Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu Gast bei Anne Will in der ARD. (Bild: Imago/Jürgen Heinrich)
Asylpolitik

Merkel: „Ich bin politisch verantwortlich“

In der Affäre um Missstände bei der Außenstelle des Bremer Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihr Vorgehen erneut verteidigt und Verantwortung für die Mängel übernommen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte am Sonntag in der ARD, sie habe im Jahr 2015 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) mit der Berufung des damaligen neuen Chefs Frank-Jürgen Weise in einer Art eingegriffen, wie sie „es selten in meinem politischen Leben“ bei einer Behörde getan habe, die einem Ministerium unterstehe. Die Kanzlerin räumte aber auch ein, dass sie früher und stärker hätte einschreiten sollen.

Ich bin für die Dinge politisch verantwortlich. Ich schiebe da auf niemanden die Verantwortung.

Angela Merkel, Bundeskanzlerin

Die Flüchtlingskrise sei eine „Riesenaufgabe“ gewesen, für deren Bewältigung auch „das Kanzleramt und auch ich ganz persönlich verantwortlich war“, so die Kanzlerin. Das Bamf sei dafür jedoch nicht ausreichend vorbereitet gewesen, wie Merkel eingestand. Dies hätte man früher angehen müssen. Das Personal habe man wohl nicht ausreichend aufgestockt, die Strukturen wie das EDV-System seien nicht zur Genüge verändert worden.

Wunsch nach schnellen Verfahren

Deshalb gelte: „Ich bin für die Dinge politisch verantwortlich.“ In der außergewöhnlichen „humanitären Notsituation“ 2015 mit der großen Zahl an Asylbewerbern habe man das Innenministerium nicht mit so einer Aufgabe alleine lassen können und darum einen Teil der Aufgaben ins Kanzleramt geholt.

Die politische Hauptverantwortung für den Zustand beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) sieht einer Umfrage der Bild-Zeitung zufolge eine knappe Mehrheit der Bürger (52 Prozent) jedoch nicht bei der Kanzlerin. Eine starke Minderheit (42 Prozent) hält Merkel dagegen für hauptverantwortlich.

Im April war bekannt geworden, dass in der Bremer Bamf-Außenstelle zwischen 2013 und 2016 mindestens 1200 Asylanträge unrechtmäßig bewilligt worden sein sollen. Inzwischen steht aber das gesamte Bamf wegen der vielen Mängel und Fehler in der Kritik. Die Regierungschefin verteidigte das damalige Ziel schnellerer Asylverfahren. Diesen Wunsch habe es nicht nur in der Bundesregierung, sondern auch unter den Ministerpräsidenten gegeben.

Masterplan mit 63 Maßnahmen

Merkel forderte ebenfalls in der ARD eine schnelle Umsetzung des Konzepts der Ankerzentren zur besseren Aufnahme von Flüchtlingen und Migranten. Die Verfahren müssten schneller bearbeitet und Menschen ohne Bleiberechte abgeschoben werden.

Diese Zentren sind zentraler Bestandteil des „Masterplanes Asyl“ von Bundesinnenminister Horst Seehofer, den er am Dienstag vorstellen will. Dort sollen Flüchtlinge künftig von der Ankunft bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag untergebracht werden. In zahlreichen rot oder grün regierten Bundesländern gibt es Vorbehalte dagegen. Der CSU-Politiker hatte bereits unmittelbar vor seinem Amtsantritt im März einen „Masterplan für schnellere Asylverfahren und konsequentere Abschiebungen“ angekündigt. Besonders bei Straftätern und Gefährdern müsse härter durchgegriffen werden.

Die Asylpolitik in Deutschland muss grundlegend überarbeitet werden.

Horst Seehofer

Seehofer hat nun seine Ankündigung einer weitreichenden Reform der Asylpolitik nochmal bekräftigt. „Die Asylpolitik in Deutschland muss grundlegend überarbeitet werden. Wir haben immer noch kein richtiges Regelwerk für die Zukunft. Dazu schlage ich in meinem Masterplan 63 Maßnahmen vor“, sagte er der Bild am Sonntag.

Eine dieser Maßnahmen könnte auch die Zurückweisung von Asylbewerbern direkt an der Grenze sein, wenn sie aus sicheren Drittstaaten kommen. Eine Mehrheit der Bürger unterstützt einer Umfrage zufolge diese Forderung von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. In der Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Emnid für die Zeitung sprachen sich 54 Prozent dafür aus. 34 Prozent der Befragten lehnten Zurückweisungen ab. Dobrindt, Chef der CSU-Bundestagsabgeordneten, hatte am Dienstag gefordert, wieder entsprechend der Rechtslage des Dublin-Abkommens zu verfahren und die derzeit kaum praktizierten Zurückweisungen an den Grenzen wieder aufzunehmen. Ob jemand in einem anderen EU-Land bereits ein Asylverfahren begonnen habe, lasse sich inzwischen mit Hilfe der EU-Fingerabdruckdatei Eurodac feststellen. Derzeit werden Migranten ins Land gelassen, wenn sie erklären, in Deutschland Asyl zu begehren – die Prüfung, ob sie in der EU bereits registriert wurden, erfolgt erst später.

Reform des Bamf

Eine weitere Maßnahme im Masterplan ist offenbar die Reform des Bamf. Seehofer will es neu organisieren. „Ich werde eine tiefgreifende Reform des Bamf durchführen, in der Organisation, in den Verfahren“, kündigte Seehofer am Rande eines Treffens der Innenminister der Länder im sachsen-anhaltischen Quedlinburg an. Details nannte Seehofer zunächst aber nicht.

(dpa/BK)