Parteitag in München: CSU-Parteichef Markus Söder und die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer. (Bild: imago images/ Sammy Minkoff)
CSU-Parteitag

Verantwortung für Deutschland

Die Deutschen leben in gefährlichen Übergangszeiten, warnt Annegret Kramp-Karrenbauer auf dem CSU-Parteitag. Und darum komme es jetzt auf die Unionsparteien an – wie schon immer, wenn es für die Bundesrepublik um entscheidende Weichenstellungen ging.

Die Union ist zurück. In alter Geschlossenheit, in alter Stärke. Das war die Botschaft, die der mit Spannung erwartete Gast zum 85. Parteitag der CSU mit in die Münchner Olympiahalle brachte. Als „Freundin“ begrüßte der am Tag zuvor mit starken 91,3 Prozent wiedergewählte CSU-Chef Markus Söder die Vorsitzende der CDU, Annegret Kramp-Karrenbauer. Und überließ ihr ohne große Vorrede das Mikrophon.

Die CDU war immer stark dabei wenn sie einen starken Counterpart in Bayern hat.

Annegret Kramp Karrenbauer, CDU-Vorsitzende

AKK, wie sie auch auf dem zweitägigen CSU-Parteitag jeder immer nannte, brachte gleich zwei Geschenke mit: Ihre Freude über das starke Signal des CSU-Parteitags vom Vortag. Und ebenso starke neue Umfrageergebnisse: „Wir gehen zwei Prozent nach oben, und die Grünen gehen drei Prozent nach unten.“ Zum Wiederwahlergebnis von Markus Söder: „Die CDU war immer stark dabei wenn sie einen starken Counterpart in Bayern hat. Das Du das heute bist, freut mich.“

Es geht um Thüringen …

Das starke CSU-Signal kommt zur rechten Zeit, zwei Wochen vor der Landtagswahl in Thüringen. Auch die neuen Umfragen aus dem Bundesland in der Mitte der Republik zeigten, so Kramp-Karrenbauer, „da ist noch etwas drin.“ In der Wahl in 14 Tagen gehe es um Entscheidendes, warnt die CDU-Vorsitzende: „Ob Thüringen in Zukunft von der politischen Mitte regiert wird oder von den extremen Rändern“.

Und von einem dunkelroten Ministerpräsidenten, der allen Ernstes bestreitet, dass die DDR ein Unrechtsstaat war. Kramp-Karrenbauer stellt das in der Olympiahalle klar: „Die DDR war ein Unrechtsstaat, und niemals dürfen wir zulassen, dass das in Frage gestellt wird.“

… und um große Entscheidungen in Deutschland

In Thüringen geht es um viel – und ebenso im ganzen Land. Denn so Kramp-Karrenbauer: „Wir leben in unruhigen Zeiten, in einer Übergangszeit, eine Ära geht zu Ende.“ Übergangszeiten sind immer gefährliche Zeiten. Denn dann geht es immer um entscheidende Weichenstellungen, die lange wirken werden.

Wir leben in unruhigen Zeiten, in einer Übergangszeit, eine Ära geht zu Ende.

Annegret Kramp Karrenbauer

Die Union kennt das. Denn immer, wenn es in der Geschichte der Bundesrepublik um die großen Fragen und die großen Entscheidungen ging – von der sozialen Marktwirtschaft bis zur Wiedervereinigung –, „dann lag es immer an uns, dass die Weichen richtig gestellt wurden“. Kramp-Karrenbauer: „Und deswegen kommt es auch heute wieder auf uns an.“

SPD und Grüne fallen aus

„Wer, wenn nicht wir?“ warnt die CDU-Chefin. Denn auf wen sonst sollten sich die Menschen im Lande verlassen? Die andere – einstige – große Volkspartei, die SPD, befinde sich „im Dauermodus der Selbstfindung“ und habe als „Ideengeber“ abgedankt. Was die CDU-Chefin mit einer Warnung an die beiden Unionsparteien verbindet: „Wir sollten nicht den Fehler machen, den die SPD jetzt seit Jahren macht, und uns nur noch mit uns selbst beschäftigen.“

