Asyl als Gemeinschaftsaufgabe: Der Bund zahlt künftig mehr. Bild: Fotolia/stockpics
Asylgipfel

Bund zahlt mehr für Flüchtlinge

„Die Beschlüsse von Bund und Ländern sind ein wichtiger Beitrag, um die Aufnahme und Integration von Asylbewerbern und Flüchtlingen in Deutschland zu bewältigen", so begrüßte der Deutsche Städtetag die Ergebnisse des Asylgipfels, auf die sich Bund und Länder in Berlin verständigt haben. Bayern setzte sich mit seinen Forderungen teilweise durch, will aber weitere Fortschritte.

Die Ministerpräsidenten der Länder haben sich in der Asyl- und Flüchtlingspolitik zur nationalen Verantwortungsgemeinschaft mit dem Bund bekannt. Und das beschloss der Gipfel: 2016 werden weitere 1.000 Stellen im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geschaffen, um die Bearbeitung der Asylanträge zu beschleunigen. Die Länder müssen nach dem Vorbild Bayerns Rückführungen in die Herkunftsländer konsequent vollziehen. Bayern hat in diesem Jahr bereits mehrfach Sammelabschiebungen in alle Westbalkanstaaten vorgenommen, aber gerade rot-grün regierte Länder tun sich aus ideologischen Gründen schwer mit Abschiebungen. Die geplante Finanzhilfe des Bundes in Höhe von 500 Millionen Euro für dieses Jahr wird deshalb auf 1 Milliarde Euro verdoppelt. Ab 2016 unterstützt der Bund die Länder strukturell und abhängig von der Zahl der Flüchtlinge bei den anfallenden Kosten. Bei „unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen“ ist eine Umverteilung auf andere Länder bislang nicht erlaubt. Daher sind bayerische Kommunen in Grenzgebieten überproportional belastet. Ein Übergangskonzept sieht nun eine bundesweite Verteilung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen vor, ab 2016 wird das gesetzlich geregelt.

Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD), sagte am Donnerstag nach der Konferenz in Berlin: „Diese Verantwortungsgemeinschaft muss jetzt mit Leben erfüllt werden. Es ist und bleibt ein Durchbruch, dass sich der Bund ab kommendem Jahr strukturell und dauerhaft an den gesamtstaatlichen Kosten beteiligen will, die im Zusammenhang mit der Aufnahme der schutzbedürftigen Asylsuchenden und Flüchtlinge entstehen.“ Woidke zeigte sich zuversichtlich, dass die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Neustrukturierung der Asylbewerber- und Flüchtlingsaufnahme bis zum Herbst umfassende Entscheidungsvorschläge vorlegen wird. Von beschleunigten Entscheidungen der Asylanträge über verstärkte Anstrengungen für Integration und Bildung anerkannter Flüchtlinge bis hin zur Regelung von Fragen der Gesundheits- und Wohnraumversorgung reicht dabei die Agenda. Der MPK-Vizevorsitzende, Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU), betonte:

Überall in Deutschland engagieren sich Bürgerinnen und Bürger, um Flüchtlingen zu helfen. Dafür gebührt ihnen unser Dank. Bund, Länder und Kommunen müssen angesichts steigender Flüchtlingszahlen die Asylverfahren weiter optimieren. Dazu gehören auch Verbesserungen im Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen und genügend Personal in Sozialbehörden und bei den Verwaltungsgerichten. Vom Bund erwarten wir ein dauerhaftes finanzielles Engagement hinsichtlich der Asylkosten.

Reiner Haseloff, Ministerpräsident Sachsen-Anhalt

Eine auf der Konferenz ebenfalls diskutierte Grundsatzentscheidung zur Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen konnte trotz erheblicher Bemühungen in den vergangenen Monaten nicht erreicht werden. „Es braucht auch hier wie in der Asyl- und Flüchtlingspolitik einen gemeinsamen Kraftakt, der zeitnah zukunftsweisend die Weichen stellt“, so Woidke. Deshalb werde es noch vor der Sommerpause ein Sondertreffen der Regierungschefs geben, um die Länderhaltung gegenüber dem Bund weiter zu erörtern.

Bayern setzt sich durch, will aber mehr

Bayern hat sich damit bei maßgeblichen Fragen durchgesetzt, zum Beispiel hinsichtlich der Beteiligung des Bundes an den Kosten und der Beschleunigung von Asylverfahren. Die Beschlüsse reichen jedoch bei weitem noch nicht aus. Deshalb stellt die CSU weitergehende Forderungen sowohl an den Bund als auch an die EU. „Es geht nicht nur um die Frage der Verteilung in Deutschland, sondern vielmehr um die Begrenzung des Zustroms weiterer Flüchtlinge“, so der Parteivorsitzende Horst Seehofer zu den Ergebnissen. „Um das Problem in den Griff zu bekommen, muss man das Thema erheblich zügiger und tiefgreifender angehen. Wir können weder die Bevölkerung noch die Kommunen alleine lassen.“ Die CSU will deshalb diese weiterführenden Regeln:

