Im Blick des Verfassungsschutzes: DITIB-Zentralmoschee in Köln, die der türkische Diktator Erdogan besuchen will. (Bild: Imago/Joko)
Türkei

Verfassungsschutz: Ditib im Fokus?

Nach Informationen von WDR, NDR und SZ will der Verfassungsschutz möglicherweise den umstrittenen islamischen Dachverband Ditib beobachten. Ursache dafür sind verschiedene Vorfälle in der jüngeren Vergangenheit.

Der Rechercheverbund von WDR, NDR und SZ will erfahren haben, dass der deutsche Inlandsgeheimdienst den islamischen Bundesverband Ditib zum Prüffall erklären will. „Sollte Ditib nicht zum ‚Beobachtungsobjekt‘ erklärt werden, ist dennoch eine Verschärfung denkbar: Bereits die Einstufung als Verdachtsfall würde den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel erlauben“, schreibt die Tagesschau der ARD.

Enge Verbindung nach Ankara

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) prüft demnach die Beobachtung des größten deutschen Moscheeverbandes Ditib. Danach soll eine mögliche Beobachtung des Verbandes bei einer Bund-Länder-Sitzung im November diskutiert werden. Die Ditib war wiederholt nicht nur wegen umstrittener Predigten, sondern auch wegen angeblicher Spionage durch Imame für den türkischen Diktator Recep Erdogan ins Blickfeld geraten.

Insgesamt gibt es in Deutschland etwa 900 von der Ditib gesteuerte Moscheen. Die Abkürzung steht für „Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion“. Finanziell, personell und theologisch ist die Ditib eng an die türkische Religionsbehörde Diyanet in Ankara angebunden.

Ermittlungen gegen Spione

Kritik gab es etwa, als nach dem Einmarsch der türkischen Armee in Nordsyrien im Januar, der Diyanet-Leiter forderte, in den Moscheen für den Sieg der Türkei zu beten. Andere Predigten agitierten auch gegen Oppositionelle. „Außerdem tauchten aus deutschen Moscheen Bilder und Videos auf, die uniformierte Kinder im Vorschulalter zeigten“, so die Tagesschau. „Bei sogenannten Gedenkveranstaltungen an den Ersten Weltkrieg wurden offenbar unter anderem Schlachten nachgespielt und Märtyrer gepriesen.“

Gute Gründe für eine Bearbeitung der Ditib.

Dossier des Verfassungsschutzes

Der Generalbundesanwalt ermittelte im vergangenen Jahr gegen 19 Imame, die unter anderem Informationen über angebliche Anhänger des Predigers Fethullah Gülen gesammelt haben sollen. Dieser wird vom türkischen Diktator für den angeblichen Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich gemacht. Ditib sprach immer nur von Verfehlungen einzelner Mitglieder und behauptete, unabhängig zu sein.

Das Bundesinnenministerium äußerte sich bislang nicht zu den Medienberichten. Erklärt wurde aber, dass der Verfassungsschutz insbesondere im Zusammenhang mit der türkischen Militäroperation im nordsyrischen Afrin festgestellt habe, „dass einzelnen Ditib-Moscheegemeinden zurechenbare Personen verfassungsfeindliche nationalistisch-religiöse Aktivitäten entwickelten und entsprechende Äußerungen tätigten“. Wie die Tagesschau meldet, kommt ein „als geheim eingestuftes Dossier der Islamismus-Abteilung offenbar zu dem Schluss, dass gute Gründe für eine Bearbeitung der Ditib vorlägen“.

Spaltpilz Ditib

Im Blick haben die Verfassungsschützer des Bundes offenbar die Kölner Zentrale des Moscheeverbandes. Dies auch deshalb, weil für die Landesverbände formal die Landesämter für Verfassungsschutz zuständig sind. Auch einige Bundesländer wollen allerdings nach den jüngsten Vorfällen die Zusammenarbeit mit der Ditib als Ansprechpartner in Glaubensfragen beenden. Der Landesverfassungsschutz NRW nannte deren Aktivitäten auf ARD-Anfrage eine „Gefahr für den inneren Frieden“, die „einen Keil in die türkische Community“, trieben und „islamfeindlichen Strömungen Vorschub“ leisteten.

Ende September besucht Erdogan die Bundesrepublik für zwei Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Frank Walter Steinmeier. Ob er auch in Köln zur Eröffnung der dortigen Ditib-Zentralmoschee anreist, ist noch nicht sicher. Auch über eine Rede Erdogans während des Deutschlandbesuchs wird seit Wochen spekuliert.

(dpa/ARD)