Die CSU setzt sich durch mit der faktischen Zurückweisung von Sekundärmigranten an der Grenze (v.l.): Bundesinnenminister Horst Seehofer, Kanzlerin Merkel. (Foto: Imago/photothek)
Asylstreit

Die CSU setzt sich durch

Kommentar Nach wochenlangem heftigem Streit mit der CDU setzt die CSU faktisch Zurückweisungen von „Sekundärmigranten“ an den Grenzen durch – mittels Transitzentren. Möglich war dies nur durch maximalen Druck der CSU und Horst Seehofers persönlich.

Die Vereinbarung mit der CDU zur Einrichtung von Transitzentren an der deutsch-österreichischen Grenze ist zweifellos ein großer Erfolg der CSU. Die Forderung von Bundesinnenminister Horst Seehofer und dem CSU-Vorstand ist vollständig erfüllt: Faktisch reisen künftig „Sekundärmigranten“, also Flüchtlinge und Asylbewerber, die bereits in anderen EU-Staaten registriert sind oder gar dort ein Asylverfahren durchlaufen, nicht mehr in Deutschland ein.

Die „Sekundärmigranten“ werden – analog zum deutschen „Flughafen-Verfahren“ – in den Transitzentren nahe der Grenze erst einmal festgehalten. Mittels EURODAC, der EU-Fingerabdruck-Datenbank, wird der zuständige Einreise-, Registratur-, und Asylverfahrensstaat ermittelt. Dann werden  die Kandidaten dorthin zurückgeschickt. Das ist im Endeffekt – auch wenn es anders heißt – nichts anderes als die „Zurückweisung“ von Sekundärmigranten, also jener bislang umstrittene 63. Punkt in Seehofers Masterplan.

Zustimmung Österreichs ist wahrscheinlich

Wenn der betreffende EU-Staat – entgegen europäischem Recht – diese Leute nicht direkt aus Deutschland zurücknimmt, werden sie erst einmal nach Österreich gebracht, das sie dann an den Bestimmungsort weitertransportiert. Dass Österreich einer solchen Lösung offen gegenübersteht, hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bereits bei seinen Besuchen bei Innenminister Seehofer in Berlin wie auch beim bayerisch-österreichischen Kabinettstreffen in Linz durchblicken lassen. Er würde dann vermutlich ähnliche Kontrollen und Zentren an der österreichischen Süd- und Südostgrenze einführen, was wiederum das bislang störrische Italien dazu zwingen würde, sich endlich zu bewegen und einen europäischen Kompromiss anzustreben.

Möglich war dieser Erfolg offensichtlich nur durch die maximale Anwendung aller Druckmittel, die der CSU und Horst Seehofer persönlich zur Verfügung stehen. Ohne diesen massiven Druck der CSU hätten sich die CDU und Kanzlerin Merkel nicht bewegt, wie viele frühere Beispiele belegen – von dem Streit um die Pendlerpauschale 2008 angefangen bis zum Streit um die Grenzschließung 2015.

Mit den Transitzentren wird einer der entscheidenden Faktoren, die Migranten aus aller Welt bisher nach Deutschland gezogen hat („Pull-Faktor“) ausgeschaltet. Denn warum wollten die Menschen aus sicheren Ländern wie Griechenland, Rumänien, Bulgarien nach Deutschland weiterreisen? Dort herrschen weder Krieg noch politische Verfolgung. Der wahre Grund war, dass es in Deutschland nun einmal die besten Aussichten auf Arbeit sowie die die üppigsten Sozialleistungen gibt. Es handelt sich bei den „Sekundärmigranten“ also größtenteils um Wirtschaftsmigranten – ansonsten könnten sie ja im Aufnahmeland bleiben. Das Asylrecht ist für die große Masse dieser Immigranten ganz gewiss nicht das richtige Instrument. Man könnte auch sagen: Im Grunde genommen zweckentfremden diese Migranten das Recht auf Asyl.

Merkels politischer Fehler

Gerade deshalb war Merkels ursprüngliche Position völlig verfehlt. Sie wollte, dass Deutschland – faktisch: Bayern – erst einmal die Zuwanderer aus aller Welt in den eigenen Ankerzentren aufnimmt und die „Sekundärmigranten“ einer Art beschleunigtem Asylverfahren unterzieht. Alles innerhalb Deutschlands, auf deutsche Kosten, nach deutschem Recht und mit den deutschen Rechtsmitteln, die diese Verfahren endlos hinauszögern. All dies wäre allerdings ein erneuter massiver„Pull-Faktor“ gewesen, Merkels Pläne hätten weitere zehntausende oder gar hunderttausende Migranten nach Deutschland gezogen.

Gleichzeitig muss der CSU klar werden, dass Seehofer auf der Berliner Bühne ihr bestes Pferd im Stall ist. Kein anderer aktiver CSU-Politiker hätte bei Merkel und der CDU mehr aushandeln können als Seehofer. Was nach der Bundestagswahl galt – Seehofer wird dringend gebraucht, um gegen alle Widerstände einen vernünftigen Koalitionsvertrag auszuhandeln – gilt analog auch jetzt: Seehofer wird dringend gebraucht, um gegen alle Widerstände eine vernünftige Asylpolitik und eine wirkungsvolle Grenzsicherung durchzusetzen.

Seehofer plant Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz

Um die Unterscheidung zwischen Asylbewerbern und Wirtschaftsmigranten klarzumachen, hat Bundesinnenminister Seehofer für den Herbst ein Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz angekündigt. Damit kann Seehofer eine Gruppe von Arbeitsmigranten definieren, die in Deutschland durchaus willkommen ist: etwa IT-Experten oder auch Pflegekräfte, wie Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) anregt. Seehofer sagte, er sei mit den Ministern Peter Altmaier (Wirtschaft, CDU) und Hubertus Heil (Arbeit, SPD) bereits in enger Abstimmung. Nach dem reinigenden Gewitter, dem überstandenen Streit zwischen CDU und CSU über die Fundamente der Asylpolitik, ist jetzt der Weg frei, dass die Union wieder mit Volldampf an der Lösung weiterer drängender Probleme arbeitet.