60 Millionen Bäume bis 2030 pflanzen: das ist nur ein Punkt der CSU-Klimastrategie. (Bild: imago images / Peter Widmann)
Klimastrategie

Vernunft statt Ideologie

Die CSU legt als erste Partei ein Klimaschutz-Gesamtkonzept vor. Zentraler Gedanke: Klimaschutz der Vernunft, im Einklang mit Wirtschafts- und Sozialpolitik. Keine CO2-Steuer und keine neuen Schulden. Das 365-Euro Ticket kommt, zuerst in Nürnberg.

„Wir sind die erste Partei, die ein umfassendes Klimaschutz-Konzept vorlegt.“ Mit sichtbarem Stolz legt Parteichef Markus Söder zum Ende der zweitägigen Klausurtagung des CSU-Vorstands in Feldafing am Starnberger See die sechzehneinhalb dicht bedruckte Seiten und 69 Absätze lange Klimastrategie der CSU vor.

Klima schützen, Konjunktur stützen

Im Titel steht das zentrale CSU-Ziel: „Klima schützen, Konjunktur stützen.“ Klimaschutzpolitik darf nicht zu Lasten von Wirtschaft und Sozialpolitik gehen. „Gerade jetzt, in Zeiten einer schwächeren Konjunktur dürfen Maßnahmen des Klimaschutzes nicht den Abschwung noch verstärken oder gar längerfristig zu einer Deindustrialisierung des Landes führen“, heißt es pointiert in dem neuen CSU-Strategiepapier.

Die Grünen fallen als intellektueller Sparringspartner beim Klimaschutz aus.

Markus Söder, Bayerns Ministerpräsident und CSU-Parteichef

„Wir setzen auf Klimastrategie statt auf Klimaideologie“, sagt Söder in Feldafing. Und fügt eine Mahnung hinzu: „Wir dürfen beim Klimaschutz nicht Stadt gegen Land ausspielen.“ Es dürfe keine „neue soziale Frage“ entstehen. Söder: „Die Mehrheit [der Bevölkerung] will Klimaschutz mit Vernunft.“ Bisherige Konzepte spalteten die Gesellschaft, warnt denn auch die CSU-Klimastrategie: „Die Verbots- und Verteuerungsideologie der Grünen macht Klimaschutz zu einem Projekt der kosmopolitischen Eliten zu Lasten der Menschen mit kleinen Einkommen.“

Anreize statt Verbote

„Wir setzen auf Anreize und Förderung, statt auf Verbote“, betont dagegen Söder. Und kritisiert die Grünen, die an Umweltideen „aus der Klamottenkiste der 70er Jahre“ festhielten. Neue, gar umfassende Ideen kämen derzeit von den Grünen keine, bedauert Söder: „Die Grünen fallen als intellektueller Sparringspartner beim Klimaschutz aus.“

Die klimapolitische Initiative liege derzeit eindeutig bei der CSU, meint auch Landesgruppenchef Alexander Dobrindt: „Wir bestimmen seit Monaten die öffentliche Debatte mit unseren Beiträgen zur Klimadebatte.“ Die CSU sei „ein Stück Vorreiter und Vordenker“ und binde Klimaschutz und Konjunktur „zu einem Zukunftspaket“ zusammen.

Keine CO2-Steuer

„Wir setzen auf CO2-Begrenzung und lehnen eine CO2-Steuer ab“, lautet eine zentrale Festlegung im Strategiepapier. Denn, so Dobrindt, eine CO2-Steuer würde etwa „bestimmte Bevölkerungsgruppen von der Mobilität ausschließen“. Die CSU wolle stattdessen den Weg des Emissionshandels gehen, der auf marktwirtschaftlichem Weg zur CO2-Reduzierung führe.

Eine nationale C02-Steuer sorgt nur für zusätzliche Belastungen ohne eine Steuerung der CO2-Menge.

Klimastrategie der CSU

Neben dem Emissionshandelssystem breitet die CSU-Klimastrategie eine ganze Palette von klimaschutzmaßnahmen aus: Eine Klimasteuerreform soll mit einem Klimabonus CO2-Vermeidung steuerlich begünstigen und zugleich die Konjunktur stimulieren. Bis zu 10.000 Euro sollen private Haushalte für Klimaschutzausgaben steuerlich geltend machen können.

Energiepreise senken

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sowie die Energiesteuern sollen grundlegend überarbeitet werden: „Ziel ist es dabei, den deutschen Strompreis, der mittlerweile europäisches Rekordniveau erreicht hat, auf europäisches Mittelmaß zurückzuführen, damit er für Bürger und Unternehmen bezahlbar bleibt.“

Der ländliche Raum darf nicht zum Verlierer der Klimawende werden.

