zum Optimismus

Er stehe zu seinem Versprechen, Kramp-Karrenbauer zu unterstützen, unterstrich Merz. Zum Ende seiner Rede rief er den Delegierten zu: „Wie freiheitlich und wie menschlich wir die Zukunft unseres Landes und der EU gestalten, diese Verantwortung liegt auf Deutschland und in Deutschland auf CDU und CSU. Wir werden die politische Auseinandersetzung darum führen müssen. Und wenn Sie wollen, dass ich dabei bin, dann bin ich dabei.“ Während des langen Schlussapplauses für Merz sangen die Delegierten: „Oh, wie ist das schön, so was hat man lange nicht gesehen.“

Die Union ist nicht im Abschwung. Wir können noch viel, viel besser werden.

Markus Söder

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, der mit den Klängen des bayerischen Defiliermarsches begrüßt worden war, mahnte die ganze Union zum Schulterschluss und zum Optimismus. Er erinnerte daran, dass der Zuwanderungsstreit zwischen CDU und CSU der Union „fundamental geschadet“ habe. Die Union müsse „Dinge auch ausdiskutieren, wir dürfen keine Scheinlösungen haben, wir müssen überzeugen“. Er betonte: „Wir müssen es so schaffen, dass wir am Ende gemeinschaftlich zum Erfolg kommen.“

„Union pur“ muss erkennbar sein

Söder appellierte an die Union: „Die anderen sind entweder Mäkler oder Motzer. Die Einzigen, die stark und erfolgreich genug in dieser schwierigen Zeit sein können, sind wir.“ Die Union dürfe „nicht Woche für Woche nur Kompromisse schließen, um mit der SPD einen Erfolg zu verkünden und sie bei der Stange zu halten“, mahnte er. „Die Union ist nicht im Abschwung.“ CDU und CSU müssen im Gegensatz zur Regierung als „Union pur“ erkennbar sein. „Wir können noch viel, viel besser werden“, dabei hilfreich sei eine „Kraft zum Optimismus“.

Die Grünen haben Moral, ich glaube sogar, mehr Moral als wir: Sie haben eine Doppelmoral.

Markus Söder

Den Grünen warf Söder vor, in der Klimadebatte maßlos zu überdrehen und „an einigen Stellen auch furchtbar unehrlich“ zu sein. Ihnen fehle die soziale Verantwortung, etwa in der Diskussion über die Abschaffung von Ölheizungen. Die Grünen hätten Moral, „ich glaube sogar, mehr Moral als wir“, rief Söder. Unter dem Johlen der JU-Delegierten ergänzte er: „Wisst ihr warum? Sie haben eine Doppelmoral.“ In der Klimadiskussion über die Zukunft des Automobils verlangte der bayerische Ministerpräsident: „Der Hass gegen das Auto muss endlich enden.“ Auch in Zukunft werde die Autoindustrie in Deutschland gebraucht, erklärte Söder.

Skepsis gegenüber Urwahl

In einer Fragerunde bekräftigte der CSU-Chef seine Skepsis gegen die Urwahl. Die Kandidaten könnten dabei beschädigt werden. Letztlich sollte man immer diejenigen Personen aufstellen, die die breiteste Zustimmung in der Partei und „vor allem bei den Wählern“ hätten, sagte er. Die CSU wolle auch nicht Entscheidungen der CDU-Mitglieder einfach nur „abnicken“. Er selbst, betonte Söder, stehe übrigens keinesfalls für die Kanzlerkandidatur zur Verfügung: Mit den Ämtern des bayerischen Ministerpräsidenten und des CSU-Vorsitzenden habe er seinen „Traumjob gefunden“.

Lasst uns streiten. Aber lasst uns nie vergessen: Der politische Gegner sitzt immer außerhalb unserer Reihen, nie innerhalb.

Annegret Kramp-Karrenbauer

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer absolvierte laut Beobachtern trotz des Tagungsortes Saarbrücken bei weitem kein „Heimspiel“ bei der JU. „Der Applaus der Parteijugend für sie fällt freundlich aus und bleibt damit deutlich hinter dem Jubel für Friedrich Merz zurück“, schrieb die FAZ. „AKK“ sprach frei, gab sich kämpferisch und setzte zwei Spitzen gegen die konkurrierenden Anwärter um die Kanzlerkandidatur: „Es ist ja beachtlich, dass wir mehr potentielle Kanzlerkandidaten haben als die SPD Bewerber um den Parteivorsitz. Das sagt was über unsere Qualität aus.“

Öffentliche Ratschläge können Nackenschläge sein

Und bei der hohen Prominenten-Dichte beim JU-Deutschlandtag könnte man den Eindruck bekommen, so Kramp-Karrenbauer, „dass es hier mehr um Germany’s next Topmodel“ gehe. Kramp-Karrenbauer warnte vor einer zu intensiven Beschäftigung der Union mit sich selbst und mit Personalfragen. „Lasst uns streiten. Aber lasst uns nie vergessen: Der politische Gegner sitzt immer außerhalb unserer Reihen, nie innerhalb.“

Die wollen nach zwei Diktaturen auf deutschem Boden jetzt auch noch einen grün angestrichenen Sozialismus ausprobieren.

Jens Spahn, zur Bewegung „Extinction Rebellion“

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sagte, es helfe der Union nicht weiter, wenn man sich öffentlich gegenseitig Ratschläge gebe, die auch „Nackenschläge“ sein könnten. Der Schwung seit dem Parteitag im Dezember in Hamburg sei weg. Die Partei lasse „Federn von Wahl zu Wahl“, kritisierte er. „Die richtige Antwort darauf ist, dass wir zusammenhalten, dass wir mit Stolz und Begeisterung über unsere Arbeit reden.“

Demokratie nicht auf dem Altar der Klimahysterie opfern

Spahn kritisierte die Grünen und die Aktionen der Umweltgruppe „Extinction Rebellion“. Es gebe Gruppierungen in Deutschland, „die wollen nach zwei Diktaturen auf deutschem Boden jetzt auch noch einen grün angestrichenen Sozialismus ausprobieren“. Der Anführer der sogenannten „Extinction Rebellion“ („Aufstand gegen das Aussterben“) erkläre mal eben so, dass Demokratie irrelevant sei, wenn eine Gesellschaft unmoralisch handle. Was moralisch sei und was nicht, entschieden natürlich nur er und seine Anhänger. „Das ist totalitäres Denken“, rief Spahn den Delegierten zu. „Demokratie ist kein Luxus, den man mal eben abschafft, wenn die Temperaturen steigen.“

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, dem ebenfalls Ambitionen aufs Kanzleramt nachgesagt werden, rief die Union auf, sie müsse beim Umgang mit der AfD „differenzierte Antworten“ finden. „Bürgerliche Wähler, die das rechtsradikale Gerede von Björn Höcke und anderen anwidert, die können wir gewinnen, wenn wir einen klaren Kurs bei Wirtschaftspolitik, bei innerer Sicherheit, bei unseren Grundsätzen haben.“ Wichtig sei: „Klare Sprache, kurze Sätze, markante Botschaften – dann werden wir die AfD vertreiben.“ Aber im Osten seien hier andere Antworten nötig als im Westen.