Mordfall Maria L.: Der Ort an der Dreisam in Freiburg, wo die junge Studentin vergewaltigt und ermordet wurde. (Foto: Imago/Winfried Rothermel)
Freiburg

Klares Signal des Rechtsstaats

Höchststrafe: Der Vergewaltiger und Mörder von Freiburg, Hussein K., muss lebenslang hinter Gitter. Der Afghane war während der Flüchtlingskrise 2015 als angeblich Minderjähriger ins Land gekommen. Der Fall wirft zahlreiche Fragen auf.

Das Landgericht Freiburg hat lebenslange Haft gegen Hussein K. verhängt und den Afghanen der besonders schweren Vergewaltigung und des Mordes an der 19-Jährigen Maria L. schuldig gesprochen. Außerdem stellte das Gericht die besondere Schwere der Schuld fest und behielt sich eine Sicherungsverwahrung vor. Damit ist eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren rechtlich zwar möglich, in der Praxis aber so gut wie ausgeschlossen. Zuschauer im voll besetzten Gerichtssaal klatschten nach der Verkündung des deutlichen Urteils.

Der Afghane hatte der Studentin nach Überzeugung des Gerichts im Oktober 2016 aufgelauert, sie bewusstlos gewürgt, mehrfach vergewaltigt und die noch lebende Studentin dann im Wasser des Flusses Dreisam abgelegt. Sie ertrank. Der Täter habe ein hohes Maß an Empathielosigkeit gezeigt, sagte die Vorsitzende Richterin Kathrin Schenk in der Urteilsbegründung. Laut Gerichtsmedizin dauerte Marias Sterben im Wasser mehr als eine Stunde. „Er wusste, dass sie noch lebte, als er sie in die Dreisam legte, dass sie ertrinken würde, ertrinken musste“, so Schenk.

Brennpunkt der Flüchtlingskrise

Die brutale Tat hatte den Ton in der Debatte um die deutsche Flüchtlingspolitik extrem verschärft: Der Afghane war während der Flüchtlingskrise im November 2015 ohne Papiere nach Deutschland gekommen – zu einer Zeit, als dem Staat die Kontrolle über die mehreren Hunderttausend Immigranten entglitten war. Bundeskanzlerin Merkel räumt mittlerweile Fehler im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise ein und betont, eine Situation wie 2015 dürfe sich nicht wiederholen.

Hussein K. behauptete damals zudem, er sei erst 16 Jahre alt, was ihm den Status eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers (UMA) einbrachte. Dem Staat kommt die 24-Stunden-Betreuung dieser Klientel enorm teuer: Das Bundesverwaltungsamt beziffert den durchschnittlichen Kostensatz für sie auf 5250 Euro monatlich, also über 60.000 Euro jährlich. „Minderjährige Flüchtlinge machen oft falsche Altersangaben, weil sie wissen, dass sie dann – unabhängig vom Asylverfahren – den Schutz des vorbildlichen deutschen Jugendhilferechts genießen“, schreibt die FAZ dazu. Im neuen GroKo-Vertrag ist vorgesehen, die UMA in den neuen Ankunfts-, Erfassungs- und Rückführungszentren („AnkER“) zu betreuen, wo die Altersfeststellung besser funktioniert als in den Jugendämtern. Auch wäre dort sichergestellt, dass die UMA zeitig Asylanträge stellen, denn bislang zögerten wegen geringer Anerkennungschancen vor allem vorgeblich minderjährige Nordafrikaner den Asylantrag lange hinaus.

Es war doch nur eine Frau.

Hussein K., Mörder und Vergewaltiger von Freiburg

Gerichtsbeobachter hatten sich darüber verwundert gezeigt, dass mehrere Sozialarbeiterinnen und Gutachterinnen dem Täter offensichtlich ungeprüft seine Fluchtgeschichte geglaubt hatten, die sich im Prozess als fast vollständig frei erfunden herausstellte. Unter anderem erreichte die Richterin den Vater des Täters telefonisch in Teheran; Hussein K. hatte behauptet, dieser sei von Taliban ermordet worden.

Extrem gefühlskalt und frauenfeindlich

Hussein K. war zudem bereits 2013 auf der griechischen Insel Korfu wegen einer Gewalttat an einer jungen Frau zu zehn Jahren Haft verurteilt worden, aber im Oktober 2015 gegen Auflagen freigelassen worden. Er tauchte unter und schlich sich im großen Flüchtlingstross nach Deutschland. Den deutschen Behörden war diese kriminelle Vorgeschichte zunächst unbekannt: Die Griechen hatten seinen Verstoß gegen die Meldeauflagen und das Verschwinden aus dem Land nicht gemeldet. Hier wurde ein eklatanter Mangel an Behördenzusammenarbeit innerhalb der EU offenbar.

Hussein K. wurde nun im Auftrag des Gerichts von einem psychiatrischen Gutachter beurteilt, der ihm emotionale Kälte attestierte und eine „frauenfeindliche Einstellung“, die „aus der Mitte der Persönlichkeit“ komme. Dass K. rückfällig werde, sei sehr wahrscheinlich. Die griechischen Ermittler, die K. nach dem Mordversuch an der jungen Frau in Griechenland erlebt hatten, bestätigten dies in ihren Aussagen in Freiburg. Vor ihnen hatte K. sich über den Ermittlungsaufwand um seine Tat erstaunt gezeigt: „Es war doch nur eine Frau.“

Tagesschau schwieg über den Fall

Der Angeklagte war sieben Wochen nach dem Mord festgenommen worden – ein blondiertes Haar von ihm am Tatort brachte die Ermittler auf seine Spur. Akribische Polizeiarbeit hatte die Rekonstruktion der Tat ermöglicht, wie Richterin Schenk ausdrücklich hervorhob. Die ARD-Tagesschau musste damals massive Kritik einstecken, weil sie nicht über die Aufklärung des spektakulären Mordfalls und die Festnahme des Flüchtlings berichtete.

Hussein K. hatte im Prozess behauptet, im Affekt gehandelt zu haben, als er die junge Frau vom Rad stieß. Außerdem sei er zur Tatzeit bekifft und betrunken gewesen. Beides hielt die Kammer für unglaubwürdig: Der Täter hatte schon zuvor Frauen in einer Freiburger Bar belästigt. Video-Bilder aus der Straßenbahn, mit der er nach der Tat fuhr, zeigten zudem, dass er nicht orientierungslos war. Am vorletzten Tag des mehr als ein halbes Jahr dauernden Prozesses hatte er sich oberflächlich entschuldigt mit den Worten, es tue ihm leid. Das Gericht folgte mit dem Urteil den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Nebenklage. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Revision ist bereits von den Anwälten angekündigt.