Klimastrategie der CSU

Dazu kommen Steuerermäßigungen für klimafreundliche Mobilität: Die CSU will die Mehrwertsteuer auf Bahntickets von 19 auf 7 Prozent senken – was bundesweit eine jährliche Entlastung von 500 Millionen Euro bedeutete. Die Pendlerpauschale soll erhöht werden, denn „der ländliche Raum darf nicht zum Verlierer der Klimawende werden“.

150.000 E-Ladestationen in Bayern

Beim Thema Mobilität beharrt die CSU außerdem auf der technologieoffenen Förderung alternativer Antriebe. Deutschland soll zum Leitmarkt für Elektrofahrzeuge werden. „Wir wollen den Ausbau der Ladeinfrastruktur insbesondere an Pendlerstrecken und in den Metropolregionen beschleunigen und setzen uns für 150.000 Ladestationen in Bayern ein.“

Das 365-Euro-Ticket wird kommen, sogar bundesweit, verspricht Söder in Feldafing: „Wir werden die ersten sein, die das einführen.“ Wahrscheinlich schon im nächsten Jahr zunächst im Verkehrsverbund Nürnberg.

30 Millionen Bäume in fünf Jahren

Mit einem Klimainnovationsfonds will das Strategiepapier technologische Innovation fördern – von der Reduktion von Plastikabfall über klimaschonende Produktionsverfahren, die Entwicklung synthetischer Kraftstoffe, den Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft und bis zur Gründung eines Batterienetzwerks Süddeutschland zusammen mit Baden-Württemberg.

Wir machen den Freistaat zur grünen Lunge Deutschlands.

Klimastrategie der CSU

Noch ein spannendes Detail: Mit massiver Waldaufforstung wird die Bayerische Staatsregierung eine „Offensive Deutschland-Wald“ starten und den bayerischen Wald stärken. In den nächsten fünf Jahren sollen die Bayerischen Staatsforsten 30 Millionen Bäume pflanzen. Bis 2030 sollen es insgesamt 60 Millionen werden: „Wir machen den Freistaat zur grünen Lunge Deutschlands.“

Klimaziele

Das alles und noch einiges mehr soll dazu führen, dass Deutschland alle Klimaziele erreicht: 2020 wird Deutschland die Treibhausgasemission um rund 32 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren, bis zum Jahr 2030 um 55 Prozent – unter anderem mittels beschleunigtem Ausstieg aus der Kohle. „Wir machen Deutschland spätestens 2050 klimaneutral – für Bayern gilt 2040-plus“, so die Festlegung der CSU-Klimastrategie

Keine neuen Schulden

Was viel Geld kosten wird. „Das ist eines der größten Investitionsprojekte überhaupt“, betont Söder. „Das sind schon zig Milliarden, die da anstehen werden.“ Die Finanzierung soll unter anderem über eine lang laufende Klimaanleihe erfolgen. Damit würden dann auch die Bürger selber an dem großen Projekt beteiligt – in Null-Zins-Zeiten ein attraktives Angebot.

Wir lehnen neue Schulden ab und wollen die schwarze und die grüne Null.

Klimastrategie der CSU

Aber eines wird es mit der CSU nicht geben: Neue Schulden. „Wir lehnen neue Schulden ab und wollen die schwarze und die grüne Null“, betont die Klimastrategie. „Finanzielle Nachhaltigkeit ist uns ebenso wichtig wie ökologische Nachhaltigkeit. Deshalb gibt es die schwarze und die grüne Null nur zusammen.“ Alles andere wäre eine schwere Bürde für kommende Generation. Und, so Söder, international ein verheerendes Signal.“

Chance für die GroKo

Union und SPD wollen bis zu einer Sitzung des Klimakabinetts am 20. September ein großes Klimaschutz-Paket schnüren. Eine Woche zuvor wollen die Spitzen der schwarz-roten Koalition Kompromisswege ausloten. Mit ihrer Klima-Gesamtkonzept hat die CSU ganz bewusst dazu die Initiative ergriffen und gibt nun die Richtung vor, deutet Dobrindt in Feldafing an.

Dobrindt: „Dieses Klimaschutzpaket, wird der Lackmustest der großen Koalition.“ Es dürfe keine neue soziale Frage aufmachen. Für die Große Koalition in Berlin stecke darin auch eine Chance. „Wenn es funktioniert, wird es die öffentliche Wahrnehmung der Groko verändern.“ Dobrindt ist sich sicher, dass die Koalitionspartner in Berlin die CSU-Initiative positiv aufnehmen − „weil wir die ersten sind.“