„Die SPD fällt aus.“ Und die Grünen? Die seien im Moment vor allem damit beschäftigt, „nichts zu sagen, um gut auszusehen“. Denn wenn sie einmal konkret würden, etwa in der Klimapolitik, dann ginge es immer auf Kosten der Bürger – gegen die Pendlerpauschale, gegen das Auto und gegen vieles mehr. „Das ist alte Verbotslyrik, das ist alte Verbotspolitik, die die Grünen da betreiben.“ Kramp-Karrenbauer klares Urteil: „Das ist im Denken verdammt alt, und deswegen fallen diese Grünen als Zukunftsgeber in diesem Land auch aus.“

Klimaschutz hat auch etwas mit sozialer Frage zu tun. Und wir sind die Partei, die das nicht aus den Augen verliert.

Annegret Kramp-Karrenbauer

Beim Thema Klima hält AKK wieder eine Warnung an die eigene Parteienfamilie bereit: Die Klimapolitik dürfe die Bürger nicht überfordern. Sonst drohten gefährliche Folgen. Wie man beim Gelbwestenaufstand in Frankreich beobachten konnte. Kramp-Karrenbauer eindringlich: „Klimaschutz hat auch etwas mit sozialer Frage zu tun. Und wir sind die Partei, die das nicht aus den Augen verliert.“ AKK weiter: „Ich will, dass der Klimaschutz etwas ist, was uns nicht spaltet, das kein Eliteprojekt ist.“

Rot-Rot-Grün steht für Vergangenheit

Am Vortag hatte Markus Söder implizit von bevorstehenden Bundestagswahlen gesprochen. Denn mit der Großen Koalition gehe es entweder noch in diesem Jahr zuende oder spätestens eben 2021. Von den nächsten Bundestagswahlen sprach nun auch seine CDU-Amtskollegin. Und davon, worum es dabei für Deutschland gehe: um die Entscheidung zwischen Vergangenheit und Zukunft.

„Für Vergangenheit in diesem Land wird Rot-Rot-Grün stehen“, die sich schwer täten mit neuen Technologien, die mit Verboten und Denkverboten arbeiteten und allen Ernstes über Enteignung nachdächten. Der „größte Griff in die sozialistische Mottenkiste“ seit langem, so Kramp-Karrenbauers Urteil: „Das darf nicht wieder Politik auf deutschem Boden werden. Das müssen wir bei der nächsten Bundestagswahl verhindern.“

Abrechnung mit der AfD

Noch härter als mit SPD und Grünen geht die CDU-Chefin mit der AfD ins Gericht, mit „den Alternativen, die keine sind und schon gar keine bürgerlich-konservativen Alternativen sind“. Mit der AfD, so Kramp-Karrenbauer in großer Deutlichkeit, könne es keine Form von Zusammenarbeit geben: „Die AfD, das sind nicht die Biedermänner, das sind die Brandstifter.“

Die AfD, das sind nicht die Biedermänner, das sind die Brandstifter.

Annegret Kramp-Karrenbauer

Für die Union müsse klar sein: „Wir sind nicht diejenigen, die diesen Brandstiftern noch das Feuerzeug in die Hand drücken.“ Kramp-Karrenbauer emphatisch: „Keine Zusammenarbeit mit den Rechtsradikalen, mit den Rechtspopulisten.“ Die hätten nichts mit der Union zu tun. „So wie die waren wir nie, sind wir nicht und wollen wir auch nie, nie, nie werden.“

Verheerende Signale

Unruhige Wendezeiten erlebt Deutschland auch in der Außenpolitik – und wird darauf reagieren müssen. Mit Sorge sprach die Verteidigungsministerin, die Kramp-Karrenbauer eben auch ist, darum von den „zwei langfristig verheerenden Signalen“, die eben aus Nordsyrien gekommen seien. Dort hätten die USA ihren Kampfgenossen, den Kurden, den Rücken zugekehrt. „Das stellt die Frage nach der Verlässlichkeit unseres stärksten Bündnispartners weltweit.“

