Bundesinnenminister Horst Seehofer. (Foto: Imago/Emmanuele Contini)
Migration

Keine Abschiebungen nach Syrien

Bundesinnenminister Horst Seehofer hat Abschiebungen nach Syrien derzeit ausgeschlossen. Das gilt auch für Straftäter. Grund ist ein Lagebericht des Auswärtigen Amtes, wonach Rückkehrern in Syrien von Seiten des Assad-Regimes Rache und Folter droht.

Fünf Tage vor der Innenministerkonferenz in Magdeburg hat Bundesinnenminister Horst Seehofer Abschiebungen auch von straffälligen Flüchtlingen in das Bürgerkriegsland Syrien kategorisch ausgeschlossen. „Im Moment kann in keine Region Syriens abgeschoben werden, das gilt auch für Kriminelle“, sagte der CSU-Chef dem „Spiegel“. Ein Lagebericht des Auswärtigen Amts zu Syrien sei „plausibel“, erklärte Seehofer.

Vor wenigen Tagen war ein Bericht des Außenministeriums bekannt geworden, nach dem Flüchtlinge bei einer Abschiebung in ihr Heimatland Repressalien und Gewalt befürchten müssten. Seehofer gibt mit seinen Worten die Linie der Bundesregierung für die Konferenz der Landesinnenminister in der kommenden Woche vor. Dabei soll unter anderem über eine Verlängerung des Abschiebestopps nach Syrien beraten werden, der im Dezember ausläuft.

An Leib und Leben bedroht

Der am 13. November vorgelegte Bericht des AA zeichnet ein düsteres Bild von der Lage in Syrien, vor allem aber über die Risiken für Rückkehrer. Dahin heißt es unter anderem: „In keinem Teil Syriens besteht ein umfassender, langfristiger und verlässlicher Schutz für verfolgte Personen.“ Rückkehrern drohe die Rache des Regimes. So seien Fälle bekannt, „bei denen Rückkehrer nach Syrien befragt, zeitweilig inhaftiert wurden oder dauerhaft verschwunden sind“. Dies könne mit „oppositionsnahen Aktivitäten“ zu tun haben, aber auch nur mit der Tatsache, dass Geflüchtete ihren Wehrdienst nicht abgeleistet haben.

Der einzelne Bürger könne sich „in keiner Weise gegenüber staatlichen Willkürakten zur Wehr setzen“, so das Auswärtige Amt. Rückkehrer seien einer „Gefährdung für Leib und Leben“ ausgesetzt. Polizei und Sicherheitsorgane wendeten systematisch Folter an, insbesondere bei Menschen, die vom Regime als oppositionell eingestuft werden. Auch vor Familienangehörigen – „nicht selten Frauen und Kinder“ – machten sie nicht halt. Die „Sippenhaft“ könne „bereits bei bloßem Verdacht auf mögliche Annäherung an die Opposition“ wirksam werden. Folglich müssten Rückkehrer – ob sie freiwillig zurückkehren oder abgeschoben werden – mit Haft und willkürlicher Folter rechnen.

CDU- und SPD-Politiker hatten Abschiebungen gefordert

Zur militärischen Lage heißt es in dem Bericht des Außenamtes, die Kampfhandlungen in den vom syrischen Regime mithilfe von Russland und dem Iran zurückgewonnenen Gebieten hätten zwar abgenommen. Gleichwohl habe Diktator Bashar al-Assad „wiederholt öffentlich erklärt, dass die militärische Rückeroberung des gesamten Staatsgebiets weiterhin sein erklärtes Ziel sei“. Folglich müsse man weiter mit Offensiven rechnen.

CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte kürzlich gefordert, im Zweifelsfall müsse man straffällig gewordene Syrer trotz des nicht beendeten Bürgerkriegs in ihr Heimatland zurückschicken. Auch Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) hatte nach einer mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung in Freiburg auf eine Neubewertung der Sicherheitslage in Syrien gedrängt, um straffällige Flüchtlinge leichter abschieben zu können. So kommt etwa der mutmaßliche Haupttäter der brutalen Gruppenvergewaltigung einer 18-Jährigen von Freiburg aus Syrien. Auch von SPD-Ministern kam jüngst immer wieder die Forderung, strafffällige Asylbewerber nach Syrien abzuschieben.