In der Kita: Bessere Qualität ist wichtiger als Beitragsfreiheit. (Bild: Imago/Mito)
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Qualität geht vor Beitragsfreiheit

Das chronisch klamme Berlin erlässt Eltern ab August die Kita-Gebühren. Darum soll Bayern jetzt nachziehen, fordert die Opposition. Mit dem Familiengeld fördert der Freistaat Eltern aber längst besser – und lässt ihnen eine Wahl.

Ausgerechnet Berlin erlässt Eltern ab August die Kita-Gebühren, obwohl es sich das finanziell eigentlich nicht leisten kann – hängt es doch seit Jahrzehnten am Länderfinanzausgleichs-Tropf, dessen mit Abstand größter Zahler der Freistaat Bayern ist. Man könnte also sagen, Bayern finanziert Berlin die Beitragsfreiheit. In allen Altersklassen müssen auch Berliner Eltern allerdings in Zukunft das Essen in den Kitas finanzieren. Berlin ist damit das erste Bundesland, das Kita-Gebühren komplett abschafft. In Rheinland-Pfalz gibt es die Beitragsfreiheit für Kinder ab zwei Jahren seit 2010. Ab 1. August gilt sie in Hessen und Niedersachsen für Kinder ab drei Jahren, in Brandenburg zunächst nur für das letzte Kita-Jahr.

Viel Wahlkampf, keine Gerechtigkeit

Entgegen der Behauptung der SPD können laut der stellvertretenden CSU-Fraktionsvorsitzenden im Bayerischen Landtag, Ingrid Heckner, alle Kinder in Bayern eine Kita besuchen, unabhängig vom Einkommen der Eltern. Der Freistaat leistet im letzten Kindergartenjahr einen Beitragszuschuss von 100 Euro pro Monat. Das bedeutet für viele fast ein beitragsfreies Kindergartenjahr. Können sich Eltern Kita-Beiträge nicht leisten, übernimmt die wirtschaftliche Jugendhilfe die Beiträge.

Das Familiengeld ist eine deutlich bessere Förderung, als den Kitabeitrag abzuschaffen.

Ingrid Heckner

Denn Teile der Opposition fordern, auch das wirtschaftlich starke Bayern müsse die Kita-Gebühren erlassen. Die CSU-Landtagsfraktion hat dies auch erwogen, lehnte diesen Weg aber aus gutem Grund ab. „Das Bayerische Familiengeld und unsere Qualitätsoffensive für die bayerischen Kitas sind der bessere Weg“, erklärte Heckner. „Wir geben den Familien mit ein- und zweijährigen Kindern in Bayern mit dem Bayerischen Familiengeld 250 Euro pro Kind und Monat und ab dem dritten Kind 300 Euro in Hand. Das sind 6000 bis 7200 Euro pro Kind vom Staat und damit eine deutlich bessere Förderung, als den Kitabeitrag abzuschaffen.“

Wahlfreiheit, Kita-Qualität und -Ausbau sind wichtiger

Familien könnten im Freistaat Bayern obendrein selbst entscheiden, wofür sie das Familiengeld einsetzen – für eine massive Entlastung bei Kita-Beiträgen oder für andere Kosten. „Das ist uns wichtig: Eltern sollen selbst entscheiden können! Denn wir setzen auf die direkte Entlastung der Eltern, und nicht auf nur ein einziges Betreuungsmodell“, so Heckner. Die SPD setzt darauf, alle Kinder in staatliche Obhut zu schaffen, eine Eigenbetreuung durch die Eltern ist für sie scheinbar fragwürdig. „Die kostenlose Kita hat also nichts mit Bildungsgerechtigkeit, aber viel mit Wahlkampf zu tun“, bilanzierte die CSU-Politikerin.

Die CSU-Fraktionsvize nennt noch ein weiteres Argument: Staatsregierung und CSU-Landtagsfraktion sorgten dafür, dass der Freistaat weiter intensiv in den Ausbau und die Qualität der Kinderbetreuungsangebote investiert. „Das ist, was sich laut Studien auch die meisten Eltern wünschen und was sie der Beitragsfreiheit klar vorziehen“, stellte die CSU-Politikerin fest. Und weiter: „Wir werden zum Beispiel 2000 zusätzliche Tagespflegepersonen für die Kitas finanzieren und 10.000 neue Hortplätze schaffen.“ Mit der Umsetzung des Ganztagsanspruchs für Grundschulkinder und dem steigenden Bedarf an Fachkräften habe man große Aufgaben zu bewältigen. „Dafür braucht es keine Ideologie und kein Wahlkampfgetöse, sondern verantwortliches Handeln“, betonte Heckner.

Bayern zeigt Mut zur Familie.

Kerstin Schreyer

Im Freistaat Bayern läuft das vierte Investitionsprogramm zur Schaffung neuer Kitaplätze auf vollen Touren. „Mein Ziel ist es, dass Familien in Bayern den Betreuungsplatz bekommen, den sie sich wünschen. Hier haben wir schon sehr viel erreicht, doch die Nachfrage nimmt immer noch zu“, so Bayerns Familienministerin Kerstin Schreyer. „Das Programm kommt zur rechten Zeit: Bayern zeigt Mut zur Familie, die Geburtenzahlen steigen. Wir wollen aber auch inklusive Einrichtungen ausbauen und dem Betreuungsbedarf durch den gestiegenen Zuzug gerecht werden.“ Insgesamt stehen 178 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung, mit denen die reguläre staatliche Förderung verstärkt werden kann. So erhalten Kommunen künftig durchschnittlich 85 Prozent statt der regulären 50 Prozent ihrer förderfähigen Investitionskosten erstattet. Seit 2008 sind rund 80.000 Plätze für Kinder unter drei Jahren entstanden. Insgesamt standen dafür 1,4 Milliarden Euro zur Verfügung.

Studie: Berlin hat billige, aber schlechte Kitas

Dabei steht Bayern ohnehin gut da: Laut einer Ende Mai veröffentlichten Bertelsmann-Studie geben Eltern in Bayern nur durchschnittlich 5,9 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Kita-Gebühren aus, bundesweit ist das Platz sechs. Nur fünf Länder liegen besser, am meisten will Schleswig-Holstein mit 8,9 Prozent. Nimmt man die Zusatzgebühren hinzu, liegen nur vier Länder vor Bayern. Die Studie hat allerdings auch ergeben, dass in Berlin (2,0 Prozent) zwar weniger Kita-Gebühr gezahlt wird, aber dass dort die Qualität der Krippengruppen, gemessen am Personalschlüssel, deutlich schlechter ist als im Bundesdurchschnitt.

Trotz der Belastung durch Kita-Beiträge und Zusatzgebühren wäre laut Studie – unabhängig vom Einkommen – die Mehrheit der Eltern bereit, für eine bessere Qualität noch höhere Kita-Beiträge zu bezahlen: 59 Prozent der Eltern oberhalb, aber auch 53 Prozent der Eltern unterhalb der umstrittenen Armutsrisikogrenze (weniger als 60 Prozent eines durchschnittlichen Einkommens) würden für mehr Personal und bessere Ausstattung auch höhere Beiträge akzeptieren. Die zusätzlichen Gelder sollten nach Meinung der Eltern insbesondere in zusätzliches Personal investiert werden. 42 Prozent der Eltern wünschen sich zudem eine bessere Bezahlung für Erzieherinnen und Erzieher.