Gefallen: Beiträge der Anwohner für den Straßenausbau gehören der Vergangenheit an. (Bild: Imago/Westend61)
Straßenausbau

Das Geld liegt nicht mehr auf der Straße

Der Bayerische Landtag hat die Abschaffung der umstrittenen Straßenausbaubeiträge abgesegnet. Mit dem Gesetz sollen Bürger entlastet und Kommunen unterstützt werden. Ein lange währender Streit ist damit beendet.

Nun ist es amtlich: Nach jahrelanger Diskussion hat der Landtag die Abschaffung der umstrittenen Straßenausbaubeiträge beschlossen. Kommunen können nun nicht mehr die Anlieger an den Kosten etwa der Sanierung einer Gemeindestraße beteiligen.

„Wir haben eine solide Lösung erarbeitet. Die Forderung der Freien Wähler, bis 1. Januar 2014 Straßenausbaubeiträge zurückzuerstatten, ist willkürlich und wäre daher verfassungswidrig“, erklärte nach der Abstimmung Tobias Reiß, der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag. Zudem würde dies den Staatshaushalt übermäßig belasten und Steuergelder in erheblichem Umfang verschlingen. „Das ist weder finanziell darstellbar, noch den Steuerzahlern zu vermitteln!“, betonte Reiß.

Das Geld liegt nicht wie von den Freien Wählern oft suggeriert auf der Straße.

Manfred Ländner

Mit dem neuen Gesetz werden ab dem 1. Januar 2018 verschickte Bescheide aufgehoben. Bereits bezahlte Beiträge werden von den Kommunen zurückerstattet. Bis zum 31. Dezember 2017 verschickte Bescheide bleiben weiter gültig, darin erhobene Gebühren müssen bezahlt werden.

Kommunen erhalten Erstattung

Die Kommunen bekommen die aufgrund der Abschaffung fehlenden Beträge spitz erstattet (tatsächlich angefallene Kosten und keine Pauschale; Anm. d. Red.) bei laufenden Maßnahmen, für die das Vergabeverfahren für die erste Bauleistung vor dem 11. April 2018 eingeleitet worden ist und die im Haushalt veranschlagt sind. „Zudem wird der Freistaat Bayern für künftige Ausbaumaßnahmen eine pauschale Finanzierungsbeteiligung gewähren“, sagte der kommunalpolitische Sprecher der CSU-Landtagsfraktion, Manfred Ländner. „Die Kommunen können sich darauf verlassen.“ Das Kommunalabgabengesetz sei aber nicht der richtige Ort für eine solche Regelung. Details hierzu würden vielmehr bis zur Aufstellung des Doppelhaushalts 2019/2020 in Abstimmung mit dem Bayerischen Städtetag und dem Bayerischen Gemeindetag festgelegt werden.

„Das Geld liegt nicht wie von den Freien Wählern oft suggeriert auf der Straße“, sagte Ländner, zur „Freibiermentalität der Opposition“ abschließend. „Alleine die Rückerstattungen seit 2014 würden den Staatshaushalt des Freistaats über 400 Millionen Euro kosten, und nicht nur 200 Millionen Euro, wie die Freien Wähler behaupten. Und was würden die Bürger sagen, die noch im Dezember 2013 einen Bescheid bekommen haben?“

Freie Wähler mit Defiziten

Zudem weise der Gesetzentwurf der Freien Wähler Regelungsdefizite auf, was die Erstattung für die Kommunen betrifft. „Ihr Gesetzentwurf sieht nur vor, dass vom Kommunalanteil am Kraftfahrzeugsteuersatzverbund jährlich 150 Millionen Euro für die Verbesserung und Erneuerung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen verwendet werden können“, so Ländner. „Der Entwurf verzichtet jedoch darauf, ein genaues Verfahren beziehungsweise einen Schlüssel zur Verteilung der Mittel auf die Gemeinden vorzuschlagen.“

Wir entlasten die Bürger. Gleichzeitig lassen wir die Kommunen nicht im Stich.

Tobias Reiß

Nachdem das bisherige beitragsgestützte System seit fast 50 Jahren (seit 1974) bestand, ergeben sich aufgrund der Abschaffung viele Einzelfragen, insbesondere für die Übergangszeit. „Unser Gesetzentwurf schafft einen Ausgleich der Interessen der Städte und Gemeinden und der an diesen Straßen anliegenden Eigentümer“, betont Reiß. „Wir entlasten die Bürger. Gleichzeitig lassen wir die Kommunen nicht im Stich, damit laufende Maßnahmen noch fortgeführt und auch künftig Straßen saniert werden können.“

Volksbegehren wird gestoppt

Aufgrund des Gesetzesbeschlusses, dem auch die Freien Wähler zugestimmt haben, stoppen sie ihr Volksbegehren zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge. „Wir begrüßen diesen längst überfälligen Schritt“, so Reiß. Für die CSU-Landtagsfraktion und die Staatsregierung war eine ernsthafte und solide Lösung wichtig. „Schließlich ist es das Geld der Steuerzahler, das sonst für andere Zukunftsinvestitionen fehlt“, begründete Ländner diesen Schritt. Den Finanzierungsbedarf für die Übernahme der Kommunalstraßenfinanzierung schätzte das Innenministerium auf 200 bis 300 Millionen Euro im Jahr.

Die Straßenausbaubeiträge

In vielen bayerischen Gemeinden gab es immer wieder Streit um die ungeliebten Straßenausbaubeiträge, die die Kommunen von den Anliegern kassierten, wenn deren Straße saniert oder neugebaut wurde. Ohne die Beiträge wäre aber die Finanzierung der Kommunalstraßen infrage gestanden. Zudem urteilte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof 2016, dass die ursprüngliche Soll-Vorschrift im Kommunalabgabengesetz zur Erhebung der Beiträge in der Regel eine Pflicht sei.

Das Problem drohte zu eskalieren: Denn nach den Zahlen des Innenministeriums sind viele der in den 1970er Jahren gebauten Ortsstraßen in den nächsten Jahren erneuerungsbedürftig, da sie das Ende ihrer Nutzungsdauer von bis zu 40 Jahren erreichen. Nur 1492 der über 2000 bayerischen Gemeinden hatten zudem eine Satzung, die es ihnen erlaubte, die Anlieger an den Kosten des Straßenausbaus zu beteiligen. Mancherorts flattern den Hausbesitzern obendrein fünfstellige Gebührenbescheide ins Haus. Ein System „wiederkehrender Beiträge“ für alle Gemeindebürger konnte sich nicht durchsetzen, weil die Freien Wähler die zwischen allen Parteien verabredete Evaluation dieses Projekts mit ihrem Volksbegehren unterliefen.