Dass zweite Signal komme von der Türkei: „Nato-Partner hin oder her: Wenn es Standard wird, dass jeder, der sich vom Nachbarstaat oder von einer Nachbarregion heraus bedroht fühlt, anfängt mit Waffengewalt die Grenzen zu verletzten und einzudringen, dann gefährden wir die Nachkriegsordnung, dass man in Frieden und mit Diplomatie Konflikte löst und nicht mit der Kraft des Stärkeren.“

Deutschlands Verantwortung

Für Deutschland, das große Land in der Mitte Europas, in der Mitte der Europäischen Union, ahnt Kramp-Karrenbauer, wartet da eine Herausforderung. „Wann haben wir als Deutschland, und wann haben wir als CDU und CSU zu diesen internationalen Fragen eigentlich das letzte Mal einen wirklich tragenden Vorschlag gemacht?“ Es brauche eigene politische Antworten. Antworten, die Rot-Rot-Grün regelmäßig verweigern würden.

Gefahr in der Sahelzone

Ein wichtiger Hinweis auf Dinge, die auf Deutschlanhd zukommen können, war Kramp-Karrenbauers Hinweis auf den Bundeswehreinsatz im Sahelzonen-Staat Mali. „Das ist der unterschätzteste Einsatz, den wir in Deutschland haben.“ Frankreich, das dort mit 4000 Soldaten regelrecht im Kriegseinsatz steht, hofft seit langem auf stärkere europäische und eben deutsche Beteiligung.

So viele Zäune und Grenzabsperrungen rund um Europa können wir gar nicht bauen, um diese Terroristen abzuhalten.

Annegret Kramp-Karrenbauer

Die Sahelzone, so Kramp-Karrenbauer, sei die Zone, „in der sich im Moment islamistischer Terror über fünf Staaten hinweg ausbreitet.“ Es sei auch die Zone mit der meisten illegalen Migration. „Wenn wir diese Region aufgeben, wenn wir zulassen, dass islamistische Terroristen dort das Heft in die Hand bekommen – so viele Zäune und Grenzabsperrungen rund um Europa können wir gar nicht bauen, um diese Terroristen abzuhalten.“ Die Verteidigungsministerin weiter: „Deswegen kämpfen wir auch in Afrika für unsere Sicherheit in Europa und in Deutschland.“

Mehr Geld für die Bundeswehr

Aber dafür brauche das Land eine gut ausgestattete, einsatzfähige Bundeswehr. Deutschland müsse seinen Verpflichtungen gerecht werden und seinen Verteidigungsetat auf zwei Prozent der Wirtschaftskraft erhöhen – wie im Nato-Kreise gemeinsam beschlossen. „Wenn wir in Solidarität mit der Nato zwei Prozent zugesagt haben, dann müssen wir das auch halten, denn sonst gibt in der Welt niemand mehr einen Pfifferling auf unser Wort – unser Wort muss etwas wert sein.“

Es gehe dabei auch „um die Sicherheit unserer eigenen Soldatinnen und Soldaten“. Die Bundeswehr sei eine Parlamentsarmee. „Wenn dieses Parlament, der Bundestag, darüber entscheidet, ob die Soldaten in den Einsatz gehen, egal ob im Baltikum, egal ob in Afghanistan, egal ob in Mali oder sonstwo, dann ist es auch die verdammte Pflicht und Schuldigkeit des Parlaments dafür zu sorgen, dass die Soldaten so ausgestattet sind, dass sie mit Sicherheit aus diesem Einsatz auch wieder zurückkommen werden.“

Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif. Aber, so die Verteidigungsministerin, es sei eben „die vornehmste Aufgabe des Staates für die Sicherheit seiner Bürger zu sorgen, egal ob im Inneren oder im Ausland“. Besonders eben in so gefährlichen Zeiten des Übergangs.