  • Anreize für Wirtschaftsflüchtlinge müssen drastisch eingeschränkt werden. Hier muss von vornherein noch stärker unterschieden werden, wer keine Bleibeperspektive hat und wer wirklich schutzbedürftig ist.
  • Es braucht mehr Möglichkeiten, die Leistungen von Asylbewerbern zu kürzen, deren Antrag offensichtlich unbegründet ist oder die aus sicheren Herkunftsstaaten stammen.
  • Länder, in denen die Anerkennungsquoten gegen Null gehen, müssen als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden. Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina konnte die CSU im Bund bereits durchsetzen. Diese Einstufung ist auch für Albanien, Kosovo und Montenegro notwendig. Für diese Staaten braucht es auch eine Wiedereinführung der Visa-Pflicht.
  • Abgelehnte Asylbewerber sollen keine Beschäftigungserlaubnis erhalten, denn die Aussicht auf Arbeit ist ein besonders hoher Anreiz für Zuwanderer.
  • Es bedarf einer gerechteren Verteilung der Flüchtlinge auf die einzelnen EU-Länder. Um die einseitige Belastung vor allem Deutschlands zu beenden, sind feste Verteilungsquoten und die konsequente Registrierung bei der Ersteinreise notwendig.
  • Zudem fordert die CSU für eine effektive Seenotrettung im Mittelmeer europäische Asylzentren in Nordafrika, in denen Prüfverfahren nach EU-Standard durchgeführt werden.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte zu den Ergebnissen des Flüchtlingsgipfels: „Es müssen zur Begrenzung des Flüchtlingszustroms noch härtere Maßnahmen ergriffen werden. Wer nicht handelt, nimmt die Überlastung unserer Gesellschaft schulterzuckend in Kauf. Die Bayerische Staatsregierung hat bereits ein umfangreiches Konzept vorgelegt.“

Städtetag begrüßt Ergebnisse

„Der Deutsche Städtetag begrüßt, dass sich Bund und Länder hier in einer Verantwortungsgemeinschaft sehen und den Umgang mit der wachsenden Zahl von Menschen, die zu uns kommen, jetzt deutlich stärker als gesamtstaatliche Aufgabe verstehen. Die Städte selbst sind weiterhin bereit, engagiert ihre Verantwortung wahrzunehmen und vor allem zu einer gelingenden Integration schutzbedürftiger Flüchtlinge beizutragen“, so die Präsidentin des Deutschen Städtetages, die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Eva Lohse (CDU). „Es ist eine gute Entscheidung und entlastet auch die Kommunen, wenn einerseits Asylverfahren für offensichtlich unbegründete Asylbegehren stark beschleunigt und andererseits Anstrengungen zur Integration für Flüchtlinge verstärkt werden, die länger in Deutschland bleiben.“ Die Städte begrüßen, dass der Bund seine Finanzmittel für dieses Jahr von 500 Millionen auf 1 Milliarde Euro aufstockt. Besonders bedeutsam sei die Bereitschaft des Bundes, sich ab dem Jahr 2016 strukturell, dauerhaft und dynamisch an den gesamtstaatlichen Kosten zu beteiligen.

Die dauerhafte Unterstützung müsse nun möglichst bald so konkretisiert werden, dass sie den Kommunen spürbar helfe. In die Beratungen darüber in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe sollten die Kommunen einbezogen werden, da sie die Hauptarbeit bei der Aufnahme, Versorgung und der Integration von Flüchtlingen leisten, so Lohse. Das drängendste Problem sei der zusätzliche Bedarf an Wohnungen, der gedeckt werden muss. Hier erwarten die Städte von Bund und Ländern, die das Problem erkannt haben, dass sie zeitnah bestehende Programme zur Wohnraumförderung ausweiten beziehungsweise bewährte Förderprogramme wieder aufnehmen. „Die Zusagen zum Ausbau von Sprach- und Integrationskursen sind hilfreich. Das gilt auch für die Absicht, bei der Gesundheits­versorgung Kommunen von Verwaltungsaufwand zu entlasten“, betonte die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin.

Bundesmittel weiterreichen

Von den Ländern erwarten die Städte nun, dass die Mittel des Bundes bei den Kommunen auch ankommen. Außerdem seien die Länder gefordert, ihre sehr unterschiedliche Kostenerstattung gegenüber den Kommunen für die Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen bundesweit zu vereinheitlichen. „Es kann nicht dabei bleiben, dass einzelne Länder die Kosten der Kommunen nahezu vollständig erstatten, während andere nur rund ein Viertel der Ausgaben ausgleichen“, unterstrich Lohse.

Elementar seien auch das von Bund und Ländern verabredete beschleunigte Verfahren für offensichtlich unbegründete Asylbegehren, die dazu erforderliche Personalaufstockung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie die Absicht, abgelehnte Asylbewerber auch in ihre Heimatländer zurückzuführen. Die Städte bedauerten, dass der Beschluss keine konkreten Zusagen der Länder enthält, die Kapazitäten ihrer Erstaufnahmeeinrichtungen deutlich auszubauen. Denn die Kommunen wollten und sollten sich mit ganzer Kraft auf die Integration der Menschen konzentrieren können, die lange bleiben werden. „Das kann nur gelingen, wenn die Verfahren für Menschen insbesondere aus den Westbalkanstaaten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Chance auf Anerkennung als politisch Verfolgte haben, in den staatlichen Aufnahmeeinrichtungen abgeschlossen werden und abgelehnte Asylbewerber von dort zurückgeführt werden“, pflichtete Lohse einer Forderung der CSU bei. Damit diese Menschen erst gar nicht an die Kommunen verteilt würden, müssten die Landeseinrichtungen höhere Kapazitäten erhalten. Das könne die Unterbringung in den Kommunen erheblich erleichtern.