Die Kontrollen an den deutschen Grenzen – hier in Kiefersfelden – werden nach dem Willen von Horst Seehofer verlängert und verschärft. (Foto: Imago/Roland Mühlanger)
Kontrollen

Die Grenze als notwendiges Sicherheitsnetz

Schärfere Kontrollen an den deutschen Grenzen und im Hinterland sind nötig, solange die Kontrolle der EU-Außengrenzen nicht funktioniert. Die CSU will Sicherheit, aber keine Abschottung. Dies würde unsere exportorientierte Wirtschaft schwächen.

Deutschland muss seine Grenzen überwachen, fordert Bundesinnenminister Horst Seehofer. „Die Binnengrenzkontrollen müssen so lange ausgeführt werden, solange die EU es nicht schafft, die Außengrenzen wirksam zu schützen und zu kontrollieren. Auf absehbare Zeit sehe ich im Augenblick nicht, dass ihr das gelingen wird“, so Seehofer.

Das Schengen-System ist seit 2015 überfordert: Da gibt es einmal die Extremfälle Griechenland und Italien, deren Tausende Kilometer Küstenlinie schwer zu kontrollieren sind – und schon gar nicht, wenn den Ländern permanent der Staatsbankrott droht. Zudem waren 2015 auch noch die Grenzen Ungarns und Österreichs offen. Der ungarische Premier Viktor Orbán kam dann mit der Grenzschließung seiner vertraglichen Verpflichtung nach, die Schengen-Außengrenze zu Serbien zu schützen.

„Frontex“ massiv verstärken

Die Europäische Grenzagentur „Frontex“ muss massiv aufgestockt werden, damit sie das Mittelmeer effektiv kontrollieren kann. „Frontex“ besteht derzeit nur aus rund 400 Mann, bis 2020 sollen es 1000 Mann plus 1500 Mann Reserve aus den Mitgliedstaaten werden – das ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber immer noch zu wenig.

Die Folgen: In Westeuropa hatte Dänemark bereits 2011 wieder Grenzkontrollen eingeführt. Wegen der Flüchtlingskrise begann Mitte September 2015 auch Deutschland wieder mit Personenkontrollen an den wichtigsten Autobahn-Grenzübergängen von Österreich nach Bayern, also Suben (A3), Freilassing (A8) und Kiefersfelden (A93). Österreich zog bald nach. Mittlerweile kontrollieren auch Frankreich, Schweden und das Nicht-EU-Land Norwegen ihre Grenzen wieder.

Tausende Straftaten entdeckt

Diese deutschen Grenzkontrollen und die nachgelagerte Sicherheitsstruktur haben viele illegale Einreisen zu Tage gefördert. So können bei der Schleierfahndung Polizisten Reisende im Binnenland auch ohne konkreten Verdacht überprüfen. Dabei wurden 2017 nach Angaben des Innenministeriums 16.000 unerlaubt Einreisende allein nahe der österreichischen Grenze aufgegriffen. 7000 Menschen wurden zurückgewiesen, weil sie kein Aufenthaltsrecht oder kein gültiges Reisedokument hatten und auch keinen Schutz in Deutschland suchten. Im Umfeld der tschechischen Grenze registrierten die Behörden 4053 illegal eingereiste Personen, bei der französischen Grenze waren es 3946 Menschen, nahe Polen 2148, bei den Niederlanden 1654 und nahe Luxemburg 328 Personen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann mahnt „Kontrollen an allen deutschen Grenzen“ und Schleierfahndung in allen Bundesländern an.

Zudem deckte die Polizei Tausende weitere Straftaten auf, darunter im November 2015 einen umfangreichen Waffentransport nach Paris – ein Zusammenhang mit den dortigen Terroranschlägen wird vermutet. Bereits am Rande des G7-Gipfels von Elmau im Juni 2015, als für drei Wochen Grenzkontrollen angeordnet waren, hat die Polizei 135 offene Haftbefehle vollstreckt, 10.555 Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz, 237 Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz festgestellt sowie 1056 Fahndungstreffer erzielt.

Prävention ist billiger als Reparatur

Ein weiteres Argument für Grenzkontrollen hat nun die Bild aufgedeckt: Die Abschiebe-Flüge für rund 20.000 abgelehnte Asylbewerber kosteten im letzten Jahr 7,4 Millionen Euro an Begleit- und Flugkosten, wobei ein Teil der Flugkosten noch nicht eingerechnet ist. Besonders teuer war danach mit 150.000 Euro die Abschiebung von 22 Asylbewerbern nach Pakistan, die von 83 Bundespolizisten begleitet werden mussten, weil sie zum Teil als sehr gefährlich galten. Auch dies wieder ein Beleg dafür, dass ohne Grenzkontrollen Straftäter und Terroristen leicht ins Land gelangen können.

Künftig möchte Seehofer daher Flüchtlinge in grenznahen Ankerzentren unterbringen, bis deren Asylverfahren abgeschlossen wurden. Abgelehnte Asylbewerber sollen dann direkt aus diesen Einrichtungen zurück in ihre Herkunftsländer gebracht werden.

Nein zur Abschottung

Gleichzeitig sind die Warenverkehrsströme so stark grenzüberschreitend verquickt, dass der Exportwirtschaft – speziell Deutschlands als Exportweltmeister – große Schäden drohen, wenn Europa wieder zu den früheren Grenzkontrollen zurückkehren würde. Darum geht es der CSU keineswegs um eine Rückkehr zu nationaler Kleinstaaterei und einem Europa der Schlagbäume, wie die AfD es fordert – am Ende gar zu Mauer und Stacheldraht.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft stimmt Seehofers Plänen zu und erklärt, dass die Beamten mit mehr Personal sowie zusammen mit Zoll, Länderpolizeien, Schleierfahndung und technischen Hilfsmitteln wie Wärmebildkameras „die illegale Einreise in großen Teilen“ verhindern kann. Der GroKo-Koalitionsvertrag sieht 15.000 zusätzliche Polizeistellen bei Bund und Ländern sowie eine bessere technische Ausstattung vor. In Bayern plant Ministerpräsident Markus Söder eine eigene Grenzpolizei.