"Wenn wir regieren, dann ...": Die Drohungen der Rechtsradikalen werden schärfer. (Bild: Imago/Christian Mang)
Deggendorf

„Wenn wir regieren, werdet ihr eingesperrt“

Deggendorfs Landrat Christian Bernreiter berichtete am Rande des CSU-Parteitags von Erlebnissen seiner Wahlhelfer. „Da kommen Leute an den Infostand und sagen: 'Wenn wir regieren, werdet ihr eingesperrt.'“ Nun bekam er Post von der NPD.

Der Ton der Rechtsradikalen wird schärfer – dies dürfte auch eine Folge des Erfolges der rechtspopulistischen Partei AfD sein, bei der einige Funktionsträger wie Björn Höcke oder André Poggenburg in der Vergangenheit wiederholt mit rechtsradikalen Äußerungen auffielen.

Drohungen gegen die CSU

Deggendorfs Landrat Christian Bernreiter berichtete am Rande des CSU-Parteitags in München besorgt von jüngsten Erlebnissen seiner Wahlhelfer am Deggendorfer Stadtplatz. „Da kommen Leute an den Infostand und sagen: ,Wenn wir regieren, werdet ihr eingesperrt.‘“ Als die CSU-Helfer daraufhin um die Namen der Drohenden baten, haben sich diese schnell entfernt.

In der Passauer Neuen Presse hatte Bernreiter, der auch Präsident des Bayerischen Landkreistags ist, diesen Personen daraufhin „fast schon SA-Methoden“ vorgeworfen. Dies habe mit politischer Auseinandersetzung nichts mehr zu tun.

Da kommen Leute an den Infostand und sagen: ,Wenn wir regieren, werdet ihr eingesperrt‘.

Christian Bernreiter, Landrat von Deggendorf

Der Landrat meinte außerdem bei einer FU-Veranstaltung, dies müssten AfD-Anhänger gewesen sein. Auf die Frage des BAYERNKURIER, ob das nicht vielleicht Rechtsradikale oder Parteigänger etwa der NPD waren, erklärte Bernreiter: „Die sind aber weit vom Regieren entfernt.“

Brief von der NPD

Nun hat der Landrat auch noch Post von der NPD bekommen: Ein offener Brief des niederbayerischen NPD-Bezirksvorsitzenden Alfred Steinleitner, der dem BAYERNKURIER vorliegt, vergreift sich mehr als nur im Tonfall. Es ist eine unverhohlene Drohung gegen Staatsbedienstete und Journalisten: „Sollte der Wind sich drehen, was erfahrungsgemäß sehr schnell gehen kann, werden alle, welche diesem System des Unrechts bedingungslos dienten, auch die Schreiberlinge mit ihren blutverschmierten Fingern, Besuch bekommen! Man ziehe diesbezüglich nur das Beispiel mit den Bediensteten vor 1945 heran. Welche man damals vergessen hat, werden noch heute abgeholt und zur Rechenschaft gezogen“, heißt es darin. Steinleitner bezieht sich damit vordergründig auf Prozesse gegen mutmaßliche NS-Verbrecher, die auch heute noch vor Gericht gestellt werden. Doch die erste Zitatzeile ist doppeldeutig. Denn zugleich kann sie auch auf die „Besuche“ der Gestapo bei NS-Verfolgten nach 1933 hinweisen, wenn diese zum Verhör oder gleich ins KZ abgeholt wurden. Die folgenden Sätze sorgen nur dafür, dass (möglicherweise) keine Strafbarkeit vorliegt.

Sollte der Wind sich drehen, was erfahrungsgemäß sehr schnell gehen kann, werden alle, welche diesem System des Unrechts bedingungslos dienten, auch die Schreiberlinge mit ihren blutverschmierten Fingern, Besuch bekommen.

Brief des NPD-Bezirkschefs

Weiter schreibt Steinleitner, der auch Vorsitzender des NPD-Kreisverbandes Deggendorf/Freyung ist: „Herr Bernreiter, die Anhänger der AfD haben leider nur eine logische Folgerung ausgesprochen. Und wenn man heute etwas SA nennen darf, dann ist das die bekennende ANTIFA – Merkels SA!“ Demnach geht auch Steinleitner davon aus, dass es sich bei den Personen, die die CSU-Wahlhelfer bedrohten, um Anhänger der AfD gehandelt hat.

Landrat schaltet Polizei ein

„Ich finde das nicht mehr lustig“, so der erboste Landrat zum BAYERNKURIER. „Und ich habe keine Angst und werde mich dem entgegenstellen.“ Bernreiter hat den Brief deshalb an die Polizei zur strafrechtlichen Prüfung weitergeleitet. Den Inhalt des Briefes nannte der Landrat gegenüber der PNP „schon brutal“. Deshalb habe er ihn nicht ignoriert und in den Papierkorb geworfen, sondern wolle ihn öffentlich machen. Es sei nun wichtig, die Demokratie zu stützen: „Wehret den Anfängen!“ Auch müsse vermehrt darüber nachgedacht werden, „wie die Menschen im demokratischen Spektrum gehalten werden können“.

Bei der Bundestagswahl war die AfD in Deggendorf mit 19,2 Prozent zweitstärkste Kraft.

Franz Josef Strauß würde diese AfD bekämpfen!

Markus Söder

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder forderte die CSU beim jüngsten Parteitag auf, wie einst bei den Republikanern den Kampf mit der AfD aufzunehmen. Rechts von der CSU dürfe es keine demokratisch legitimierte Partei geben. „Die AfD hat sich verändert, Rechtsradikale sind in die Spitze vorgedrungen. Sie marschieren Seit an Seit mit NPD, Pegida und Hooligans. Das dürfen wir nicht ignorieren.“ Mit Blick auf ein Wahlplakat der AfD betonte Söder unter dem lang anhaltenden Beifall der Anwesenden: „Franz Josef Strauß würde diese AfD bekämpfen und wir werden es auch tun!“

Die bayerische AfD wird bislang nicht vom Verfassungsschutz beobachtet. Das zuständige Landesamt schaut nach eigenen Angaben zur Zeit nur auf „Schnittmengen“ mit Rechtsextremisten und hat nur einzelne AfD-Mitglieder im Visier.