Bayern ist deutscher Meister der Inneren Sicherheit: Polizisten als Freunde und Helfer. (Foto: Bayerische Polizei)
PAG

Ein Gesetz für die Sicherheit der Menschen

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat in einem Interview erneut klar gemacht, warum das neue Polizeiaufgabengesetz notwendig ist. Die Kritik der Gegner nehme man ernst, sie sei aber zu großen Teilen völlig überzogen.

„Unser Polizeiaufgabengesetz ist ein Gesetz für die Menschen.“ Am Tag der geplanten Verabschiedung des neuen Polizeiaufgabengesetzes im Bayerischen Landtag hat Innenminister Joachim Herrmann erneut begründet, warum die erweiterten Kompetenzen für die Polizei notwendig seien. Er habe nach intensiver Vorbereitung durch Fachleute aus seinem Ministerium dem Landtag das vorgelegt, was er für die Sicherheit der Menschen für richtig und im Hinblick auf die Freiheit in der Gesellschaft für vertretbar halte, sagte Herrmann im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Das Gesetz wird kritisch begleitet

Die von Ministerpräsident Markus Söder angekündigte Kommission werde die Einführung des Gesetzes begleiten, so Herrmann. „Wenn im Rahmen der Kommissionsarbeit ein entsprechender Bedarf der Praxis deutlich wird, dann werden wir dies prüfen und das Gesetz erforderlichenfalls auch weiterentwickeln“, sicherte der Innenminister zu.

Söder hatte am Wochenende erklärt, dass er keinen Anlass für weitere Änderungen am Gesetz sehe. Er kündigte aber eine breite Informationsoffensive über die neuen Regeln und die Einsetzung einer Kommission aus Datenschützern, Verfassungsrechtlern und Polizeipraktikern an, die vom ehemaligen Präsidenten des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes, Karl Huber, geführt werden soll. Sie soll die Umsetzung des Gesetzes kritisch begleiten und überprüfen.

Viel „Unfug“ verbreitet

Herrmann beklagte erneut die Vielzahl an Falschinformationen, die vor allem über das Internet verbreitet worden seien. Er räumte ein, im Innenministerium habe man unterschätzt, „was unterschwellig über die sozialen Medien an Unfug verbreitet wurde“. Dazu gehöre etwa die Behauptung, dass normale Polizisten nun mit Handgranaten ausgestattet würden – in Wahrheit sind es aber nur Spezialkräfte.

Das Gesetz erlaubt Eingriffe überhaupt nur, wenn eine Gefahr von Angriffen von erheblicher Intensität oder Auswirkung zu erwarten ist.

Josef Franz Lindner, Professor für Öffentliches Recht, Augsburg

Der viel kritisierte Begriff der „drohenden Gefahr“, bei der die Polizei künftig schon einschreiten kann, geht auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zurück. Gerade bei der Terrorbekämpfung sei der Gesetzgeber keineswegs auf den konkreten Gefahrenbegriff beschränkt, stellten die Karlsruher Richter 2016 fest. Es könne schon reichen, dass „bestimmte Tatsachen auf eine im Einzelfall drohende Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut hinweisen“. Auch andere Bundesländer wollen diesen Gefahrenbegriff in ihr Polizeirecht übernehmen.

Diese Eingriffsmöglichkeit gilt etwa, wenn sich jemand Materialien für den Bau einer Bombe beschafft, aber noch unklar ist, wo und wann er diese zünden will. Die neue Regel sei darum ein „wichtiger Sicherheitsgewinn“, so Herrmann. Schließlich gilt: Wenn man in einer solchen Situation abwartet, sind möglicherweise viele Opfer zu beklagen. Die Hürden für einen solchen Eingriff sind hoch, gerade im Bayerischen PAG. „Das Gesetz erlaubt Eingriffe überhaupt nur, wenn eine Gefahr von Angriffen von erheblicher Intensität oder Auswirkung zu erwarten ist“, stellte nun der Augsburger Rechtsprofessor Josef Franz Lindner in einem weiteren FAZ-Artikel klar. Das sei „klar auf einen Anschlag gemünzt“ und treffe sicher nicht etwa auf Graffiti zu.

Opposition ohne Distanz zu Verfassungsfeinden

Den Oppositionsparteien warf Joachim Herrmann in der FAZ nun vor, sich nicht genügend von den „Lügen anderer“ distanziert zu haben. Stattdessen hätten sie ein Bündnis mit Organisationen geschmiedet, „unter denen auch erklärte Linksextremisten sind, die teilweise auch Kontakte zu gewaltorientierten Autonomen pflegen oder selbst dem autonomen Spektrum angehören“. So hätten bei einer Kundgebung in Regensburg extreme Linke gefordert, die Regierungen in München und Berlin müssten abgesetzt werden. „Da standen Vertreter der SPD dabei und haben zum Teil auch noch Beifall geklatscht“, so der Minister. Die FAZ schreibt: „Tatsächlich hat man selten zuvor zum Beispiel einen FDP-Spitzenkandidaten hinter einem Plakat gesehen, auf dem auch die Logos von DKP oder MLPD prangten.“ Beides sind linksradikale Parteien, die vom Verfassungsschutz beobachtet und als verfassungsfeindlich eingestuft werden.

Tatsächlich hat man selten zuvor zum Beispiel einen FDP-Spitzenkandidaten hinter einem Plakat gesehen, auf dem auch die Logos von DKP oder MLPD prangten.

Frankfurter Allgemeine Zeitung

Die Motive der PAG-Gegner seien vielfältig, so Herrmann weiter: So wehrten sich manche Fußballfans gegen die Regelung, dass künftig Hooligans an den Kosten für Polizeieinsätze beteiligt werden können. Andere würden die DNA-Analyse als „rassistisch“ bewerten, dabei sei die Auswertung von Genmaterial auf das Aussehen von Schwerkriminellen oder Terroristen – etwa beim Fund einer Bombenwerkstatt – auch im Berliner Koalitionsvertrag für den Strafprozess vorgesehen. Sogar der grüne Ministerpräsident Kretschmann unterstütze das.

Neue Herausforderungen brauchen neue Befugnisse

Auch Tobias Reiß, der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Fraktion im Landtag, bekräftigte die Notwendigkeit der PAG-Novelle. Es gehe um Datenschutzvorschriften aus Europa, die in nationales Recht umgesetzt werden müssten, dazu die jüngste Rechtsprechung im Polizeirecht. „Aber es geht natürlich auch darum, die neuen Herausforderungen des Terrors und der Kriminalität zu meistern. Seine Bürger vor Gewalt und Verbrechen zu schützen ist die vorrangigste Pflicht eines Staates. Dafür braucht unsere Polizei Befugnisse und Handlungsmöglichkeiten, die auf der Höhe der Zeit sind“, so der CSU-Fraktionsvize. Die Bürger hätten immer weniger Verständnis dafür, wenn Gefährder der Polizei bekannt seien, diese aber erst einschreiten dürfe, wenn bereits jemand zu Schaden gekommen sei.